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Premierenkritik

Wienerwaldoper


von HK Gruber

nach Ödön von Horvath


Geschichten aus dem Wiener Wald von HK Gruber an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Iko Freese/drama-berlin.de

Bewertung:    



Die Geschichten aus dem Wiener Wald sind eigentlich ein Schauspiel, das im Jahre 1931 am DT Berlin uraufgeführt wurde - geschrieben hatte es der Österreich-Ungar Ödön von Horváth (1901-1938). Es wird nach wie vor im deutschsprachigen Raum kontinuierlich hie und da gespielt. Die auftretende Personnage ist üppig, von der Handlung her braucht es (nicht nur beim Lesen) für den Rezipienten etwas Zeit und Ausdauer, um in sie reinzukommen, und der Redeschwall ist arg. Es ist zudem ein Volks-/Familienstück und spielt, rein vom sozialen Feeling her, am bürgerlichen Mittelschichtenrand; mitunter schielt man sogar etwas tiefer.

Dem fügte Komponist HK Gruber (geb. 1943 in Wien) Noten hinzu und ließ das ursprüngliche Horváth-Stück in seine beinah dreistündige Oper umverwandeln - gestern Abend war die deutsche Erstaufführung dieses vor zwei Jahren in Bregenz erstmals erklungenen und nunmehr an der KOB neu inszenierten Werkes:

*

"Am Ufer der 'schönen blauen Donau' feiert der als 'Zauberkönig' bekannte Spielwaren-Händler Leopold die Verlobung seiner Tochter Marianne mit dem biederen Fleischhauer Oskar. Die Begegnung mit dem einfühlsamen Schwärmer Alfred ermutigt Marianne zu einem Akt der Selbstbehauptung: Von einer bis dahin noch nie empfundenen Leidenschaft geradezu überrumpelt, lässt Marianne die Verlobung platzen, um ihr Lebensglück an der Seite Alfreds zu suchen. Doch der Traum vom Glück wird allzu schnell von der Realität eingeholt: Dem Hallodri Alfred ist die vom Vater verstoßene Marianne samt dem gemeinsamen Kind alsbald ein Klotz am Bein. Immer weiter hinab führt der soziale Abstieg Mariannes, bis ihr schließlich kein anderer Ausweg bleibt, als reumütig zu dem ungeliebten Fleischhauer zurückzukehren – wenn da nicht das 'sündige' Kind aus der Verbindung mit Alfred wäre..." (Quelle: komische-oper-berlin.de)

Der Librettist Michael Sturminger hat sich im Wesentlichen an die Horváth-Vorlage gehalten und (natürlich, weil es ja gesungen werden muss, ja und Gesungenes dauert halt immer etwas länger als Gesprochenes) den ganzen Sprachkram auf das singbar Wesentliche reduziert.

Grubers Musik - im vorliegenden Fall: meistens zum Weghören - zitiert sehr viel und ausgiebig. Das sind dann auch die Stellen, wo das Hören (noch) erträglich ist. "Wie eiskalt ist ihr Händchen" beispielsweise. Oder, ziemlich zu Beginn der Oper, dieses lange und ironisch durchgewalzerte Duett zwischen dem Zauberkönig und der Valerie; klang ähnlich wie zu seiner Zeit die Ochs/Annina-Szene aus dem Rosenkavalier. Es gibt auch Großemotionales zu vernehmen, ein paar bis ins schier Unsingbare hinaufspulende Arien (oder so was in der Richtung), die die beiden jungen Hauptgestalten Marianne oder Oskar durchzustemmen haben. Der Orchesterapparat wird außerdem z.T. brachial bemüht - die Musiker aus dem Orchester der Komischen Oper Berlin hätten dem Dirigenten Hendrik Vestmann (lt. Programmheft) übermittelt: "Das macht Spaß!" - aber womöglich meinten sie auch diese vielen vielen anzitierten Stellen in der Oper, ja, Zitieren macht halt meistens Spaß. Aber es gab auch jede Menge Sprechgesang, ja und der nervte bis zum Überdruss!!

