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nachDRUCK # 5

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Premierenkritik

Weder Weltesche

noch Feuerzauber



Bildquelle: staatsoper-berlin.de

Bewertung:    



Gestern (3. 10.) gab's Die Walküre - die restlichen zwei Stücke aus dem neuen RING der Staatsoper Unter den Linden (Siegfried, Götterdämmerung) finden an diesem Donnerstag und Sonntag statt.

* *
Was war zu sehen?
Das (statt Walhall) auf- und ausgebaute "Forschungszentrum E.S.C.H.E." - das im Rheingold initialisiert war - wird vom Regisseur und Bühnenbildner Dmitri Tcherniakov konsequent und in der Handlung (freilich "seiner" Handlung, die er "seinem" RING bisher gekonnt und logisch überstülpte) beibehalten und nicht unbemerkenswerterweise fortentwickelt:

Hundings Herberge gleicht einer hochmodernen Studiowohnung, deren Türen, Fenster, Wände mittels weißer Rahmen angedeutet sind; alles in ihr ist neu, WC, Waschbecken, Duschkabine, Einbauküche, hellholziges Mobiliar, fahrbarer Kleiderständer, Ehebett mit Steppdecken etc. pp. Das alles schaut sich Wotan durch einen in seinem Arbeitszimmer installierten Einwegspiegel an; Kontrollzwang oder Forschergeist. Auf jeden Fall wird sein Sohn, welcher bei einem Gefängnistransport geflüchtet war und seither von der Polizei als "psychisch verhaltensauffällig" zur Fahndung ausgeschrieben wurde, dorthin gelenkt; Hunding befiehlt im Übrigen jene Polizeieinheit, der Siegmund entwischte... Seine Gattin behandelt er, nachdem er von der Arbeit heimgekommen war, wie Dreck; nach einer ehelichen Auseinandersetzung mit ihr ist er kurz davor, alles kurz und klein zu schlagen.

Zeitsprung: Siegmund & Sieglinde gelingt die Flucht aus dieser Studiowohnungshölle - kurz danach (Beginn des 2. Akts) inspizieren Wotan & Brünnhilde diesen zu Forschungszwecken gedient habenden modernistischen BigBrother-Stall. Und Wotangattin Fricka, die den Gemahl mit der verübten Inzucht seiner Zwillingskinder konfrontiert, verlangt ihm (schriftlich!) ab, dass er den Sieglindebegatter zur Rettung des von ihr verantworteten Ehe-Ethos tödlich bestraft, und Wotan unterschreibt.




Robert Watson und Vida Miknevičiūtė (als Siegmund & Sieglinde) in Die Walküre, inszeniert von Dmitri Tcherniakov - an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus


Brünnhildes eigenmächtiges Sich-auf-die-Seite-Siegmunds-Schlagen findet im Versuchskeller, unterhalb der Etage mit den bevorrateten Versuchskaninchen, statt; sie und Hunding werden am Schluss des 2. Aktes lediglich zur Rede gestellt, d.h. Hunding geht als Untoter ab.

Die vorübergehende Einschläferung der Wotantochter im 3. Akt erfolgt inmitten eines Stuhlkreises im Seminar- und Schulungsraum des E.S.C.H.E.-Instituts und selbstverständlich ohne Feuerzauber.

Was war zu hören?
Die Walkürern [alle Namen s.u.] zelebrieren ihr "Hojotoho"-Geschrei im Seminar- oder Schulungsraum des E.S.C.H.E.-Instituts; sie berichten von ihren Erfahrungen während diverser "Feldforschungen", die sie auf dem Schlachtfeld unternahmen.

Anja Kampe (Brünnhilde), die sich nach und nach immer mehr steigerte, hat eine stimmliche Präsenz erreicht, die ihresgleichen suchen dürfte.

Die absolute Abräumerin der Aufführung war die litauische Sopranistin Vida Miknevičiūtė (Sieglinde); vorgestern beim Rheingold, wo sie als Freia eingesprungen war, störte ich mich noch an dem vehemten Zittern ihrer Stimme - gestern hielt sie's irgendwie im Zaum, sodass es mich dann plötzlich nicht mehr störte; und sofort dachte ich an Gundula Jannowitz (die noch viel hörbarer als unsere Vida in der Stimme zitterte), ja und ich war und bin ein echter Fan von ihr. Vidas Sieglinde: umwerfend, sensationell!!

Die Fricka Claudia Mahnkes war - vergleicht man sie zu der von vorgestern - ungleich gerissener, auch stimmlich schlug sie noch viel besser durch als wie im Rheingold.

Mika Kares ist ein raumfüllender Hunding, singt und spielt geradezu gewalttätig!

Der Siegmund Robert Watsons erntete zum Schluss viel Buhs; ich hatte/ habe hierfür null Verständnis.

Und Michael Volle sang bis kurz vorm Anschlag, machte aber heldenhaftermaßen fast an keiner Stelle seiner Mordspartie irgendwie schlapp.

Die Staatskapelle Berlin ist klanglich kaum wiederzuerkennen - sie war zwar schon immer erste Sahne, aber unter Christian Thielemann, der sie zu ungewöhnlich neuen oder (besser:) anderweitigen "Räuschen" und v.a. absoluter Transparenz und Klarheit antreibt und ver-führt, macht sie tatsächlich einen weiteren enormen Qualitätssprung! Thielemanns Tempi sind extrem breit, und er neigt an wenigen aber strikt ausgewählten Stellen zu extraordinären Gefühlsausbrüchen, die sich allerdings dann immer wieder schneller als man denkt in bedeutend schlichter geratenes Schlecht- oder Schönwetter verwandeln.

Viel bisher Ungehörtes, Neuland für die Ohren.


Andre Sokolowski - 4. Oktober 2022
ID 13837
DIE WALKÜRE (Staatsoper Unter den Linden, 03.10.2022)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Inszenierung und Bühnenbild: Dmitri Tcherniakov
Kostüme: Elena Zaytseva
Licht: Gleb Filshtinsky
Video: Alexey Poluboyarinov
Dramaturgie: Tatiana Werestchagina und Christoph Lang
Besetzung:
Siegmund ... Robert Watson
Sieglinde ... Vida Miknevičiūtė
Hunding ... Mika Kares
Wotan ... Michael Volle
Brünnhilde ... Anja Kampe
Fricka ... Claudia Mahnke
Gerhilde ... Clara Nadeshdin
Helmwige ... Christiane Kohl
Waltraute ... Michal Doron
Schwertleite ... Alexandra Ionis
Ortlinde ... Anna Samuil (statt Anett Fritsch)
Siegrune ... Natalia Skrycka
Grimgerde ... Anna Lapkovskaja
Rossweiße ... Karis Tucker (statt Kristina Stanek)
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 3. Oktober 2022.
Weitere Termine: 16., 30.10.2022/ 05.04.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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Neuer RING an der Staatsoper Unter den Linden (1) | Das Rheingold

Neuer RING an der Staatsoper Unter den Linden (3) | Siegfried

Neuer RING an der Staatsoper Unter den Linden (4) | Götterdämmerung



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