Caligulanerin
mit Block-
flöte
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Das neue Logo vom BE
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Bewertung:
Von den zwei weltberühmten Sprechtheatern in der Hauptstadt, die gerade jetzt verstärkt im Fokus kritischer und also öffentlicher Meinung stehen, hat nun eins den "Übergang" vom Vorher (Intendanz: Claus Peymann) zum herbstanfänglichen Heute (Intendanz: Oliver Reese) aktuell geschafft. Sein altes und noch aus der Brechtzeit stammendes "Logo" prangt gottlob noch immer auf der alten Hausturmspitze, und von dort soll es auch ruhig noch weiter lange, lange, lange seine Runden drehen, denn so wüsst' man schon von ferne, was man dauernd, und obgleich nichts ewig dauert, halt so an ihm hätte... Das inzwischen neue Logo [s.o. re.] sieht irgendwie enthehrend-nüchtern aus und impliziert eine gewisse unsentimentale Arbeitsatmosphäre; hätte dem B.B. gewiss gefallen - ja und wie, um schnurstracks ohne Umwege zum neuen Ufer zu gelangen, setzen sich nun also die zwei ersten Monatsspielpläne (September bis Oktober) im geneuerten BE zusammen:
Fünf Eröffnungspremieren mit Stücken von Camus, Brecht, Lygre, Shawn, Eisenach.
Sechs Übernahmen vom Schauspiel Frankfurt [der vorherigen Wirkungsstätte vom Reese] mit Stücken von Pommerat, Grass, Doyle, Letts, Handke, Kleist.
Drei "alte" BE-Repertoire-Übernahmen mit Inszenierungen von Wilson, Peymann, Gosch.
Ein zweitägiges Gastspiel vom Schauspiel Dortmund.
Zwei Talks, ein Chansonabend, eine Buchpremiere.
Absolute Schwerpunkte sind Neues, also überwiegend neue Stücke.
Und das neue Berliner Ensemble an sich besteht nunmehr aus 28 Schauspielerinnen und Schauspielern.
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Vergleicht man diesen strikt geordneten und programmatisch nachvollziehbaren Übergang mit all den in sich widersprüchlichen Vor-, Ab-, Nachläufen hinsichtlich der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz [jetzt "nur noch" als Volksbühne Berlin firmierend], kommt einem sofort jene von Ex-BE-Intendant Peymann einst hochgeschleuderte Vokabel der Chris Dercon'schen "Eventbude" zurück in das Bewusstsein; und die neue Leitung dort wird sicherlich noch Wochen, Monate (oder vielleicht sogar noch Jahre) umtriebig damit zu tun haben, sich von dem vorverurteilend-herablassenden Etikett in Gänze zu befreien; nein, wir sehen diesbezüglich nix, was das im Augenblick entkräften könnte.
Mit Camus' Caligula stellte sich gestern Abend das geneuerte BE als Erstes vor:
"'Regieren heißt stehlen, das weiß jedes Kind', so erklärt Caligula, Staatsoberhaupt, sich und anderen die Politik, und deshalb sei es 'nicht unmoralischer, die Bürger direkt zu bestehlen, als indirekte Steuern in den Preis von Lebensmitteln zu schmuggeln.' Als logische Schlussfolgerung verlangt er von den Vermögenden, ihre Kinder zu enterben und den Staat als Alleinerben einzusetzen. Je nach Bedarf werden diese Personen willkürlich getötet. Schließlich habe er mittlerweile gelernt, dass jeder Wert, auch das Leben selbst, relativierbar und demnach nichts wirklich von Bedeutung sei – außer die Staatsfinanzen. Dieser Erlass ist nur der Anfang einer verheerenden Strategie eines freigesetzten Machtmenschen, der beschlossen hat, der Welt ihre absurde Verfasstheit vor Augen zu führen, indem er sie durch konsequentes Denken und Handeln auf ihre mörderische Spitze treibt."
(Quelle: berliner-ensemble.de)
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Ja und Constanze Becker (in der Titelrolle; sie spielt auch auf ihrer Blockflöte Ave Maria) war dann wohl die eigentliche Wertkonstante dieses Unterfangens, denn sowohl dem Stück als auch dessen Gereichung konnte ich sehr wenig abgewinnen - die Camus'schen Sprechblasen mit ihrem oftmals nichtssagenden Blablabla erweisen sich als völlig unergiebig; und erst hoffte ich als Noch-nicht-Kenner dieses nicht sehr oft gespielten Stücks des jungen Albert - und Camus ist halt, schon vom Talent her, besser noch Erzähler als Dramatiker - , dass ich womöglich etwas mehr und tiefschürfender in den Titelhelden dringen könnte als nach meiner zufälligen Konsumtion jenes verheerend-grauenhaften Blut-und-Sperma-Films von Tinto Brass, der in den 1990ern zur Wiederaufführung in einige Programmkinos gelangte. Aber außer dass der Titelheld sein totes Schwesterlein betrauerte, den Mond einfangen lassen wollte und eine Verschwörung gegen sich erwitterte und letztendlich nicht überlebte, kam nix weiter Sinnstiftendes bei mir an.
Womöglich kann man es dann, so gesehen, auch dem jungen Regisseur Antú Romero Nunes nicht verübeln, dass ihm außer seiner mittels leichter Hand erzwungenen Distanz & Coolness nicht viel mehr gelang, um meine gähnkrampfigen Anwandlungen aufmunternder Weise zu ersticken - - wieso hattet ihr dann überhaupt zu diesem nullwertigen Text gegriffen, wo es doch dann immerhin die allererste von den drei Premieren der Eröffnungswoche war? Habe die Logik dieser Stückwahl nicht begriffen.
Läppisch inszeniert.
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Constanze Becker als Caligula am Berliner Ensemble | Foto (C) Julian Röder
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Andre Sokolowski - 22. September 2017 ID 10269
CALIGULA (Berliner Ensemble, 21.09.2017)
Regie: Antú Romero Nunes
Bühne: Matthias Koch
Kostüme: Victoria Behr
Musik: Johannes Hofmann
Dramaturgie: Sibylle Baschung
Licht: Ulrich Eh
Besetzung:
Caligula ... Constanze Becker
Caesonia ... Oliver Kraushaar
Helicon ... Aljoscha Stadelmann
Scipio ... Patrick Güldenberg
Cherea ... Felx Rech
Patrizier ... Annika Meier
Premiere war am 21. September 2017.
Weitere Termine: 29.09. / 01., 02., 10., 17., 18., 25., 29.10.2017
Weitere Infos siehe auch: http://www.berliner-ensemble.de
http://www.andre-sokolowski.de
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