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Premierenkritik

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& lüstern



Die tote Stadt an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Iko Freese/drama-berlin.de

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Erich Wolfgang Korngolds Vater nannte im Libretto, welches er unter dem Pseudonym Paul Schott für seinen damals grad mal 23 Jahre jungen Sohn geschrieben hatte, das westflanderische Brügge auch Die tote Stadt. Mit aktuellem Stand vom 1. 1. d.J. gab es dort 118.284 Einwohner. Zudem ist es der Bischofssitz der katholischen Kirche für das Bistum Brügge.



"Die Altstadt ist von Wallanlagen, auf denen Windmühlen stehen, und Kanälen umgeben. Da Brügge nie durch Kriege oder großflächige Brände zerstört wurde, sind mittelalterliches Stadtbild und historische Gebäude sehr gut erhalten. Die Stadt ist sowohl zu Fuß als auch per Bootstour erkundbar. Die Kanäle, die die Stadt durchziehen, nennen die Einheimischen Reien nach dem im Mittelalter vollständig kanalisierten Flüsschen Reie, über das Brügge direkt mit der Nordsee verbunden war."

(Quelle: Wikipedia)



Von all dem sehens- und erkundenswertem Schönen gibt es allerdings jetzt in der aktuellen Opern-Inszenierung Robert Carsens (Bühnenbild von Michael Levine), womit er nun in der KOB regielich debütierte, nichts zu sehen und, rein optisch, kaum etwas zu ahnen - das ist freilich gar nicht mal dramatisch so verkehrt, denn eigentlich geht's in der Toten Stadt viel weniger um Brügge selbst als vielmehr um ein generelles Lust- und Lüsternheitsversagen seiner oder einiger seiner "früheren" Mitbewohnerinnen oder Mitbewohner; eine ihre inwändigen Sexualitätsabsichten zudeckende resp. abwürgende Prozessions- und Pferdedecke ließ womöglich nicht mal sowas wie eine Idee zur allgemeinen sexuellen Triebveräußerung aufkommen. Dieses Unvereinbare von Katholik & Körper galt vielleicht schon immer als ein unauflösbares Problem.

*

Der Maler Paul (ein angestammter Brügger oder auch bloß Wahlbrügger) befindet sich in einem wahnhaft andauernden Trauerzustand hinsichtlich Maries, seiner (woran dann eigentlich?) gestorbenen Frau-Freundin. Er treibt eine Art von Todeskult mit ihr, d.h. Marie wurde und wird ihm in den eigenen vier Wänden zur Altarfigur. Brigitta, seine treue Haushälterin, kann mit diesem Dauerspleen ihres Bezahlers ganz gut umgehen; wahrscheinlich findet sie im Augenblick auch keine sie und ihre kleine Haushaltswelt ausfüllendere und beglückendere Anstellung. Frank, Paulchens Freund, ist schon etwas in Sorge, dass der Irrseinszustand des ihm Nahestehenden nicht in das Uferlose übergeht; er hat sich, im Geheimen, in Marietta, einer mit ihrer Theatertruppe momentan in Brügge gastierenden Tänzerin, verliebt... Es kommt zur - für den Opernplot ganz unverzichtbaren - Begegnung zwischen Paul & Marietta. Er sieht in ihr allzu große Ähnlichkeiten mit Marie, was ihn (und seine bis dahin verschütt geglaubten Sexualhormone) für sie einnimmt; sie hingegen will selbstredend nicht, dass er sie "nur" der Ähnlichkeiten mit Marie willen begehrt etc. pp.

Schließlich bringt er sie (im Affekt natürlich) um, weil sie ihn kurz zuvor bis auf das Blut gereizt hat à la 'Ich bin Marietta und nicht deine Scheißmarie, begreif das endlich, Schwachkopf' oder so.

* *

Zum Anbeten: Sara Jakubiak (als Marietta und Erscheinung von Marie)!!!!!

Sich auf das Tapferste (als Paul) geschlagen habend: Aleš Briscein.

Mit vereinnehmendem Doppel-Liebreiz: Günter Papendell (als Frank und Fritz, der Pierrot).

Geduldig und gediegen-gut: Maria Fiselier (als Brigitta).

Ainārs Rubiķis (der neue GMD des Hauses) dirigiert das üppig besetzte und zumeist - auch wegen dieser grauenvollen Saalakustik - "übersteuerte" Orchester der Komischen Oper Berlin.




Die tote Stadt an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Iko Freese/drama-berlin.de



Die letzte Tote Stadt hier in Berlin (und an der DOB) hatte 2004 Premiere; und da dirigierte Christian Thielemann (!) - als Steilvorlage und Vergleich bleibt sie vorerst, rein musikalisch, unerreicht.
Andre Sokolowski - 1. Oktober 2018
ID 10949
DIE TOTE STADT (Komische Oper Berlin, 30.09.2018)
Musikalische Leitung: Ainārs Rubiķis
Inszenierung: Robert Carsen
Bühnenbild: Michael Levine
Kostüme: Petra Reinhardt
Choreografie: Rebecca Howell
Dramaturgie: Maximilian Hagemeyer
Chöre: David Cavelius und Dagmar Fiebach (Kinderchor)
Licht: Robert Carsen und Peter van Praet
Video: Will Duke
Besetzung:
Paul ... Aleš Briscein
Marietta / Erscheinung Maries ... Sara Jakubiak
Frank, Pauls Freund / Fritz, der Pierrot ... Günter Papendell
Brigitta, Pauls Haushälterin... Maria Fiselier
Julietta, Tänzerin ... Georgina Melville
Lucienne ... Marta Mika
Victorin, der Regisseur ... Adrian Strooper
Graf Albert ... Ivan Turšić
TänzerInnen: Kai Braithwaite, Michael Fernandez, Hunter Jaques, Shane Dickson, Danilo Brunetti, Daniel Ojeda, Paul Gerritsen und Lorenzo Soragni
Kinderchor und Chor der Komischen Oper Berlin
Orchester der Komischen Oper Berlin
Premiere war am 30. September 2018.
Weitere Termine: 06., 14., 31.10. / 18., 28.11. / 14., 25.12.2018 // 28.06.2019


Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de

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