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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

"Heute bin

ich allein"


von

Reinhard

Lakomy



Der Hauptmann von Köpenick am DT Berlin | Foto (C) Arno Declair

Bewertung:    



Die beiden großartigen Mimen Steffi Kühnert und Milan Peschel werden diese Spielzeit am DT Berlin als Gäste aufgelistet; hier sind sie seit gestern Abend in einer von Carl Zuckmayer (1896-1977) "etwas" abweichenden Bühnenfassung seines einstmaligen DT-Welterfolgs Der Hauptmann von Köpenick zu erleben, was, ganz abgesehen von der künstlerischen Ausstrahlung des Traumpaars, sicherlich auch an eine das Publikum magnetisch anziehen sollende PR-Aktion gemahnen lässt - - vor allem sind sie als Simone & Frank Lange aus dem Spielfilm Halt auf freier Strecke (Buch/Regie: Andreas Dresen) 'nem Millionenpublikum gewiss noch immer in Erinnerung. Also wenn das nicht zieht?!

Das zwei, drei Jahre vor dem Machtantritt der Nationalsozialisten und auf dem besonders in der deutschen Hauptstadt bis dahin pulsierenden Zenit der allmählich dahindämmernden Weimarer Republik binnen zwei Monate geschriebene und zeitnah uraufgeführte Stück ist heutzutage, mit Verlaub, schwer oder nicht mehr lesbar; 150 Buchseiten in einer Form und Sprache, die sich Leser, Zuhörer und Dramaturgen (die vor allem) in 2017 kaum noch, ohne Brechreize zu kriegen, zugemüte zu führen willig sind. Dieses berlinernde und ausufernde Hin- und Hergesülze schreit geradezu nach Reduktion und Straffung; eine gut gemachte Strichfassung wäre und ist in jedem Fall das ideale Absolut. Jan Bosse (gleichzeitig auch Regisseur) und David Heiligers zimmerten einen "ziemlich eig'nen" Text (so ziemlich frei nach Zuckmayer) zusammen; und selbst Armin Petras hätte lt. Besetzungszettel seine schreiberischen Hände hierbei mit im Spiel gehabt. Soweit die fassungskomponenten Fakten.

Herausgekommen ist ein irgendwie heterogen anmutendes Theater-Resultat. Man weiß nicht recht: Liegt der Tenor auf Lachen, Weinen, Kurzweil, Langeweile oder irgendwas dazwischen? Ohrenscheinlich ist, wie ja schon angedeutet, eine mehr oder weniger abbemüht gewesene Distanz zum textlichen Original - das drückt sich allerdings, mehr vordergründig, in gewissen Heutigungen und Direktbezügen zu der Gegenwart - und insbesondere den auch teils biografisch ziemlich eindeutigen Fingerzeigen unseres Protagonistenpaares - aus; ja, so erinnert Steffi Kühnert beispielsweise an Leander Haußmann [zur Premiere anwesend, ganz nebenbei bemerkt], der sie in Weimar einst die Nora spielen ließ, was sie dann deutschlandweit berühmt machte und wonach er sie 1995 mit nach Bochum, wo er seine frische Intendanz begonnen hatte, nehmen wollte. Milan Peschel wiederum "erinnerte" an seine langjährige Zeit an Castorfs Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz mittels eines allbekannten Stoffbeutels, worauf jene VB-typisch gewordenen Frakturletter ["Krise"] zu lesen standen und den er jetzt bei sich trug, um dort hinein am Ende der weit über zweieinhalbstündigen Vorstellung das legendäre Geld, was ja dann eigentlich der Fake-Hauptmann von Köpenick im Rathäuschen dortselbst erobern tat, zu schaufeln sich besann; davor sang er noch den sentimentalen R. Lakomy-Schlager "Heute bin ich allein".

Mehr Irren und Wirren also statt eines glasklaren Zuckmayer-Verschnitts; aber egal.

Den Beiden (Kühnert, Peschel) bei den Gastarbeiten zuzusehen resp. zuzuhören, war dann schon vergnüglich; außer ihnen standen noch Božidar Kocevski, Felix Goeser, Katrin Wichmann, Lisa Hrdina, Timo Weisschnur sowie Martin Otting auf der Bühne, die dann wiederum von Ausstatter Stéphane Laimé mit überdimensionalen und fahrbaren Häuserfront-Kulissen gestaltet wurde und wo Live-Kamermamann Jan Speckenbach ein bisschen Castorf-Feeling nachempfinden lassen wollte.

*

Anständiger Beifall - doch sehr viele mussten (nach der pausenlosen Aufführung) sehr schnell und unverzüglichst auf das Klo.




Milan Peschel als Der Hauptmann von Köpenick | Foto (C) Arno Declair

Andre Sokolowski - 22. Dezember 2017
ID 10438
DER HAUPTMANN VON KÖPENICK (Deutsches Theater Berlin, 21.12.2027)
Regie: Jan Bosse
Bühne: Stéphane Laimé
Kostüme: Kathrin Plath
Musik: Arno Kraehahn
Video und Live-Kamera: Jan Speckenbach
Dramaturgie: David Heiligers
Besetzung:
Wilhelm Voigt ... Milan Peschel
Wormser / Jellinek / Gefängnisdirektor ... Steffi Kühnert
Wabschke / Kalle / Eisenbahner ... Božidar Kocevski
Obermüller / Friedrich Hoprecht ... Felix Goeser
Frau Obermüller / Marie Hoprecht ... Katrin Wichmann
Plörösenmieze / Das kranke Mädchen / Fanny ... Lisa Hrdina
von Schlettow / Oberwachtmeister ... Timo Weisschnur
Willy / Kellner / Kilian ... Martin Otting
Premiere war am 21. Dezember 2017.
Weitere Termine: 22., 26., 31.12.2017 // 06., 13., 25.01.2018


Weitere Infos siehe auch: http://www.deutschestheater.de


http://www.andre-sokolowski.de

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