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Premierenkritik

Siegfried-Auftritt(e):

Andreas Schager



Bildquelle: staatsoper-berlin.de

Bewertung:    



Gestern (6. Oktober) fand Siegfried statt:

*

Was war zu sehen und zu hören?
Ganz zuallererst der Auftritt von Andreas Schager in der Titelrolle! Der Tenor spielte und sang ihn schon in der letzten Gesamtdarbietung des "alten" Cassiers-RINGs in der Staatsoper im Schiller Theater, das war im Sommer 2016. Und (viel wichtiger, v.a. für Schager selbst): Er war auch Siegfried in der spektakulär-unterhaltsamen Inszenierung von Valentin Schwarz bei den zurückliegenden Bayreuther Festspielen; da gab er zwar "nur" den Siegfried-Siegfried, doch der schien ihm umso größere Spielfreude und -lust zu bereiten, wie ich das im Sommer live vor Ort beobachten konnte.

In der aktuellen Inszenierung von Dmitri Tcherniakov war dann auch, nicht bloß für ihn, geraumes Potenzial an Fröhlichsein & Singen zu bemerken; insbesondere im letzten Akt schien sich das endlos ansingende Traumpaar - er und Anja Kampe (als Brünnhilde) - an die ähnlich wie im Tristan, wo es schon mal an der kniffligsten der kniffligen Emotionalstellen beim Einverleiben seines Liebestranks ausladend lustig zugegangen war, vollzogene Nichtunterdrückung seines Lachkrampfs zu erinnern. Es sah aus, als wollten beide, wenn sie schon mal wegen Christian Thielemann, der ihrem endlos scheinenden Duett eine grandiose Zeitlupe von unvorstellbar breiter Dauer vorschrieb und verpasste, sosehr langsam und mitunter allzu lautstark singen mussten, gegen diese Art von Zumutung ironisch rebellieren, und da hatte sie der Regisseur natürlich klimbimartig gut geführt.

Der erste Akt (aber nur der!) war von der Inszenierung her stinklangweilig. Tcherniakov nutzte hier dieselbe Studiowohnung, wie sie Hunding & Sieglinde am Anfang der Walküre vorübergehend bewohnten, als Beherbergungsort für Mime & Siegfried; und auch hier wird das beforschte Experimentalgeschehen - wir erinnern uns an Tcherniakovs Grundkonzept mit dem Forschungszentrum E.S.C.H.E., was er auch dann diesmal konsequent durchspielt und -hält - vom Weltenlenker Wotan-Wanderer per Einwegspiegel seines direkt dahinter befindlichen Arbeitszimmers beobachtet und kontrolliert. Szenisch passiert so gut wie nichts, was erstrangig am ellenlangen Doppel-Ratespiel zwischen Wanderer & Mime liegt... Aufgefrischt und -gemuntert wird das alles, wenn hiernach Jungsiegfried, statt das Schwert zu schmieden, die Studiowohnung kurz und klein schlägt. Nun ja, warum auch nicht.

Nach der ersten und der zweiten Pause folgen dann die beiden Glanzstücke der Siegfried-Inszenierung:

Der im Forschungszentrum zu Spezialversuchen festgehaltene Fafner (Peter Rose) wird von zwei Wärter-Bullen auf den ahnungslosen Siegfried losgelassen; wahrscheinlich war ein kannibalistischer Defekt diagnostiziert worden, weswegen der Patient mit Gesichtsmaske und Zwangsjacke vorgeführt wurde - nichtsdestotrotz kommt Siegfried mit dem Typen ohne Weiteres klar und streckt ihn nieder... Das Waldvöglein (Viktoria Randem) erscheint als neurologische Assistentin, die die Spezialtherapie an Siegfried gesondert zu betreuen hat; sechs oder sieben Versuchsphasen wären da zu absolvieren, "Waldweben", "Meditation", "Suche nach dem inneren Helfer", "Konfrontation mit dem Konflikt" oder "Realisierung eines unbewussten Wunsches" - auch bei Valentin Schwarz in Bayreuth war das Waldvöglein personifiziert, bei ihm war es halt die Privatpflegerin des kurz vom Siechtod stehenden Multimillionärs Fafner.

Eine kabarettistische Sternstunde lieferten sich Michael Volle (Wanderer) & Anna Kissjudit (Erda) - er hat mit ihr ein Tête-à-Tête zum Thema Wissen und Wissensdurst; sie schlürft ihren Earl Grey, er hört ihr zu, und dann geht er ihr fast an die Gurgel, weil er nicht das von ihr erfährt, was er von ihr erfahren wollte; nur Stress im Institut! Absolut sehenswert und fast noch eine Steigerung zu der vergleichbaren Castorf-Siegfried-Szene, wo Erda ihrem Ex (also Wotan) ganz nebenbei noch einen bläst; das war schon unvergesslich.

Alles in allem:

Die Staatskapelle Berlin spielt fett und breit und klingt dabei trotz allem traumhaft schön.

Auch Johannes Martin Kränzle (Alberich) und Stephan Rügamer (Mime) steuerten von ihrer Seite nicht nur Stimmliches, sondern auch hochvorzüglich Schauspielerndes bei.

Ungebändigte, hysterische Begeisterung.




Andreas Schager (in der Titelrolle) und Peter Rose (als Fafner) in Siegfried, inszeniert von Dmitri Tcherniakov - an der Staatsoper Unter den Linden | Foto (C) Monika Rittershaus

Andre Sokolowski - 7. Oktober 2022
ID 13843
SIEGFRIED (Staatsoper Unter den Linden, 06.10.2022)
Musikalische Leitung: Christian Thielemann
Inszenierung und Bühnenbild: Dmitri Tcherniakov
Kostüme: Elena Zaytseva
Licht: Gleb Filshtinsky
Video: Alexey Poluboyarinov
Dramaturgie: Tatiana Werestchagina und Christoph Lang
Besetzung:
Siegfried ... Andreas Schager
Mime ... Stephan Rügamer
Der Wanderer ... Michael Volle
Alberich ... Johannes Martin Kränzle
Fafner ... Peter Rose
Erda ... Anna Kissjudit
Brünnhilde ... Anja Kampe
Der Waldvogel ... Victoria Randem
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 6. Oktober 2022.
Weitere Termine: 20.10./ 02.11.2022/ 08.04.2023


Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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