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THEATER DER WELT | Düsseldorf, 17.06.-04.07.2021

Andares

Héctor Flores Komatsu


Bewertung:    



Das ist episches Theater im strengsten Verständnis. Drei Männer, Josué Maychi, Lupe de la Cruz und Domingo Mijangos, erzählen, begleitet von der fantastischen Sängerin Tania Chan, ihre Geschichte in Ich-Form und im Präteritum. Sie stellen, wovon sie sprechen, mit sparsamen gestischen und mimischen Mitteln dar, unaufdringlich, einfallsreich. So wird ein Kolibri angedeutet wie von einem Pantomimen nach dem Vorbild von Marcel Marceau.

Die Erzählungen stehen in der Tradition des magischen Realismus. Sie greifen zurück auf Ursprungsmythen und glauben an eine beseelte Natur. In ihnen ist ein Animismus aufbewahrt, der im Widerspruch steht zum modernen Rationalismus, aber auch in unserer Zivilisation (zunehmend?) Anhänger haben dürfte. Ob man ihm freilich huldigt oder nicht: seine poetische Qualität kommt in Andares von Héctor Flores Komatsu, der auch Regie führte, und dem Makuyeika Colectivo Teatral aus Mexiko voll zum Tragen.

So dichterisch und metaphernverliebt Andares sich freilich gibt: es ist keineswegs unpolitisch. Tania Chan widmet eine Liedeinlage ausdrücklich „allen Frauen, die noch vermisst werden“. Frauen sind nicht in einem oberflächlichen Sinn das Thema dieses Abends, aber sie kommen in vielfältiger Form vor: als die Großmutter, die sich mit ihrem Enkel nicht verständigen kann, weil sie die fast ausgerottete Sprache der indigenen Maya spricht, als das Geschlecht, dem sich ein zweiter Erzähler im Körper eines Mannes zugehörig fühlt.

Hier schöpfen drei Schauspieler und eine Musikerin, alle selbst indigener Herkunft, aus ihren persönlichen Erfahrungen und ihren kollektiven Überlieferungen. Auf den ersten Blick könnte man eine Verwandtschaft mit authentizitätsfixierten Unternehmungen wie Rimini Protokoll vermuten. Davon jedoch unterscheidet das kleine Ensemble der Mangel an Nabelschau und die poetische Kraft. Gerne wüsste man jedenfalls von jenen deutschen Rezensenten, die voll des Lobes sind für die Einheit von Figur und Darsteller und zugleich begeistert, wenn man – beim Handspring Puppet Theatre – eine Holzfigur für einen lebendigen Menschen halten kann, was ihr ästhetisches Credo ist. Haben sie eines? Oder folgen sie bloß bedingungs- und ahnungslos dem Supermarktprinzip eines Festivals, das als Angebot und Bestandsaufnahme seine Berechtigung hat, vom Kritiker jedoch eine Positionierung einfordert. Alles andere ist Opportunismus.



Andares von Héctor Flores Komatsu | Foto: Raúl Kigra

Thomas Rothschild – 26. Juni 2021
ID 13000
Weitere Infos siehe auch: https://www.theaterderwelt.de


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