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Premierenkritik

Ihr "wahres"

Alter (337)

sieht man

ihr nicht

an



Die Sache Makropulos an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus

Bewertung:    



Wir alle wollen möglichst alt werden und später dann, also im hohen Alter, möglichst lange noch gesund bleiben. Das klappt natürlich nicht bei allen, sondern nur bei einigen - die Gründe liegen auf der Hand: Entweder schlägt aus irgendeiner Ecke irgendeine heimtückische Krankheit zu; oder der Körper welkt auf unerwartet hochbrutale Art, auf dass er nur noch wenig Kraft für körperliche Eigeninitiativen aufzubringen in der Lage ist und er daher auf Hilfe oder Hilfen, also mehrere, von außen hoffen muss; oder dass das soziale Umfeld unbarmherzig ausgedünnt wird (Stichwort: Einsamkeit und/ oder wenig Rente) und die Alternden von schöner Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben ausschließt und ihre bis da gelebte Lebensfreude peu à peu, quasi im Gleichschritt mit dem biologischen Verfall, dahinsiecht. Ganz egal, wie man es sieht, es bleibt die hochtrübliche Einsicht, dass das Altern - generell gesprochen - eine riesengroße Scheiße ist!

Vielleicht war diese prinzipielle Dauerangst vorm Altern auch der Initialzünder dafür, dass unsre wahnwitzige Opernsängerin Emilia Marty, die die zwischenzeitlich 300 Jahre und mehr auf ihrem "alterslosen" Buckel aushaltende Hauptgestalt aus Janáčeks Věc Makropulos (dt.: Die Sache Makropulos) ist, vor einer nochmaligen Ausdehnung ihres bis da verlebten Lebens um 300 Jahre aufs Apathischste zurückschreckte und es dann lieber sein ließ; ja und hätte sie das lebensverlängernde Elixier tatsächlich anno 1922 (Zeit der Handlung) eingenommen, müsste sie bis anno 2222 durchgehalten haben, und in welchem nicht bloß klimatischen Zustand sich in diesem Jahr unser Planet befinden würde, wagt sich sicher heute keiner richtig vorzustellen. Ist auch besser so.



"Dokumentation eines eher drögen Erbschaftsstreits, Kriminalstück, Metaoper mit einer Sängerin, die eine Sängerin spielt, Abhandlung über Sinn und Unsinn menschlicher Unsterblichkeit – all das verbirgt sich hinter 'der Sache/dem Fall Makropulos'. Operndiva Emilia Marty mischt durch ihr unerklärliches Detailwissen die Beteiligten eines schon seit hundert Jahren schwelenden Erbschaftsprozesses auf und nutzt die Tatsache, dass ihr alle Männer verfallen sind, rücksichtslos für ihre rätselhaften Absichten aus.

Was keiner ahnt: Unter den Bergen von Papier aus dem Prozess befindet sich ein geheimnisvolles, altes Rezept für einen Trank zur Lebensverlängerung um 300 Jahre, den Marty schon einmal eingenommen hat und dem sie nun nachjagt, um ihr Leben ein weiteres Mal zu verlängern. Doch nachdem sie buchstäblich über Leichen gegangen ist und das Dokument in Händen hält, begreift sie, welchen Preis ewiges Leben hat."


(Quelle: staatsoper-berlin.de)

*

Die Attraktion der aktuellen Lindenoper-Produktion des vorletzten Musiktheaters aus der Feder Leoš Janáčeks sind Simon Rattle und die Staatskapelle Berlin. Dieses Gespann ist diesbezüglich aufeinander eingeschworen - auch Jenůfa und Katja Kabanowa sowie Aus einem Totenhaus wurden bereits von beiden referenzwürdig zum Klingen gebracht; und zählt man schlussendlich Das schlaue Füchslein, was der Rattle mit den Philharmonikern zudem aufführte, mit dazu, wird man getrost bestätigt haben können, dass Sir Simon höchstwahrscheinlich einer der vorzüglichsten Kenner und Könner insbesondere der Opern dieses Tschechen ist! Dabei ist ausgerechnet Věc Makropulos die von den Janáček-Opern sperrigste, kantigste, ungeschmeidigste und unnahbarste, und der Hörer braucht schon lange, um sich mit ihr erst mal etwas anzufreunden, um die "wahrhaftigen" Stellen in ihr anzunehmen resp. zu begreifen; und es geht zwar ziemlich ehrlich und auch ohne jede Süßeleien in dem dreiaktigen Brocken zu, allein - die merkwürdige Kälte, die sich um die Hauptprotagonistin spinnt und die im Dauerkühlzustand mein Herz herausfordernderweise attackiert, schafft schon dann stählerne Distanz.

Das könnte wiederum der Grund gewesen sein, weswegen Regisseur Claus Guth, der für so komplizierten Psychokram prädestinierteste Sezierer weit und breit, so eine gleißend helle Kühl- oder Erfrierkammer von Bühnenbildner Étienne Plus hinzuerbauen ließ, in der dann überlanges Aus- und Einatmen der derart Konservierten überdeutlich nervte.

Marlis Petersen schien für die Hauptrolle der Sängerin Emilia Marty ideal besetzt, denn ihre Stimme ist nicht wirklich schön, hat dafür aber alle Durchschlagskraft und Raffinesse, die dem komplizierten Part sehr, sehr entgegenkommt.

Einhellige Begeisterung nach zwei Stunden Premiere.




Die Sache Makropulos an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus



Und was mich betrifft: Ich war schon froh, als es vorbei war; Věc Makropulos ist furchtbar zäh und tritt die meiste Zeit vollkommen auf der Stelle. Daher.

Andre Sokolowski - 14. Februar 2022
ID 13457
DIE SACHE MAKROPULOS (Staatsoper Unter den Linden, 13.02.2022)
Musikalische Leitung: Sir Simon Rattle
Inszenierung: Claus Guth
Bühnenbild: Étienne Pluss
Kostüme: Ursula Kudrna
Licht: Sebastian Alphons
Choreografie: Sommer Ulrickson
Dramaturgie: Yvonne Gebauer und Benjamin Wäntig
Besetzung:
Emilia Marty ... Marlis Petersen
Albert Gregor ... Ludovit Ludha
Vítek ... Peter Hoare
Krista ... Natalia Skrycka
Jaroslav Prus ... Bo Skovhus
Janek ... Spencer Britten
Dr. Kolenatý ... Jan Martiník
Maschinist ... Žilvinas Miškinis
Putzfrau ... Adriane Queiroz
Hauk Sendorf ... Jan Ježek
Kammerzofe ... Anna Kissjudit
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 13. Februar 2022.
Weitere Termine: 16., 19., 22., 25., 27.02.2022


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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