Wahrnehmungen sind oftmals auseinanderdriftend. In der Pause - und auch später beim Nachhauseweg - schnappte ich solche Volksmeinungen auf: "zum Einschlafen", "ich bin fast eingeschlafen", "hab' die ganze Zeit über geschlafen".



Geschichten aus dem Wiener Wald von HK Gruber an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Iko Freese/drama-berlin.de


Cornelia Zink (als Marianne) gibt durchgehend Alles, was sie stimmlich und auch spielerisch vermag; ihre Präsenz muss nachgerade als verblüffend, um nicht gar zu sagen überirdisch-raumgreifend bezeichnet sein!

Ursula Hesse von den Steinen (als Annina-Valerie) mimt eine reife Sexbombe und singt auch dementsprechend: sinnlich-vehement.

Jens Larsen (als Ochs-Zauberkönig) imponiert, wie stets, mit seinen tiefen Tiefen und strahlt, auch wie stets, stark-komödiantisch aus.

Nicht zu vergessen: Adrian Strooper (als Oskar): Singt und kann hoch, gut.

Tom Erik Lie (als Alfred) hält sich irgendwie zurück, oder er kann und will nicht recht aus seiner Haut.

Ja und dann gab es noch den Gastauftritt der hauptstädtischen Ex-Wagnerikone Karan Armstrong (als der Großmutter): Prima, dass es die auch noch gibt.

Die Inszenierung von Michał Zadara: nichts Besonderes. Autos und Tankstellen (Bühne: Robert Rumas) gab es schon oft beim alten Castorf auf der Bühne zu besichtigen - zuletzt im Siegfried aus dem aktuellen Bayreuth-Ring.



Geschichten aus dem Wiener Wald von HK Gruber an der Komischen Oper Berlin | Foto (C) Iko Freese/drama-berlin.de


* * *

Und meine Lieblingsstelle aus dem KOB-Programmheft ist:

"In Wien hatte Adolf Hitler im Jahre 1906 während einer von Gustav Mahler dirigierten Vorstellung von Tristan und Isolde verschiedene Ideen über die Weltherrschaft. Es scheint, als kämen bestimmte dunkle Tendenzen gerade hier zum Vorschein." sagt der Regisseur Zadara in dem mitgeschnitt'nen Interview.

Das lassen wir jetzt mal so stehen.

Andre Sokolowski - 23. Mai 2016
ID 9329
GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD (Komische Oper Berlin, 22.05.2016)
Musikalische Leitung: Hendrik Vestmann
Inszenierung: Michał Zadara
Bühnenbild: Robert Rumas
Kostüme: Julia Kornacka
Chöre: David Cavelius
Video: Barbara Wysocka und Artur Sienicki
Dramaturgie: Johanna Wall
Licht: Diego Leetz
Besetzung:
Marianne ... Cornelia Zink
Alfred ... Tom Erik Lie
Oskar ... Adrian Strooper
Valerie ... Ursula Hesse von den Steinen
Zauberkönig ... Jens Larsen
Die Mutter ... Christiane Oertel
Die Großmutter ... Karan Armstrong
Erich ... Ivan Turšić
Rittmeister/Beichtvater ... Hans Gröning
Mister ... Hans-Peter Scheidegger
Der Hierlinger Ferdinand ... Stefan Cifolelli
Fleischergeselle Havlitschek ... Timothy Oliver
1. Tante ... Angela Postweiler
2. Tante ... Jennifer Gleinig
Chor und Zusatzchor der Komischen Oper Berlin
Orchester der Komischen Oper Berlin
Uraufführung im Festspielhaus Bregenz war am 23. Juli 2014
Premiere der DEA an der Komischen Oper Berlin: 22. 5. 2016
Weitere Termine: 29. 5. / 11., 17. 6. / 7. 7. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.komische-oper-berlin.de


http://www.andre-sokolowski.de

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