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Rosinenpicken (456)

Keiner sang im

Kopfstand,

immerhin

PARSIFAL im Bühnenbild
von Georg Baselitz


Parsifal an der Bayerischen Staatsoper | Foto (C) Wilfried Hösl

Szenische Bewertung:    



Die Bayerische Staatsoper hat jetzt das Bühnenbild zu ihrem neuen Parsifal dem Künstler Georg Baselitz (80) vertrauensvoller Weise abgeluchst - die meisten Kunstbeflissenen unter den Zuschauern der diesjährigen Münchner Opernfestspiele wissen ganz selbstverständlich, dass das diesbezüglich doch (wie oft im Fernsehen oder in Zeitungen und Zeitschriften zu sehen war) jener "Verrückte" ist, der seine Bildmotive "auf dem Kopf" malt oder so; und freilich wird von ihnen auch der Eine oder Andere tatsächlich schon mal eine ordentliche Baselitz-Ausstellung irgendwo gesehen haben...

Es gibt also vier entsprechend schöne Vorhänge in dieser neuen und auch aufwändigen Produktion, von denen zwei das Baselitz-Klischee vollauf bestätigen: vier Blumenmädchen oder eine Vierfach-Kundry und vier Gralsritter oder ein Vierfach-Parsifal; beide(s), und wie gesagt, kopfüber. Doch der schönste aller Baselitz-Vorhänge ist dann der, auf dem so eine Art von weißlichtigem oder aus sich raus glühendem Sternen-Streu zu sehen ist - der wird zum Schluss des Bühnenweihfestspiels (mit schönster Licht-Zutuung von Urs Schönebaum) illuminiert. Grandioses Bild!

Sonst - also außerhalb all der erwähnten Vorhänge - spielt sich die in den beiden Außen-Akten zähbreiige und durch Regisseur Pierre Audi ansatzweise etwas personalbewegte Schlafhandlung in einem zusätzlich noch müder machenden und meistens auch noch abgedunkelten Graugrau ab - - Prima-Gag jedoch: Der Baselitz'sche Schwarzwald aus dem Ersten Aufzug steht im Dritten Aufzug [Sie erraten es bereits] selbstredend auf dem Kopf. Der aufmunternde Mittelakt mit und zum Thema Klingsor & Konsorten zeigt im Hintergrund eine zerriss'ne Ziegelmauer, die (in Tuchform) dann am Schluss langsam in sich zusammenknittert; auch nicht übel als Idee.

Kostümerfinderin Florence von Gerkan hat zudem fast allen auftretenden Haupt- und Randfiguren - und zwar immer dann, wenn sie sich voreinander ausziehen - fleischfarbenes Design verordnet; sieht total bescheuert aus, aber wahrscheinlich soll "es" insbesondere jenes Lust-/Sexfeindliche, was dem Stück an sich ja sehr zueigen ist, unmissverständlich zementieren. Niemand weiß.

*

Ereignishaft wird dieser neue Parsifal v.a. durch die musikalische Gereichung unter dem allmählich von der Isar scheidenden Kirill Petrenko, der "sein" Bayerisches Staatsorchester manchmal bis zur Übersteuerung akustisch aufdreht, um es gleichsam und an andrer Stelle zu fast kammermusikalischer Gesprächslaune mit den oft an die Rampe zum Orchestergraben vor-positionierten Hauptprotagonisten (Christian Gerhaher´s Amfortas, René Pape´s Gurnemanz, Nina Stemme´s Kundry, Wolfgang Koch´s Klingsor und Jonas Kaufmann´s Titelheld) zu stimulieren. Die zentralen Solo- oder Paarszenen geraten dahingehend durchsichtig, die Textverständlichkeiten sind enorm; all das vermag den Höreindruck - obgleich Petrenko sehr, sehr in die Breite geht - zu konzentrieren; es verkürzt auch irgendwie die vielen Endloslängen.




Jonas Kaufmann als Parsifal an der Bayerischen Staatsoper | Foto (C) Wilfried Hösl


Zieht man - szenisch - einen augenhöhigen Vergleich zu Produktionen älteren und neuen Datums andernorts, bliebe zu konstatieren, dass es dieser neue Münchner Parsifal nicht annähernd mit den Gesamtkunstwerken eines Christof Schlingensief´s (2005) und/oder eines Achim Freyer´s (2017) aufzunehmen in der Lage ist, was insbesondere an seiner krampfartig-behäbigen Bemühtheit liegt.
Andre Sokolowski - 7. Juli 2018
ID 10792
PARSIFAL (Nationaltheater, 05.07.2018)
Musikalische Leitung: Kirill Petrenko
Inszenierung: Pierre Audi
Bühne: Georg Baselitz
Kostüme: Florence von Gerkan
Licht: Urs Schönebaum
Dramaturgie: Benedikt Stampfli und Klaus Bertisch
Chöre: Sören Eckhoff und Stellario Fagone (Kinderchor)
Besetzung:
Amfortas ... Christian Gerhaher
Titurel ... Bálint Szabó
Gurnemanz ... René Pape
Parsifal ... Jonas Kaufmann
Klingsor ... Wolfgang Koch
Kundry ... Nina Stemme
Gralsritter ... Kevin Conners und Callum Thorpe
Stimme aus der Höhe ... Rachael Wilson
Knappen ... Paula Iancic, Tara Erraught, Manuel Günther und Matthew Grills
Klingsors Zaubermädchen ... Golda Schultz, Selene Zanetti, Tara Erraught, Noluvuyiso Mpofu, Paula Iancic und Rachael Wilson
Chor, Extrachor und Kinderchor der Bayerischen Staatsoper
Bayerisches Staatsorchester
Premiere an der Bayerischen Staatsoper: 28. Juni 2018
Weitere Termine: 08, 31.07.2018 // 24., 28., 31.03.2019


Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsoper.de


http://www.andre-sokolowski.de

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