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François-Xavier

Roth

dirigierte SALOME und Ligeti
in Berlin


Foto (C) Mark Allan; Bildquelle: fxroth.com


Der in Paris geborene Dirigent François-Xavier Roth, der noch bis Ende August 2025 als Gürzenich-Kapellmeister und Generalmusikdirektor der Stadt Köln in Amt und Würden ist, "muggt" augenblick wieder in Berlin; vorgestern sah und hörte ich ihn in der ersten von vier wiederaufgenommenen Salome -Aufführungen (er wird das Werk dann ebenso bei den Münchner Opernfestspielen am 11. und 14. Juli dirigieren), ja und gestern leitete er das BOULEZ ENSEMBLE mit Werken von György Ligeti im Pierre Boulez Saal.

Mit seinen gerade mal 51 Jahren wäre er eigentlich (allein von den perspektivischen Gestaltungsmöglichkeiten her gesehen) DIE Topadresse, was die dringend anstehende GMD-Nachfolge Daniel Barenboims betrifft. Der Roth kann nämlich, ganz im Gegensatz zu den derzeit sehr vorlaut "in Betracht Kommenden", halt so ziemlich alles: er ist erstens ein absoluter Spezialist für Alte und Barockmusik (Stichwort: Les Siècles), zweitens interessiert er sich vehement für zeitgenössische Musik, zahlreiche Ur- und Erstaufführungen stehen auf seinem Dirigentenkonto, und drittens kennt er sich - was für die Staatsoper und Staatskapelle Berlin von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist - mit Wagner und mit Strauss vorzüglich aus, also genau mit jenem Kernrepertoire, das das deutsche Vorzeigeorchester mit seinem Stammsitz Unter den Linden immer wieder "neu" und immer wieder gern auf seinen Notenpulten liegen hat... Im Umkehrschluss bedeutete das auch, dass erstens die von Intendant Matthias Schulz kreierten BAROCKTAGE perfekt bei ihm aufgehoben wären, er zweitens für deutlich mehr Ur-/ Erstaufführungen am ersten Haus des Platzes sorgen dürfte und er drittens die Wagner-Strauss-Fraktionen sowohl im Orchester als auch im Staatsopernpublikum tatkräft zu bedienen in der Lage sein würde, und das noch dazu mit einem völlig anderen (unfetten!) Klang als wie man ihn bisher vonseiten Barenboims, Mehtas und/ oder Thielemanns erfahren hatte.

Diverse Kostproben, wie insbesondere "sein" Wagner klingen mag, hatte/ hat Roth die letzten Jahre nachprüfbarer Weise abgeliefert - verwiesen sei in dem Zusammenhang an seinen Kölner Tristan (2019) oder jüngst auf seinen Münchner Lohengrin!!

*

Hinsichtlich seiner Strauss-Referenz sei nebenher noch kurz erwähnt, dass Roth sämtliche Orchesterwerke des Komponisten mit dem seit 2016 nicht mehr existierenden SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg (wo er von 2011 bis 2016 Chefdirigent war) einspielte.

Und wie hörte sich nun "seine" Berliner Salome vorgestern an?

Sehr transparent und wundersamerweise sehr, sehr luftig. Freilich unter Einbringung der "notwendigen" Steigerungen (bis zu berstenden Fortissimi), wo solche für ihn angebracht waren.

Die Textverständlichkeiten - außer freilich bei Akteurinnen, die ohnehin und prinzipiell fast niemals textverständlich sind (ein derartiger Prototyp dürfte Jennifer Holloway, welche die Titelpartie sang, gewesen sein; ihr Stimmvolumen kam zudem nicht über das Orchester, und so fühlte es sich viel zu leise an, wie sie das alles sang) - waren an sich verblüffend: Thomas J. Mayer als Jochanaan, Stephan Rügamer als Narraboth oder Nikolai Schukoff als Herodes; ihre diesbezügliche Vorzüglichkeit muss hier Erwähnung finden.



Salome an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus


* *

Gestern Abend nun im gut besuchten Pierre Boulez Saal ausschließlich Kompositionen von György Ligeti.

Roth leitete das speziell für dieses Haus und jeweils nach Besetzungsumfang exklusiv zusammengestellte BOULEZ ENSEMBLE, das zum einen Ligetis Kammerkonzert für 13 Instrumente und zum anderen dessen in jeder Hinsicht ausuferndes Konzert für Violine und Orchester (mit 24 Musikerinnen und Musikern, die insgesamt auf mehr als 27 Instrumenten zzgl. eines imposanten Schlagwerks zu spielen hatten) aufführte; Solist war Michael Barenboim - der war dann auch beim programmeinleitenden Trio für Violine, Horn und Klavier neben dem Hornisten Ben Goldscheider und dem Pianisten Giuseppe Mentuccia solistisch zugegen.

Wann hätte man je zuvor diese Gelegenheit gehabt, so viel und derart prall Ligeti live serviert zu bekommen?! (So was klappte halt, weil 2023 ein Ligeti-Jahr ist; hundertster Geburtstag, daher.) Übrigens: Der Einführungstext von Wolfgang Stähr war außer lehrreich auch noch lesbar - so wie immer bei den exquisit geschriebenen und auch gestalteten Programmheften des Pierre Boulez Saals.

Das Publikum nahm dieses Ausnahmekonzert sehr aufgeschlossen und überaus dankbar an, sein Beifall war geradezu dann überschwänglich, und das vollkommen zurecht.




Francois Xavier Roth | Foto (C) Marco Borggreve; Bildquelle: fxroth.com


(Francois Xavier Roth wird am 29. Oktober d.J. erneut das BOULEZ ENSEMBLE leiten, dann mit Werken von Philippe Manoury und Claude Debussy.)

Andre Sokolowski - 2. Juli 2023
ID 14274
SALOME (Staatsoper Unter den Linden, 30.06.2023)
Musikalische Leitung: François-Xavier Roth
Inszenierung: Hans Neuenfels
Bühnenbild und Kostüme: Reinhard von der Thannen
Choreographie: Sommer Ulrickson
Licht: Stefan Bolliger
Besetzung:
Herodes ... Nikolai Schukoff
Herodias ... Marina Prudenskaya
Salome ... Jennifer Holloway
Jochanaan ... Thomas J. Mayer
Narraboth ... Stephan Rügamer
Page der Herodias ... Natalia Skrycka
Oscar Wilde ... Christian Natter
u. a.
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 4. März 2018.
Weitere Termine: 02., 07., 13.07.2023
https://www.staatsoper-berlin.de

BOULEZ ENSEMBLE LIII (Pierre Boulez Saal, 01.07.2023)
György Ligeti: Trio für Violine, Horn und Klavier
- Kammerkonzert für 13 Instrumente
- Konzert für Violine und Orchester
Michael Barenboim, Violine
Ben Goldscheider, Horn
Giuseppe Mentuccia, Klavier
BOULEZ ENSEMBLE
Dirigent: François-Xavier Roth
https://www.boulezsaal.de


Weitere Infos siehe auch: https://fxroth.com/


https://www.andre-sokolowski.de

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