Treibende
Obsessionen
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Don Giovanni an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Marcus Lieberenz
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Bewertung:
Modern, wagemutig und mit fesselnden Bühneneinfällen inszeniert Roland Schwab Mozarts Don Giovanni an der Deutschen Oper Berlin. Der Titelheld tritt während der Ouvertüre aus dem Dunkel hervor. Doch er ist nicht allein. Hinter ihm reihen sich zahllose anzugtragende Gentlemen mit gegeltem Haar und synchronen Gesten auf. Ihre Münder bewegen sich zum soeben sich akzentuierenden Gesang des berühmten Verführers. Das Publikum vermag nicht auszumachen, wessen Stimme hier denn eigentlich zu hören ist. Der notorische Schwerenöter scheint auch später austauschbar, nicht greifbar, nicht adressierbar. Gleichzeitig birgt dieses „Nicht-haben-Können“ auch seine besondere Faszination. Der Schwarm unzähliger Frauen hat hier meist unzählige Männer hinter sich versammelt. Huldigen sie ihm nur, oder wollen sie vielleicht ebenso siegessicher, stolz und begehrt sein wie er? Zahlreiche spannungsvolle Choreographien von Silke Sense zeigen, wie die auf Don Giovanni eingeschworene männliche Eskorte höchst einstimmig und genüsslich jeglichen weiblichen Eindringling zu vergraulen weiß.
Der noch junge italienische Bariton Davide Luciano verkörpert Don Giovanni dynamisch und leidenschaftlich mit einer packenden Unbedingtheit des ewig Getriebenen. Spielerisch meistert er gesangliche Partien mit Grandezza. Auch sein attraktives Äußeres zieht gepaart mit einem allzu selbstgewissen Auftreten in Bann. Es ist eine Wonne die Spannungen zwischen ihm und seinem selbst wollüstigen, oft überforderten und trotzdem treu ergebenen Diener Leporello auf der Bühne mitzuerleben. Seth Carico mimt Leporello höchst beweglich mit gestähltem freiem Oberkörper und fein nuanciertem Bassbariton. Selten hat man ein so prächtiges Paar auf der Bühne erlebt. Da könnte es den Frauen durchaus einmal schwer fallen, sich Gehör zu verschaffen. Doch Laura Aikin in der Rolle der Donna Anna und insbesondere Mezzosopranistin Jana Kurucová als Donna Elvira können den Wüstlingen nicht nur gesanglich das Wasser reichen. Sie statten ihre bewegenden Arien derart mit feinen Koloraturen und dramatischen Höhenflügen aus, dass den Rachegelüsten ihrer Figuren wirkungsvoll und vielstimmig Nachdruck verliehen wird. Auch die polnische Sopranistin Adriana Ferfezka in der Rolle Zerlinas und der amerikanische Tenor Matthew Newlin als Don Ottavio wissen höchst klangfarbenreich zu gefallen. Abgerundet werden die insgesamt sehr beweglichen und eleganten Performances durch das dichte Spiel des Orchesters der Deutschen Oper Berlin unter der musikalischen Leitung von Daniel Cohen.
Akzente setzen schließlich auch eindrückliche Lichteffekte und imposante Bühnenbauten im zweiten Akt. Auch beim Finale, das mit nachgestellten Szenen aus Dinner for One und Leonardo da Vincis Abendmahl aufwartet, sprüht förmlich die überbordende Phantasie der dramatischen Umsetzung. Schlussendlich beeindruckt insbesondere, wie wenig von der Vorlage gekürzt wurde - ganz anders als bei der jüngsten Neuinszenierung des Zweiakters in Bonn.
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Don Giovanni an der Deutschen Oper Berlin | Foto (C) Bettina Stöß
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Ansgar Skoda - 21. Januar 2017 ID 9795
DON GIOVANNI (Deutsche Oper Berlin, 15.01.2017)
Musikalische Leitung: Daniel Cohen
Inszenierung: Roland Schwab
Bühne: Piero Vinciguerra
Kostüme: Renée Listerdal
Chöre: Thomas Richter
Choreografische Mitarbeit und Spielleitung: Silke Sense
Besezung:
Don Giovanni … Davide Luciano
Donna Anna: Laura Aikin
Don Ottavio: Matthew Newlin
Der Komtur: Ievgen Orlov
Donna Elvira: Jana Kurucová
Leporello: Seth Carico
Masetto: Noel Bouley
Zerlina: Adriana Ferfezka
Artistin: Ellen Urban
Chor der Deutschen Oper Berlin
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 16. Oktober 2010.
Weitere Termine: 21. + 26.01.2017
Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de
Post an Ansgar Skoda
http://www.ansgar-skoda.de
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