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Premierenkritik

Dem Dogen

seine Tochter

und deren

Lover



Jessica Muirhead (als Amelia), Carlos Cardoso (als Gabriele) und Daniel Luis de Vicente (re.) als Simon Boccanegra in Verdis gleichnamiger Oper - am Aalto Theater Essen | Foto (C) Matthias Jung

Bewertung:    



Verdis große Dogen-Oper Simon Boccanegra lässt sich eigentlich nicht nacherzählen, jedenfalls nicht ohne Weiteres. Vielleicht daher nur so viel hier:


"Er ist der erste Doge Genuas und ein Mann des Volkes: Simon Boccanegra. Einzig aus privaten Gründen willigt er ein, das Amt des Dogen zu übernehmen, denn er möchte Maria, die Tochter seines Widersachers Jacopo Fiesco, heiraten. Mit ihr hat er bereits eine uneheliche Tochter, die allerdings verschwunden scheint. Als die Glocken seine Wahl zum Dogen verkünden, erfährt der unglückliche Simon Boccanegra vom Tod seiner Geliebten Maria.

25 Jahre später ist Boccanegra noch immer an der Macht und kämpft für die Einheit Italiens. Als er für den Höfling Paolo um die Hand Amelia Grimaldis anhalten soll, erkennt Boccanegra in ihr seine verloren geglaubte Tochter. Diese ist bereits in den Adligen Gabriele Adorno verliebt. Als Boccanegra Paolo ihre Hand ausschlägt, schwört dieser bittere Rache..."


(Quelle: theater-essen.de)


Das Aalto-Musiktheater Essen hatte sich jetzt für die 2. Fassung dieser Verdi-Oper, deren erfolglose Uraufführung (der 1. Fassung) 1857 am Teatro La Fenice in Venedig war, entschieden - selbige wurde erst 24 Jahre nach der Ur-Version am Mailänder Teatro alla Scala gezeigt, und kein Geringerer als Dichterkomponist Arrigo Boito sorgte seiner Zeit dafür, dass sie dann etwas besser zu verstehen war als ihr verkopftes und verkompliziertes Zeug in dem Libretto vorher; dennoch wagte ich es nicht, die Handlung allgemeinverständlich und verkürzt hier auszubreiten; hatte ich ja eingangs schon bemerkt.



Verdis Simon Boccanegra am Aalto Theater Essen | Foto (C) Matthias Jung


Die bemerkliche Präsenz von drei Personen - welche durch die Regisseurin Tatjana Gürbaca trefflich und pointiert herausgestellt und vorgeführt werden - sorgt, außer den noch viel bemerkenswerteren Auftritten vom höchst stimmgewaltigen Opernchor des Aalto-Theaters (Choreinstudierung: Klaas-Jan de Groot), dafür, dass der schon ziemlich lange Abend nicht total in dickbreiigem Langeweilemus erstickt:

Der portugiesische Tenor Carlos Cardoso (mein heimlicher Liebling der gestrigen Premiere!) ist als Lover der Tochter des Dogen besetzt und hält in dieser Rolle nicht nur sich, sondern auch mich in einem hormonellen Daueratem, sicherlich nicht nur seines fantastischen Aussehens wegen.

Die britisch-kanadische Sopranistin Jessica Muirhead spielt und singt die Dogentochter mit schier aufbrausender und in ihrer Aufgebraustheit kaum dann nachlassender Empathie und Sangeslust; allein das merkwürdige Makrodauerzittern ihrer Stimme nervt mich etwas, aber auch nur etwas, wie gesagt.

Die sängerische als wie schauspielernde Erst- oder Vorangestelltheit Daniel Luis de Vicentes steht ganz zweifelsohne außer Frage! Er kann als der personifizierte Doge dieses Abends gelten; ja und im Vergleich zu Placido Domingo, den ich in 2009 als Simon Boccanegra an der Staatsoper Berlin erlebte, macht der spanisch-amerikanische Bariton so nachgerade eine fast noch bessere Figur.

*

Als Sternzentrum der Inszenierung bleibt die szenisch nachempfundene Kapitol-Stürmung vom 6. 1. 2021 in Erinnerung; das ist der Regisseurin (und dem Chor!) grandios gelungen und vermag/ vermochte Schock-Erinnerungsmomente in uns Operngänger auszulösen.

Klaus Grünbergs Bühnenbild besteht aus einem großmannshohen zusammen- oder auseinanderfaltbaren Papp- oder Holz"streifen" mit eingeschossenen Tür- und Fensteröffnungen, ja und im Ganzen sieht das allenthalben funktional und also raffiniert, aber ansonsten ziemlich kläglich aus.

Und Silke Willretts Kostüme: zeitlos bunt und meistfalls komisch.

Die Aufführung an sich lebt durch die musikalischen Impulse, die nicht beiläufig aus dem Orchestergraben tönen, heißt, dass die Essener Philharmoniker ihren Job weit mehr als gut machen; Giuseppe Finzi hat sie anhaltendermaßen motiviert und dirigiert.

Großer Premierenjubel, Buhs für das Regie-Team.


Andre Sokolowski - 29. Januar 2023
ID 14025
SIMON BOCCANEGRA (Aalto Theater Essen, 28.01.2023)
Musikalische Leitung: Giuseppe Finzi
Inszenierung: Tatjana Gürbaca
Bühne und Licht: Klaus Grünberg
Kostüme: Silke Willrett
Choreinstudierung: Klaas-Jan de Groot
Dramaturgie: Svenja Gottsmann und Laura Bruckner
Besetzung:
Simon Boccanegra ... Daniel Luis de Vicente
Amelia Grimaldi ... Jessica Muirhead
Gabriele Adorno ... Carlos Cardoso
Jacopo Fiesco ... Almas Svilpa
Paolo Albiani ... Heiko Trinsinger
Pietro ... Andrei Nicoara
Statisterie
Opernchor des Aalto-Theaters
Essener Philharmoniker
Premiere war am 28. Januar 2023.
Weitere Termine: 17.02./ 04., 19.03./ 05., 20.04./ 06.05./ 14.06.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-essen.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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