Abgestandener Champagner
Barrie Koskys Inszenierung von Jacques Offenbachs ORPHEUS IN DER UNTERWELT - jetzt auch an der Deutschen Oper am Rhein
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Bewertung:
Corona sei Dank feiert Barrie Koskys Inszenierung von Orpheus in der Unterwelt innerhalb von wenigen Monaten gleich zweimal Premiere: im Dezember in der Komischen Oper Berlin, Koskys eigenem Haus - und in der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, die als Koproduzentin fungiert. Und der Zeitplan wäre noch enger gewesen, hätten nicht zahlreiche Erkrankungen im Düsseldorfer Ensemble eine Verschiebung der Premiere von Februar auf März erforderlich gemacht.
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Inszenierungen von Offenbach-Werken sind ja immer so eine Sache: Oftmals zündet der zeitgeistige Humor des deutsch-französischen Komponisten nicht mehr so richtig, weil schlichtweg der historische Bezugsrahmen fehlt. Kosky hat bereits 2019 in Salzburg mit seiner Neuinterpretation des Orpheus reüssiert, leider vermag die Wiederauflage in Düsseldorf dagegen nicht zu überzeugen. Die Geschichte um den begnadeten Musiker Orpheus, der hier einen ganzen Kleiderschrank voller Violinen hat, und seine Frau Eurydike ist schon bei Offenbach gegen den Mythos gestrickt: Die beiden langweilen sich längst miteinander und wollen getrennte Wege gehen – wäre da nicht die Öffentliche Meinung, die ihre ganz eigenen Vorstellungen hat: Was verheiratet ist, gehört zusammen. Also zerrt sie Orpheus nach Eurydikes Tod vor Jupiter, wo dieser widerwillig seine entführte Frau einklagen soll. Und diese hat längst ihren eigenen Kopf in Sachen Zukunftspläne entwickelt.
In Koskys Inszenierung wird diese Absurdität auf die Spitze getrieben: Kaum ein Moment vergeht ohne Gag. Manches ist ganz launig, vieles ermüdet bei der x-ten Wiederholung. Alles steht und fällt mit Schauspieler Max Hopp, der John Styx mimt, aber auch ansonsten für den richtigen Rahmen bzw. Sound sorgt. Mit verstellten Stimmen spricht er nicht nur die Texte aller Solisten, sondern ahmt auch Geräusche nach. Da ist jeder Schritt zu hören und das Quietschen jeder Tür. Das ist eine großartige Energieleistung, führt aber auch dazu, dass man sich als Zuschauer nicht mit den Figuren identifizieren kann. Überhaupt verkommt da alles schnell zur Karikatur: Orpheus das kleine Männlein mit Geige, Eurydike etwas notgeil, Juno versoffen, Mars grenzdebil und Merkur nicht in der Lage, seine Botschaften zu übermitteln. So weit, so gut, aber es erschöpft sich eben auch recht schnell. Sicher, die großen Ensemblenummer, die Chor, Tänzer und Solisten auf der Bühne vereinen, haben eine enorme Wucht. Warum aber zündet der Funke nur hier?
Das ist alles etwas schal und fad – wie abgestandener Champagner. Auch die musikalische Seite vermag nicht zu überzeugen, zu blass bleiben durch die Bank alle Solisten, so uninspiriert ist Adrien Perruchons Dirigat. Schade, sehr viel Aufwand für sehr wenig Ertrag.
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Orpheus in der Unterwelt an der Deutschen Oper am Rhein | Foto (C) Hans Jörg Michel
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Karoline Bendig - 16. März 2022 ID 13522
ORPHEUS IN DER UNTERWELT (Deutsche Oper am Rhein, 15.03.2022)
Musikalische Leitung: Adrien Perruchon
Inszenierung: Barrie Kosky
Choreographie: Otto Pichler
Bühnenbild: Rufus Didwiszus
Kostüme: Victoria Behr
Dramaturgie: Maurice Lenhard und Susanna Goldberg
Chöre: Patrick Francis Chestnut
Licht: Franck Evin
Besetzung:
Orpheus ... Andrés Sulbarán
Eurydike ... Elena Sancho Pereg
John Styx ... Max Hopp
Die öffentliche Meinung ... Susan Maclean
Pluto ... Florian Simson
Jupiter ... Peter Bording
Juno ... Katarzyna Kuncio
Venus ... Heidi Elisabeth Meier
Diana ... Valerie Eickhoff
Cupido ... Romana Noack
Merkur ... Sander de Jong
Mars ... Torben Jürgens
Tänzerinnen und Tänzer: Danielle Bezaire, Jessica Falceri, Luissa Joachimstaller, Marit Beentjes, Ran Takahashi, Brittany Young und Marit Beentjes sowie Daniel Ojeda, Lorenzo Soragni, Kai Chun Chuang, Daniel Vliek, Michael Fernandez, Kai Braithwaite und Alessio Urzetta
Chor der Deutschen Oper am Rhein
Düsseldorfer Symphoniker
Premiere zu den Salzburger Festspielen: 14. August 2019
Berliner Premiere: 7. Dezember 2021
Düsseldorfer Premiere: 11. März 2022
Weitere Termine: 17., 20.03.2022
Koproduktion mit den Salzburger Festspielen und der Komischen Oper Berlin
Weitere Infos siehe auch: https://operamrhein.de/
Post an Karoline Bendig
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