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Uraufführung

Anarchisches

Happening



Pizzeria Anarchia | Foto (C) Vincent Stefan

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Der historische Hintergrund:


"Im Jahr 2014 kam es in Wien zu einer Räumungsaktion der Polizei in Wien-Leopoldstadt. Um einen Gerichtsbescheid zur Räumung eines Abbruchhauses durchzusetzen, war die Polizei mit 1.454 Beamten aus mehreren Bundesländern, sowie einem Polizeipanzer mit Räumschild, einem Wasserwerfer und einem Hubschrauber im Einsatz. Die Räumungsaktion dauerte einen Tag, 19 Hausbesetzer der 'Pizzaria Anarchia' wurden festgenommen. Die Aktivisten verschanzten sich im Haus und leisteten mit massiven Barrikaden Widerstand gegen die Räumung. So warfen sie Farbbeutel, faule Eier, Fäkalien und Flaschen auf die Polizisten. Die Räumung verursachte Kosten in der Höhe von 870.000 Euro." (Quelle: Wikipedia)


So was passierte und passiert - es ist kein Einzelfall. Das Spektakuläre des konkreten Beispiels [s.o.] ergab sich durch die Unverhältnismäßigkeit der rechtsstaatlichen Mittel, die zur Durchsetzung einer womöglich "rechtlichen Verbrieftheit" angewandt worden - und was konkret da Alles (also "rechtlich gesehen") so zu Buche schlug, könnte gewiss auch noch im Nachhinein stichhaltig untersucht und/oder hinterfragt werden; unser rein neugieriges Augenmerk richtete sich jetzt allerdings "bloßnur" auf den historisch vorliegenden Fakt und die in dem Zusammenhang entstandene Performance Pizzeria Anarchia (Idee, Konzeption: Thomas Desi, Michela Lucenti & Maurizio Camilli und Bernhard Glocksin). Uraufgeführt wurde sie letzten Sommer bei den Musiktheatertagen in Wien - koproduziert mit der Neuköllner Oper, wo das Stück jetzt (noch bis 6. 11.) jeden Abend läuft. Wir waren gestern Abend dort.

Es ist lt. Untertitel "ein Musiktanztheater über Hausbesetzer und -besitzer" - also wird gesungen, musiziert, getanzt...

"Kann denn Pizza Sünde sein? Sehr wohl – wenn sie von einer Handvoll Punks und Wiener Altmietern gebacken wird, die sich übers Kochen solidarisieren und im einem leerstehenden Haus eine Pizzeria aufmachen, anstatt endlich gemeinsam auszuziehen. Denn das will ein Investor, der diese Pizzaleute einfach nicht aus seinem Spekulationsobjekt, Entschuldigung: Haus herauskriegt." (Quelle: neukoellneroper.de)

Die uns von den Truppmitgliedern des italienischen Balletto Civile schier unausweichlich oktruierte Sympathiegewichtung ist von vorn herein klippklar - die Pizzaleute (junge, geil-gut aussehende TänzerInnen) sind die Guten, der Investor (= Mann mit Maske) ist der Böse; dazwischen krauchen noch zwei "arme Rentnerinnen", die genauso wie die Lecker-Pizza-Youngster aus dem Mietshaus rausmüssten, herum (als Mitleid-Querverbindungsstrang). Wer will da was dagegen sagen?!



Pizzeria Anarchia 1 | Foto (C) Vincent Stefan

Pizzeria Anarchia 2 | Foto (C) Vincent Stefan

Pizzeria Anarchia 3 | Foto (C) Vincent Stefan


Musikalisch (auch inhatlich?) wird das Alles durch einen etwas porösen Faden zusammengehalten: Bariton Benoit Pitre, der sich eingangs sozusagen als "Türhüter" zu erkennen gibt, intoniert und singt verzweifelt Arien und Passagen aus dem Figaro von Mozart. Damit ist er manchmal stimmlich etwas überfordert, und auch so wird für uns Rezipienten nicht ganz schlüssig, warum er das eigentlich dann machen muss. Freilich, wir haben die bemühte Parallele (Figaro der Dauerdomestik vs. Graf sprich Adel & Besitzstand) irgendwie dann schon verstanden, aber richtig auf ging uns dann die "Verbindung" (zur veroperten Hausbesetzung) letztlich doch nicht.

Florian Bergmann (Altsaxophon, Bassklarinette) und Alberto Cavenati (E-Gitarre) beherrschen ihre jeweiligen Instrumente schier perfekt - es machte Freude, ihnen zuzuhören und auch zuzusehen.

Der ausflippigen Choreografie von Michela Lucenti beigesitzt zu haben, tat schon hormonell erregen und vergnügen.

Und wir Hausbesetzerlaien - jedenfalls die meisten aus dem anwesenden Publikum - kriegten fürhin 'ne Gratislektion zur "Respektlosigkeit gegenüber Institutionen" [Zitat aus dem Stück] gehalten. Warum auch nicht.


Andre Sokolowski - 1. November 2015
ID 8955
PIZZERIA ANARCHIA (Neuköllner Oper, 31.10.2015)
Idee, Konzeption: Thomas Desi, Michela Lucenti & Maurizio Camilli und Bernhard Glocksin
Regie und Choreographie: Michela Lucenti
Komposition: Michael Emanuel Bauer
Text: Thomas Desi und Balletto Civile
Dramaturgie: Bernhard Glocksin
Ausstattung: Chiara Defant
Sound Design und Ton: Tiziano Scali
Mit: Fabio Bergaglio, Florian Bergmann, Ambra Chiarello, Benoit Pitre, Maurizio Camilli, Alberto Cavenati, Michela Lucenti, Alessandro Pallecchi, Manuela Serra und Demian Troiano
Uraufführung bei den Musiktheatertagen Wien war am 27. August 2015
Berliner Premiere: 15. 10. 2015
Weitere Termine: 1., 3. - 6. 11. 2015
Eine internationale Theaterproduktion von Balletto Civile, Fondazione Luzzati-Teatro della Tosse (I), Neuköllner Oper und Musiktheatertage Wien (A)


Weitere Infos siehe auch: http://neukoellneroper.de


http://www.andre-sokolowski.de

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