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KI essen seele auf (ORPHEAI) von Thomas Köck - am Schauspiel Stuttgart | Foto (C) Björn Klein
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Bewertung:
Die Dramaturgen, die jetzt schon seit Jahrzehnten lieber Romane und Filme für die Bühne bearbeiten (lassen), als originäre Texte fürs Theater zu entdecken, reden sich darauf hinaus, dass es keine Dramatiker mehr gebe. Totaler Unsinn. Allein in Österreich schreiben mehr Autor*innen für die Bühne, als man im Auge behalten kann. Sie haben manches gemeinsam. Aber sie nennen sich nicht Wiener Gruppe oder Grazer´Schule. Sie sind eher Einzelgänger wie Thomas Bernhard oder, trotz der Nähe zu den Grazern, Elfriede Jelinek.
Einer von diesen Dramatikern ist Thomas Köck. Sein forecast:ödipus. living on a damaged planet (τύφλωσις, II), das vor zweieinhalb Jahren am Schauspiel Stuttgart uraufgeführt wurde, gehört zu den Höhepunkten der Intendanz Kosminski. Allerdings ging der Erfolg ganz wesentlich auf Rechnung des Regisseurs Stefan Pucher. Jetzt hatte Köck Gelegenheit, mit einer neuen Uraufführung nachzuweisen, ob es auch ohne einen renommierten Regisseur wie Pucher klappt.
Die aus Jugoslawien stammende Regisseurin Mateja Meded ist 36 Jahre alt, Kurz und bündig: Ein Stefan Pucher ist sie (noch) nicht.
Wieder spielt Köck, wie schon der Titel KI essen seele auf (ORPHEAI) verrät, auf einen, wenn auch weit her geholten antiken Stoff, aber auch auf Rainer Werner Fassbinder an. Das Stück, mehr kritisch als aufgeschlossen gegenüber der Künstlichen Intelligenz, ist ein Verschnitt aus Rap, Disco, Drum and Bass, zu einem großen Teil chorisch. Köcks Dystopie hat einen Vorläufer im Theater der Susanne Kennedy, allerdings in umgekehrter Richtung. Während Kennedys Avatare von einer künstlerischen Methode zu einem Abbild der Erfahrungswirklichkeit führen, geht Köcks Realitätsanalyse den Weg zum theatralen Kunstgriff. Das fiele in der Regie von Mateja Meded ziemlich eintönig aus, wären da nicht die durchkomponierten Videos von Robert Seidel zwischen zwei Spiegeln, die die Verrenkungen des KI-Damentrios multiplizieren.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Rezeption von diesem KI-Drama generationsabhängig ist. Könnte es sein, dass die Ablösung des dialogischen Theaters durch die Textfläche dem Wechsel von Fassbinders Sozialdrama zum Computerartefakt entspricht? KI anstelle von Angst. Waren Gerhart Hauptmanns Weber den beiden Seiten der Medaille nicht schon näher?
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KI essen seele auf (ORPHEAI) von Thomas Köck - am Schauspiel Stuttgart Foto (C) Björn Klein
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Thomas Rothschild – 1. Dezember 2025 ID 15583
KI ESSEN SEELE AUF (ORPHEAI) | Kammertheater, 29.11.2025
von Thomas Köck
Inszenierung, Konzept, Bühne und Kostüme: Mateja Meded
Mitarbeit Kostüme: Clara-Louisa Künne
Komposition: Volkan T error,
Video: Robert Seidel
Vertretung Video: Max Kreis
Licht: David Sazinger
Dramaturgie: Philipp Schulze
Mit: Therese Dörr, Celina Rongen und Silvia Schwinger
UA am Schauspiel Stuttgart: 28. November 2025
Weitere Termine: 03.-05., 21., 22.12.2025
Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel-stuttgart.de/
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