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Rezension


Alvin Ailey American Dance Theater

Bis 28. August 2011 auf Deutschlandtournee



Ein einzelner Tänzer bewegt sich auf der fast dunklen Bühne. Er hält ein kleines Licht in Händen, das er in die Höhe fliegen lässt. Vielleicht eine Erinnerung an die Anfangszeit 1958, als der Afro-Amerikaner Alvin Ailey so kühn war, eine Tanzkompagnie zu gründen, die überwiegend aus afro-amerikanischen Tänzern und Tänzerinnen bestand. Er wollte ein Forum für die künstlerischen und spirituellen Fähigkeiten schaffen, die Schwarze zum allgemeinen Kulturgut beitragen. Das alles geschah zur Zeit der Rassenunruhen in den USA. Im Jahr 2008, zum 50. Jahrestag ihres Bestehens, wurde die Kompagnie zum „Kulturbotschafter“ der Vereinigten Staaten ernannt, ein Titel, der ihnen Ehre und Verpflichtung zugleich ist. - Am Ende des ersten Stückes „Love Stories“ ist der Hintergrund der Bühne mit vielen Lichtern bestückt, denen sich das Ensemble zuwendet.

„Love Stories“ stammt aus dem Jahr 2004 und wurde von Alvin Aileys Nachfolgerin, Judith Jamison, choreographiert. Es entstand in Zusammenarbeit mit dem Hip-Hop-Pionier Rennie Harris und Robert Battle, einem ehemaligen Tänzer der Kompagnie, der seit Juli 2011 der Künstlerische Leiter des Ensembles ist. Die Musik stammt von Stevie Wonder „It’s Magic“ und Clarence Paul-Henry Cosby. Darrin Ross hat Originalkompositionen dafür geschrieben und produziert. Das Stück dauert ungefähr 30 Minuten. Die ersten zehn Minuten lang war das Publikum mucksmäuschenstill. Dann war aber kein Halten mehr. Die „Love Stories“ fanden unter lautstarken Beifallsbekundungen statt.

\"Love Stories\" Vom kleinen Funken zum Lichtermeer (c) Helga Fitzner und Alvin Ailey American Dance Theater
„Takademe“ (1999 choreographiert von Robert Battle) ist ein dreiminütiges Stück nach Klängen des indischen Kathak-Tanzes und dem rhythmischen Silbengesang von Sheila Chandra. In Köln wurde es als Solo von dem Japaner Kanji Segawa vorgeführt, der durch seine tänzerische Leistung und seinen Humor das Publikum begeisterte.

In „The Hunt“ (2001 choreographiert von Robert Battle) tanzen sechs Männer nach Trommelklängen des französischen Perkussion-Ensembles „Les Tambours du Bronx“. Es ist ein martialisches Stück. Die Männer tanzen mit freiem Oberkörper und schwarzen Hosenröcken, die der japanische Hakama-Bekleidung ähnlich sind, wie sie auch in den Martial Arts eingesetzt werden. Es geht um Jäger und Gejagte und ist die archaischste Choreographie des Abends. Im Interview erklärte Robert Battle: „Wir haben solche Freiheiten, weil wir eine Repertoire-Kompagnie sind. Da können wir eine solche Bandbreite von verschiedenen Themen realisieren. Wir wollen auf der einen Seite der über 50-jährigen Geschichte Rechnung tragen, ohne aber ein Museum daraus zu machen. Wir versuchen bei Neuerungen, die Grundidee Alvin Aileys intakt zu halten. Vieles von dem, was Ailey in den 60-er Jahren gemacht hat, ist heute noch relevant. Wie viele Künstler, war er seiner Zeit voraus. Für Ailey waren die Tänzer nicht nur Körper, die sich in einer vorgegebenen Weise perfekt zu bewegen hatten. Er legte Wert darauf, dass die Tänzer ihre Persönlichkeit mit einbringen konnten. Das sehe ich auch als meine Hauptaufgabe als Künstlerischer Leiter an, denn nur, wenn sie sich als Individuen wahrgenommen fühlen und sich ausdrücken können, bleibt der Funke erhalten.“

