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nachDRUCK # 6

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Premierenkritik

Weibliche

Naturrituale



(C) Esra Rotthoff

Bewertung:    



Einen Tag nach Halloween starten Yael Ronen & Ensemble am Maxim Gorki Theater mit ihrer Rewitching Europe-Performance. Was zunächst mit einem Monolog von Lindy Larsson, dem einzigen männlichen Performer des Abends, über „Pasta People“, die in ferner Zukunft verständnislos staunend auf Knochen des Menschen aus der Plastikzeit schauen, beginnt, schreitet schnell zur weiblichen Rettung der im Auslöschungsmodus befindlichen Menschheit, bei der Lea Draeger, Riah May Knight, Orit Nahmias, Ruth Reinecke und Sesede Terziyan ein schamanisches, mit Blutritual zelebriertes Zurück zu Mutter Erde propagieren. Bei alten Erzählungen über frühere Gesellschaften mit weibliche Schamaninnen, die im Einklang mit der Natur lebten, bis Habgier und männliche Gewaltherrschaft dem ein Ende machten, die Frauen als Hexen verfolgt wurden und ihre Fähigkeiten in Vergessenheit gerieten, hält sich der Abend allerdings nicht lang auf.

Gorki-Urgestein Ruth Reinicke erzählt von einem Traum, in dem ihr ihre Großmutter erschienen ist und sie zu einer ominösen Kultstätte in der Unterbühne des Gorki geführt hat, wo bei Sanierungsarbeiten die Knochen einer prähistorischen Venus gefunden wurden. Eine weibliche Fruchtbarkeitsgöttin mit großen Brüsten, ähnlich der Venus von Willendorf in der österreichischen Wachau. Viele alte Kulturen hatten solche oder ähnliche Kultfiguren, die „Ruth, die Venus vom Gorki“, nun als Figurine in der Hand hält und die in den Videoanimationen von Hanna Slak und Nina Paley über einen Gazevorhang flimmern. Menstruationsblut soll hier als Verbindung zu Mutter Erde fungieren, und die Frauen schwenken dann, wenn auch zunächst etwas zögerlich, ihre Tampons.

Ein interessantes feministisches Thema, das der Abend allerdings etwas zu leichtgewichtig wieder verschenkt und ganz auf die aktuelle Kritik an der allgegenwärtigen Umweltzerstörung und -politik umschwenkt bis zum geflügelten Greta-Thunberg-Zitat „How dare you!“. Ironisch gebrochen wird das hier allerdings eh nicht allzu ernst gemeinte Naturritual durch lustige Zwischendialoge wie dem vom als Wagners Opernfigur Erda im schwedischen Wald umherirrenden Lindy Larson, der auf Orit Nahmias als sprechenden Elch trifft, der ihm prophezeit, der Auserwählte zu sein, der dann schlussendlich stellvertretend für alle Männer das böse Patriarchat auskotzen darf. Zwischen mythischer Naturkatastrophe „Ragnarök“ und weiblichem Initiationsritus zur Rettung der Umwelt schlingert der sonst ganz sympathische Abend doch etwas unfokussiert von einem Song zum nächsten.




Wer noch ein wenig mehr Kunst sehen will, dem sei der momentan laufend 4. Herbstsalon des Maxim Gorki Theater empfohlen, wo es u.a. die tolle akustische Rauminstallation Witch Hunt III von Delaine Le Bas (der Bühnenbildnerin des gestrigen Abends) oder die Zeichnungsinstallationen 1000 Ökonomische Päpste und Die Heiligen mit denen Schauspielerin Lea Draeger ihre katholisch geprägte Kindheit verarbeitet, zu sehen gibt. Starke Videos von Künstlerinnen wie Yael Bartana, Candice Breitz, Grada Kilomba und Regisseurin und Chorführerin Marta Górnicka, die gerade mit ihrer Münchner Produktion Jedem das Seine - Ein Manifest im Gorki gastierte, runden das Ganze ab.
Stefan Bock - 2. November 2019
ID 11779
REWITCHING EUROPE (Maxim Gorki Theater, 01.11.2019)
Regie: Yael Ronen
Bühne: Heike Schuppelius
Kostüme: Delaine Le Bas
Musik: Yaniv Fridel, Ofer Shabi
Licht: Gregor Roth
Dramaturgie: Jens Hillje
Künstlerische Mitarbeit: Lauren Cooney
Video Design: Hanna Slak
Animation: Nina Paley und Hanna Slak
Mit: Lea Draeger, Riah May Knight, Lindy Larsson, Orit Nahmias, Ruth Reinecke und Sesede Terziyan
Premiere war am 1. November 2019.
Weitere Termine: 02., 03., 11.11.2019


Weitere Infos siehe auch: https://gorki.de/


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