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Konzertkritik

Wieder da!

Daniel Barenboim und Martha Argerich bei den Berliner Philharmonikern

Bewertung:    



Weit über ein halbes Jahr bangten wir mit Daniel Barenboim (80), dass er sich von seiner schweren Krankheit, die er selbst, nachdem es scheinbar wirklich nicht mehr ging und er so einen Auftrirtt nach dem andern absagen musste, in den sozialen Netzwerken kommunizierte, erholte und er "zu uns", seinen Musikerinnen und Musikern, seinen Fans zurückkehrte. Jetzt ist er also wieder da! Den Startschuss gab er zum Jahreswechsel, als er Beethovens Neunte in der Staatsoper Unter den Linden (seiner bisherigen Hauptwirkungsstätte, von derem GMD-Amt er vor ein paar Tagen mit Wirkung zum 31. Januar überraschend zurücktrat) mit der Staatskapelle musizierte.

Ja und gestern war das letzte seiner drei (regulär geplanten) Konzerte mit Martha Argerich und den Berliner Philharmonikern. Die ursprünglich angezeigte Werkabfolge mit Tschaikowskys b-Moll-Klavierkonzert und Lutosławskis monumentalem Konzert für Orchester änderten die zwei zugunsten von Schumanns einzigem Klavierkonzert und Brahms' 2. Sinfonie - so kriegte der Abend eine melancholische, beinahe privatime Komponente; bekanntermaßen hatten Schumann und Brahms, und nicht allein wegen ihrer de facto gelebten bzw. ungelebten Liebe zu ein und derselben Frau (Clara Schumann geb. Wieck) ein schon besonderes Verhältnis zueinander.

Und man glaubt's fast nicht, dass die zwei Argentinier, die sich schon so ewig lange kennen, bei dem deutschen Vorzeigeorchester erstmals überhaupt gemeinsam auftraten, es war dann also ein Debüt für sie. (Zuletzt erlebte ich die beiden in einem Staatskapelle-Konzert beim MUSIKFEST BERLIN 2021; da spielten sie übrigens auch Schumanns Klavierkonzert.)




Martha Argerich und Daniel Barenboim bei den Berliner Philharmonikern -
vom 6. bis 8. Januar 2023 | Foto (C) Monika Rittershaus

*

Die Krankheit hat Barenboim sichtbar zugesetzt, er sieht verändert aus, hat unverhältnismäßig abgenommen. Die Bewegungen manifestieren einen starken Willen und sind gleichsam vorsichtig. Er spricht sehr leise (was bei seiner Ansage der Zugabe mit "Kleiner Mann, kleine Frau" aus Georges Bizets Jeux d'enfants zu hören war; da spielte er den Melodiepart auf der rechten und Argerich die begleitenden und tieferen Noten auf der linken Hälfte der Klaviatur).

Schumanns Klavierkonzert sowie Brahms' Zweite wirken eigentümlich "entlustigt" und entschwerelost, als würde Barenboim sich klar darüber sein, dass er die beiden Werke nicht mehr allzu oft vom Pult aus leiten könnte. Man ist geneigt in ihnen resp. in der Interpretation und Sichtweise des Dirigenten eine Art von Abschiedsattitüde konstatiert zu haben. Fast wollte ich sagen, es hierbei - was unfassbar grandios und zwingend auf mich übergriff - mit Psalmvertonungen zu tun gehabt zu haben. Unvergesslich.

Standing Ovations.


Andre Sokolowski - 9. Januar 2023
ID 13993
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 08.01.2023)
Robert Schumann: Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54
Johannes Brahms: Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73
Berliner Philharmoniker
Martha Argerich, Klavier
Dirigent: Daniel Barenboim


Weitere Infos siehe auch: https://www.berliner-philharmoniker.de/


https://www.andre-sokolowski.de

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