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nachDRUCK # 6

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Repertoire

Esoterisch-

psychedelisch



Ultraworld an der Volksbühne Berlin | Foto (C) Julian Röder

Bewertung:    



Farbige wabernde Computeranimationen auf Projektionsflächen im Hintergrund und auf den Portalwänden neben der Bühne, dazu künstlich verfremdete Stimmen vom Band. Ein Virtual-Reality-Game namens Ultraworld flimmert in den großen Saal der Volksbühne. Die Regisseurin Susanne Kennedy bastelt mal wieder gemeinsam mit ihrem Bühnenbildner und Videokünstler Markus Selg an der Abschaffung des Menschen im Theater. Es ist nach Women in Trouble und Coming Society die dritte Arbeit von Kennedy an der Berliner Volksbühne. Kurz vor Verkündigung der Auswahl zum Theatertreffen hat sie es damit auf die Longlist der Jury geschafft. Für eine Einladung reichte es allerdings nicht, zumal die 50prozentige Frauenquote mit 6 Regisseurinnen bereits übererfüllt war.

Es wäre Susanne Kennedys dritte Einladung gewesen, aber mit ihren künstlerisch abgehobenen und esoterisch angehauchten Werken, die sich immer mehr mit einer posthumanen Welt beschäftigen, konnte die Regisseurin nicht mehr wirklich überzeugen. Und auch mit der neuen Inszenierung, die nun in der Nach-Dercon-Zeit in der nicht gerade besonders erfolgreich angelaufenen Zweijahres-Intendanz von Klaus Dörr herauskommt, werden viele alte Volksbühnenfans ihre Probleme haben.

Dafür ist drei Wochen nach der Premiere das Haus doch ziemlich voll. Ein vor allem junges und vorwiegend englischsprechendes Publikum hat Susanne Kennedy für sich entdeckt. Englisch ist zumeist auch die Bühnensprache dieses wieder recht sperrigen Abends, bei dem zwar auf Deutsch von Erica Eller eine in sechs Tagen (hier Tests) ablaufende biblische Genesis-Geschichte als Rahmen erzählt wird, die Plotsprache des Computer-Games aber englisch ist, was in Übertiteln ins Deutsche übersetzt wird. Da Kennedys Bühneninstallationen doch noch Menschen brauchen, treten in verschiedenen Rollen auch alte Kennedy-Mitstreiterinnen wie Suzan Boogaerdt, Kate Strong und Bianca van der Schoot auf. Ergänzt werden sie von Mitgliedern des Volksbühnenensembles.

Den Hauptprotagonist Frank spielt Tänzer Frank Willens. Er ist aus Albträumen erwachend direkt in den nächsten virtueller Art geraten und findet sich mit seiner unerwarteten neuen Identität als Avatar zunächst nur recht schwer ab. Zeigen die computergenerierten Videoprojektionen erst einen grünen Wald, so ist außerhalb eines Hauses bald nur noch Wüste zu sehen. Die Wasser-Ressourcen verknappen sich, wie man aus einem Radio hört. Franks Frau und Kind dursten. Er muss Wasser organisieren, doch die Nachbarn (Malick Bauer, Bianca van der Schoot) wie Hologramme auftauchend geben nichts. April 1 und 2 (Suzan Boogaerdt, Vanessa Loibl) sterben. Game over und wieder auf Anfang. Eine schicksalhafte Zeitschleife, aus der es kein Entrinnen gibt. Test 2 bringt die gleiche Aufgabe. Aber auch das mit einer Waffe von den Nachbarn erbeutete Wasser bringt keine Erlösung. Frank kniet immer wieder vor einem philosophierenden glühend leuchtenden Sonnenball.

„The only way out is in“ heißt die Zauberformel des Spiels. Doch bis Frank diese beherzigt und loslässt, man könnte auch sagen das Unausweichliche akzeptiert und erneut zum Wasserholen ansetzt, muss er und mit ihm das Publikum einiges an Ultraworld-Weisheiten von Kate Strong als eine Art Gameassistent und einer orakelnden Kassandra (Vanessa Loibl) über sich ergehen lassen. Es ist die Litanei des guten alten „Tun-Leiden-Lernen“ der antiken Tragödie in Computersprache übersetzt und mit wohlfeilen Transzendenz- und Esoterik-Bröckchen angereichert. Das reizt durchaus an manchen Stellen zu ein paar Lachern. Man kann sich von den schönen, psychedelischen Computerbildern auch verzaubern lassen und ansonsten auf Durchzug schalten. Die Katharsis wird mit der Formel „Das Ende ist der Anfang“ nachgeliefert. Das ultimative Ende dürfte dann allerdings 2021 erreicht sein.




Ultraworld von Susanne Kennedy und Markus Selg an der Volksbühne Berlin | Foto (C) Julian Röder

Stefan Bock - 7. Februar 2020
ID 11983
ULTRAWORLD (Volksbühne, 05.02.2020)
Regie und Text: Susanne Kennedy
Bühne: Markus Selg
Sounddesign und Montage: Richard Janssen
Video: Rodrik Biersteker & Markus Selg
Kostüme: Lotte Goos
Licht: Kevin Sock
Dramaturgie: Hannah Schünemann
Mit: Malick Bauer, Suzan Boogaerdt, Erica Eller, Vanessa Loibl, Kate Strong, Bianca van der Schoot, Frank Willens und Zoë Willens
Uraufführung war am 16. Januar 2020.
Weitere Termine: 23.02. / 03., 29.03.2020


Weitere Infos siehe auch: https://www.volksbuehne.berlin


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