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PJ Harvey war 2017 beim A SUMMER'S TALE in Luhmühlen Festival-Headliner. Sie stellte damals ihr jüngstes Album vor, die ambitionierte Platte The Hope Six Demolition Project (2016). Die politischen Botschaften und versteckten Anspielungen in den Songs der britischen Singer-Songwriterin wurden von Rezensenten einschlägiger Musikmagazine diskutiert oder gefeiert. Inzwischen hat die heute 51jährige Rockmusikerin neue Songs aufgenommen, wie ein Cover von Red Right Hand von ihrem Ex-Lebenspartner Nick Cave. Auch veröffentlicht Polly Jean Harvey gerade die Demoversionen ihrer neun Soloalben auf Vinyl und CD.

Die Dokumentation zur Entstehung des neunten Studioalbums The Hope Six Demolition Project ist mittlerweile jedoch als DVD erhältlich. Der verspätete Kinofilm PJ Harvey – A Dog Called Money (2019) erzählt von inspirierenden Reisen der Indie-Künstlerin, Begegnungen und der Muse an geschichtsträchtigen Orten oder Krisengebieten wie dem Kosovo, Afghanistan und Washington D.C. Die Aufnahmen und Bilder von Regisseur Seamus Murphy sind sehenswert und ungewöhnlich. Der Kriegsfotograf verwendete teilweise die Landschaftsaufnahmen und Szenen auch in den Musikvideoclips zu den Single-Auskopplungen des Albums: „The Community of Hope“, „The Orange Monkey“, „The Wheel“. Murphy begleitete die Alternative-Rocksängerin auf ihren Reisen.

PJ Harvey und Seamus Murphy besuchten zusammen mit einem Reporter der Washington Post ärmere, mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnte Siedlungen in Washington. Murphy machte hier Filmaufnahmen, die später auch im Musikvideo "The Community of Hope" verwendet wurden. Der Hund eines afroamerikanischen Mädchens aus dieser Gegend, genannt „Money“, inspirierte den Filmtitel der Doku, A Dog Called Money. Die Musikerin und ihr Begleiter fanden Inspiration, sie schrieben Eindrücke und Anekdoten nieder. Der Albumtitel The Hope Six Demolition Project bezieht sich so auf ein Wohnungsprojekt in Washington, dass Hope VI Project genannt wurde. Für dieses Wohnungsprojekt wurden frühere Sozialwohnungen in Stadtbezirken mit hoher Kriminalitätsrate abgerissen und neu gebaut. Frühere Bewohner konnten sich die kostspieligeren Mieten jedoch dann nicht mehr leisten. Ein Jugendlicher erzählt, dass sein Vater, ein Cousin und ein Freund in diesem Stadtteil durch Schusswaffen ermordet wurden oder Suizid begingen.

Im Musikvideo zu „The Orange Monkey“ werden durch den Krieg verwüstete Orte in Afghanistan um 2012 und 2014 gezeigt, wie die Städte Kabul und Parwan sowie die Gebiete Helmand und Nangarhar. Das Musikvideo „The Wheel“ zeigt hingegen Bilder aus dem Kosovo, auch von Flüchtlingstrecks und deren Alltag. Der Film wechselt regelmäßig zwischen Reiseimpressionen der besuchten Länder und Aufnahmesessions im Londoner Studio. Hier können Besucher im Rahmen einer öffentlichen Kunstinstallation die Musikerin und ihre Band durch einen Einwegspiegel bei den Proben und der Produktion für das Album beobachten. Sehenswert ist hier insbesondere, wie in den kompositorischen Prozess musikalische Einflüsse oder auch die Klänge traditioneller Instrumente aus den besuchten Ländern einfließen.

Harvey spricht lyrische Kommentare oder Gedichtfragmente aus dem Off, während neben beeindruckenden Landschaftsaufnahmen auch zerstörte und verlassene Orte und Bilder von Armut und sozialer Ungerechtigkeit gezeigt werden. PJ Harvey agiert in den Film so meistens als außenstehende Beobachterin, die aber auch schon einmal mit lokalen Künstlern spontan gemeinsam ein bisschen musiziert.

Insgesamt zeugt der Film von der fruchtbaren Arbeit eines eingespielten Teams. PJ Harvey veröffentlichte bereits 2015 einen Gedichtband aus der Zeit dieser gemeinsamen Reisen, zu dem Fotojournalist Seamus Murphy ebenfalls passendes Bildmaterial beisteuerte, The Hollow of the Hand. Man kann gewiss manchen bekannten Zeitgenossen aus dem Musikgeschäft vorwerfen, ihre Popularität dadurch steigern zu wollen, dass sie oberflächlich die Leiden von Menschen aufgreifen. In diesem Fall erscheint der Vorwurf eines bloßen Elendstourismus jedoch geradezu deplatziert, da die Künstler intensiv mit den Menschen und ihren jeweiligen Lebensumständen in Kontakt treten. Sie porträtieren so auch Gemeinschaftsaktivitäten wie Feiern und dokumentieren zugleich eine Lebensintensität und Kraft der Menschen in diesen Problemregionen.


Ansgar Skoda - 7. Dezember 2020
ID 12640
Edition Salzgeber-Link zur DVD mit PJ Harvey


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