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Final Fantasy im 3. Stock der Volksbühne Berlin | Foto (C) Katrin Ribbe

Bewertung:    



Erst letzte Spielzeit verantwortete Ersan Mondtag am Maxim Gorki Theater eine Salome nach Oscar Wilde mit einem als sieben Zwerge verkleideten Jochanaan und Benny Claessens als nackte, schmollende Prinzessin, nun legt die Volksbühne kurz vorm 3. Advent mit diesem Stoff als Weihnachtsmärchen vom anderen Stern nach. Im 3. Stock gibt die hochgelobte Jungregisseurin Lucia Bihler ihr Debut als Hausregisseurin der zweijährigen Intendanz von Klaus Dörr, der allerdings bisher kein sehr glückliches Händchen mit seinen Einkäufen hatte. Und was Lucia Bihler als Hausregisseurin prädestiniert, wird nach ihrer Final Fantasy genannten Salome-Adaption auch nicht wirklich klar.

Die Frage nach der „Lust als Trieb, als Mythos, Tabuthema, als Verbot, Befreiung, Sünde und Privileg, als Machtinstrument, als Manipulationswerkzeug, als Konstruktion“ ist das Thema der Inszenierung, die die Handlung um die schöne Herodias-Tochter, Prinzessin Salome, in eine unbestimmte Zukunft auf einen fernen Planeten verlegt und von sichtlich geschlechtlosen Aliens spielen lässt. Dabei stecken die SchauspielerInnen in glänzenden Ganzkörper-Kostümen mit Köpfen wie Marsianer und offenen Mündern, die sie staunen machen über das eigene Gesagte. Gespielt wird relativ textgetreu und affektiert auf einer Bühne, die wie von Aubrey Beardsley gestaltet scheint.

Den klassisch schwülstigen Text (Übersetzung: Peter Torberg und Christine Hoeppener) konterkarieren die glitschig wirkenden Alienkostüme. Zwischen den Szenen werden Videos von kopulierenden Alienkörpern und andere wie Froschleich aussehende Bilder auf einen Gazevorhang projiziert. Der religiöse Eiferer Jochanaan (Simon Mantei) ist mit durch Voice-Changer verzerrter Stimme aus dem Off zu vernehmen. Das ergibt eine zwar recht düster artifizielle Ästhetik, wie man sie auch von Ersan Mondtag kennt, hat aber auch etwas bedingt Komisches, wenn der von Salome (Teresa Schergaut) begehrte Täufer wie beim Sado-Maso-Spiel am Gängelband geführt und mit der Peitsche traktiert wird, oder einer der Aliens sich wie Krieg-der-Sterne-Roboter C-3PO bewegt.

Final steht Salome dann mit dem Haupt des Täufers in der Gruppe der staunenden Aliens. So weit kann es gehen mit den Trieben. Der Sinn des ganzen Fantasy-Märchens erschließt sich aber kaum, wären da nicht noch zwei eingeschobene Fremdtexte. Die Aliens lesen in einem Buch über die Frau als sexuell sündhaftes Wesen und Verführerin in der Weltliteratur und abendländischen Geistesgeschichte (Text: Elisabeth Fenzel). Die Schauspielerin Maria Walser, im Stück auch als Trägerin der ständig angeschmachteten Mondsichel unterwegs, spricht dann noch sogenannte eigene „Mondtexte“. Aufgesetzte Bedeutungshuberei für eine ansonsten enttäuschend belanglose und selbst in nur 80 Minuten ermüdende szenische Versuchsanordnung, die für eine studentische Studioproduktion noch angehen mag. Letztendlich will sich das angekündigte Kuriosum der Lust in diesem sterilen Kunstsetting nicht wirklich einstellen. Demnächst auf der großen Bühne muss Lucia Bihler dann doch schon wesentlich mehr zeigen.




Final Fantasy im 3. Stock der Volksbühne Berlin | Foto (C) Katrin Ribbe

Stefan Bock - 14. Dezember 2019
ID 11883
FINAL FANTASY (3. Stock, 13.12.2019)
nach Oscar Wildes Salomé

Konzept & Regie: Lucia Bihler
Künstlerische Beratung: Sonja Laaser
Bühne: Laura Kirst
Kostüme: Leonie Falke
Video: Rosanna Graf
Musik: Nicolas Fehr
Licht: Denise Potratz
Dramaturgie: Hannah Schünemann
Mit: Katja Gaudard, Simon Mantei, Daniel Nerlich, Teresa Schergaut und Maria Walser
Premiere an der Volksbühne Berlin: 12. Dezember 2019
Weitere Termine: 15., 27., 28., 29.12.2019 // 21., 22., 25., 26.01.2020


Weitere Infos siehe auch: https://www.volksbuehne.berlin/de/


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