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Germania nach Heiner Müller an der Volksbühne Berlin | Foto (C) Julian Röder

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In diesem Jahr gabs auf den deutschen Bühnen Müller satt, Anlass war Heiners neunzigster Geburtstag. Und wer mochte, konnte sich durchaus sowas wie einen annehmbaren Querschnitt der womöglich repräsentativsten Stücke Heiner Müllers vorstell'n lassen. Ja und falls die "Nachgeborenen" (vor allem die!) auch etwas anderes als die derzeit verstärkt wieder kursierende Verschrumpfungsformel ihres Eltern- und Geburtsorts DDR als "Unrechtsstaat" vermittelt haben wollten, hatten sie Gelegenheit dieses vermittels Wort & Werk vergleichend kritisch abzuklopfen.

Müller ist und bleibt für mich der dichteste und dichtendste Chronist (ost-)deutscher Vor- und Nachgeschichte; dass er an der sogenannten Wende schlussendlicher Weise scheiterte und ihr nichts weiterführend Positives zu bescheinigen mehr in der Lage war, bekräftigte vielleicht auch seine ausweichende Flucht nach Bayreuth, wo er sich mit Wagners Todessucht-Orgie um Tristan und Isolde auseinandersetzte; und vom Grünen Hügel kehrte letztlich nicht nur er als Krebskranker zurück ins Tal, auch Schlingensief ereilte dieser atheistisch-merkwürdige und wohl gottgewollte Schicksalsschlag.

*

Die zwei Germania-Stücke (Germania Tod in Berlin und Germania 3) sind dahingehend brauchbar und interessant, weil ihre jeweiligen Ur-Erschaffenszeiten vor UND nach der sogenannten Wende liegen, und man kann in ihnen also nachlesen, welche "germanische" Geschichtsauffassung Heiner Müller vor/in/nach der DDR zueigen war. Die beiden Texte lassen sich durchaus als lose Aneinanderreihungen von jeweils austauschbaren Szenen (Stück-im-Stück-Verfahren) lesen; die Verführungen der RegisseurInnen, dies nach Belieben derart auch zu tun ist also groß und opportun.

Mit ungeizigem Aufwand steuerte nunmehr die Volksbühne Berlin ihr Müller'sches Geburtstagsständchen bei. Die optisch wie akustisch ausufernde Eigenproduktion - das Allerbeste und Gelungenste an ihr ihre Quasi-Veroperung durch klassisch ambitionierte und von Dirigent Mark Scheibe komponierte Live-Musik, gespielt von einem auf der Drehbühne positionierten Live-Orchester, gesungen von einem Live-Herrenchor und den drei hochvorzüglich ihrer Rheintöchter- und Nornenrolle gerecht werdenden Opernsängerinnen Friederike Harmsen, Rowan Hellier & Narine Yeghiyan (!!!) - schien weit mehr als voll aufs Ganze gehen zu wollen.

Zusammenfassend tat sich dieser Kraftakt allerdings mehr oder weniger als regieeller Selbstverwirklungszwang Claudia Bauers wirkungsvoll entpuppen, und ihr handwerklicher Ansatz hatte willkürlich Beliebiges. Die Regisseurin griff in diese oder jene Kiste, und von Müllers ursächlichen Stück-Dramaturgien war infolge dessen wenig oder nichts Vernünftiges mehr nachzuprüfen oder wiederzuerkennen; dass das henschelSCHAUSPIEL derart durchgeh'n ließ, verwunderte dann schon. Auch kam die Bauer über eine nahezu 90-prozentige (ja und selbstredend viel, viel "schlechter" daher kommende) Castorf-Kopiererei mit dessen hinlänglich bekannten und erprobten Videofizierungsmitteln nicht hinaus.

Alles in Allem freilich:

Engagierter Eigenbeitrag zu besagten "90 Jahren Heiner Müller".




Germania an der Volksbühne Berlin | Foto (C) Julian Röder

Andre Sokolowski - 1. November 2019
ID 11774
GERMANIA (Volksbühne Berlin, 31.10.2019)
nach Heiner Müller

Regie: Claudia Bauer
Bühne: Andreas Auerbach
Kostüme: Patricia Talacko
Licht: Hans-Hermann Schulze
Musik und musikalische Leitung: Mark Scheibe
Korrepetition: Hans-Jürgen Osmers
Video: Rebecca Riedel
Dramaturgie: Stephan Wetzel
Mit: Malick Bauer, Katja Gaudard, Sebastian Grünewald, Peter Jordan, Amal Keller, Paula Kober, Mathis Reinhardt und Emma Rönnebeck sowie den PuppenspielerInnen Sebastian Ryser, Lina Mareike Wolfram, Zenghao Yang und den SängerInnen Friederike Harmsen, Rowan Hellier, Narine Yeghiyan sowie
einem Herrenchor und einem Orchester
UA von Germania Tod in Berlin an den Münchner Kammerspielen: 20.04.1978
UA von Germania 3 am Bochumer Schauspielhaus: 27.05.1996
Premiere an der Volksbühne Berlin: 17. Oktober 2019
Weitere Termine: 10., 16.11.2019


Weitere Infos siehe auch: https://www.volksbuehne.berlin


http://www.andre-sokolowski.de

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