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MUSIKFEST BERLIN 2014

Strauss' Don Juan, 2. Hornkonzert mit dem Solisten Jörg Brückner und - Ein Heldenleben [von uns "boykottiert"]

Münchner Philharmoniker


Bewertung:    



Die Münchner Philharmoniker gibt es seit 1893, erst nannten sie sich das Kaim-Orchester, anschließend Orchester des Münchener Konzertvereins (bis 1928). Und sie hatten (bis 1944) ihre heimatliche Wirkungsstätte in einem prachtvoll-exorbitanten Jugendstil-Konzertsaal in der Münchner Türkenstraße - als der dann als Kriegsfolge in Schutt und Asche lag, waren sie quasi "obdachlos"; heute wird größtenteils im Münchner Gasteig musiziert. Schon immer ließen sie sich von den jeweils größten und berühmtesten (und wohl auch teuersten) Weltpultstars, die dann jeweils habhaft waren, musikalisch leiten; nach dem Zweiten Weltkrieg waren das z.B. Rudolf Kempe, Sergiu Celibidache, James Levine und Christian Thielemann. Der vorerst Letzte in der Reihe war Loren Maazel, der 84jährig vor paar Wochen starb. Ein Jahr zuvor wurde bereits "der Neue" amtsantretend (ab 2015) designiert: Valery Gergiev.

Mit Lorin Maazel, der die Tournee der Münchner Philharmoniker bestreiten sollte, war dann gestern Abend Straussens Zweites Hornkonzert und Bruckners Dritte angekündigt. Semyon Bychkov (der für den Verstorbenen kurzfristig einsprang) wollte aber lieber einen puren Strauss-Abend, ja und so tat er ihn mit Don Juan sowie Ein Heldenleben initiativ flankieren. [Hornkonzert und Don Juan ließen wir uns dann wohlwollend gefallen - bei Ein Heldenleben strichen wir zur Pause unsre Segel und begaben uns nach Hause; Frage: Hätte die MUSIKFEST-Intendanz mit Bychkov nicht ein anderes "Hauptwerk" aushandeln können; in der letzten Zeit hatte man uns Berlinern Straussens Heldenleben mindestens ein halbes Dutzend mal in kurzen Zeitabständen vorgesetzt, nein, was zu viel ist, ist zu viel!!]

*

Strauss' Vater war Hornist am Münchner Hoforchester.

(Nochmals zur Erinnerung: Dieses MUSIKFEST hat sich aktuell das Horn zu seinem diesjährigen Motto auserkoren.)

Und das erste der zwei Hornkonzerte, die Strauss-Sohn als 19jähriger dann komponierte, war dem Vater zugeeignet. 1942 (in dem Jahr, als Richard Strauss sein "Lebenswerk" für "beendet" erklärte) schuf er dennoch Opus 132:

"Satztechnisch wie instrumentatorisch entschlackt und im Rahmen höchster kompositorischer Raffinesse heiter gelöst anmutend, beruft sich Strauss' Zweites Hornkonzert unüberhörbar auf Vorbilder der Wiener Klassik. Die unbeschwerte Musizierfreude des Werkes lässt indes Zweifel aufkommen, ob ihr Komponist von den humanitären Katastrophen des Zweiten Weltkrieges Kenntnis nehmen wollte", merkt Mark Schulze Steinen im diesmal vorzüglich geschriebenen Programmheft an. "Die vermeintlich friedensstiftende Kraft seiner Musik", der Strauss 44 Jahre zuvor mit dem Heldenleben ein musikalisches Denkmal gesetzt hätte, "war durch das undurchsichtige Engagement des Komponisten für die Kulturpolitik der Nationalsozialisten fragwürdig geworden." [Ja, auch daher waren wir ganz froh und ungeniert, auf Heldenleben ablehnend-demonstrativ Verzicht geübt zu haben...]

Der aus Leipzig stammende Solohornist der Münchner Philharmoniker, Jörg Brückner, spielte es; sensationell! Und Bychkov tat (gottlob) mit leisem Fingerzeig auf das begleitende Orchester deuten - ganz im Gegensatz zu seinem Dirigat des Don Juan:

Hier war dann Alles - aber wirklich Alles - laut und derb und hypermaskulin begriffen und gestaltet worden. Die dem eigentlich doch läppisch anmutenden Unterhaltungsstück von Strauss zueigen seiende Erotik (der besonderen und feinen Art) verselbständigte sich in diesem merkwürdig-kraftmeierischen Fall zu einem grauenhaften Akt wüstester Vergewaltigungsbereitschaft "seines" Titelhelden. Das erstaunte und verstörte ungemein... Erinnert sei in dem Zusammenhang an die bis heute nicht zu toppende Schallplattenproduktion von 1973, wo die Staatskapelle Dresden (unter Rudolf Kempe! [s.o.]) einmal mehr unter Beweis zu stellen in der Lage war, dass halt dann schwerelos gemeinte Tondichtungen immer schwerelos gespielt sein sollten oder so.

Der Saal zwei Drittel voll, ein Drittel leer.



Semyon Bychkov © Sheila Rock

Andre Sokolowski - 8. September 2014
ID 8069
MUSIKFEST BERLIN (Philharmonie, 07.09.2014)
RICHARD STRAUSS: Don Juan
- Konzert für Horn und Orchester Nr. 2 Es-Dur
- Ein Heldenleben
JÖRG BRÜCKNER, Horn
MÜNCHNER PHILHARMONIKER
Dirigent: SEMYON BYCHKOV


Weitere Infos siehe auch: http://www.musikfestberlin.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

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