\"The Hunt\": Archaisches Tanztheater, (c) Paul Kolnik und Alvin Ailey American Dance Theater
Der dritte Teil des Abends ist Alvin Ailey gewidmet, dessen Person und Arbeit in einem fünfminütigen Film gezeigt wird. Danach folgt ein Klassiker unter seinen Choreographien „Revelations“, das tatsächlich eine Art Offenbarung ist. Ailey verband hier zwei große Tanzkulturen, den Modern Dance auf Basis der Horton-Technik und die Spiritualität der afrikanischen Tanztradition. „Das ist allgemeingültig“, erklärt Robert Battle im Interview: „Jede Kultur hat in ihren Ursprüngen eine Form von Tanz. Das waren in der Regel rituelle Tänze. Das erkennen alle Zuschauer wieder. Immer wenn man Tänzer in einem Kreis sieht, erweckt das eine Art genetischer Erinnerung aus Urzeiten. Wenn jemand aus einem Kreis ausbricht, versteht das jeder. Wenn die Tänzer sich weg bewegen, erzeugt das eine Distanz zum Publikum. Die Körpersprache sprechen wir jeden Tag und bewusst oder unbewusst verstehen wir sie. Tanz ist ja eine universelle Sprache.“

„Revelations“ (1960 von Alvin Ailey choreographiert) ist ein dreiteiliges Stück von 38 Minuten Länge. Im ersten Teil „Pilgrim of Sorrow“ geht es um das Leid und die Bürde des Lebens, an der vor allem die schwarze Bevölkerung der USA schwer zu tragen hat(te). „Take Me To the Water“ sind Gospels rund ums Taufen, wie Alvin Ailey sie in seiner Jugend in der Baptistengemeinde kennen gelernt hat. Im dritten Teil „Move, Members, Move“ bewegen sich nicht nur die Tänzer, auch die Zuschauer können kaum noch still sitzen. Die befreienden Gospels „The Day Is Past and Gone“, „You May Run On” und “Rock My Soul in the Bosom of Abraham” entfesseln auch Publikum.

Robert Battle, der neue Künstlerische Leiter, (c) Brian Guilaux und Alvin Ailey American Dance Theater
Die Alvin Ailey American Dance Company hat als Kulturbotschafter ihres Landes auch ein politisches Profil. Auf die Frage, wie Robert Battle die aktuelle (Nicht-) Bewältigung der Schuldenkrise sieht, antwortet er: “Natürlich bekommen wir die Nachrichten mit, aber als Künstler müssen wir manchmal so einen Tunnelblick einnehmen, um den Fokus zu halten. Das gilt aber für vieles. Um das zu machen, was wir tun, müssen wir einiges ignorieren, was in der Realität vor sich geht. Als Alvin Ailey die Company gründete, war das zu einer Zeit rassistischer Ausschreitungen in den USA. Da hat er tatsächlich ein afro-amerikanisches Ensemble gegründet. Heute haben wir mehrere Ethnien vertreten, sind aber immer noch hauptsächlich afro-amerikanisch. Wir merken schon, dass es da immer noch Ressentiments gibt, aber wir tun unsere Arbeit. Unsere Leitfiguren, wie Martin Luther King jr. haben uns inspiriert, Feindseligkeiten gewaltfrei zu überwinden. Auch wir versuchen, Anfeindungen, in welcher Gestalt sie uns auch immer vorkommen mögen, nach solchem Vorbild zu überwinden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade in unruhigen und harten Zeit, die Kunst aufblüht. Weil es uns manchmal ein Stück von diesen Dingen befreit.“

2. bis 14. August 2011 in der Philharmonie, Köln
16. bis 21. August 2011 in der Alten Oper Frankfurt am Main
23 bis 28. August 2011 in der Staatsoper Hamburg


Helga Fitzner, 5. August 2011
ID 00000005317

Weitere Infos siehe auch: http://www.alvinailey.org/





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