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Das Münchner Kulturleben ist fürs erste gestorben. Wo zeigt sich dennoch Leben?

#wasistlos?????


Zwei Wochen ist es her, dass in München alle städtischen und staatlichen Theater geschlossen wurden. Auch die kleineren, freien Bühnen wie das Metropol, das Pathos-Theater oder das TamS, das Theater am Sozialamt, mussten dicht machen, die Mitarbeiter zu Hause bleiben. Seit einer Woche gibt es für uns alle strenge Ausgangsbeschränkungen. Das kommt einer Vollbremsung des kulturellen Lebens aus vollem Tempo gleich.

Was heißt es, wenn plötzlich ein Virus Regie führt und die Hauptrolle spielt?

Die Münchner Theater haben schnell reagiert. Vor allem mit Konserven. Jeden Tag steht zum Beispiel ein Mitschnitt einer aktuellen Inszenierung der Kammerspiele im Internet. Natürlich kein Ersatz für eine live-Besuch, aber einen Eindruck kann man gewinnen, sich interessieren, begeistern lassen, Versäumtes nachholen. Oder aber auch einfach wegklicken. Was anderes suchen. Auf STAATSOPER.TV bietet die Bayerische Staatsoper Videos-on-Demand von Opern- und Ballettaufführungen, und jeden Montag werden dort (im Live-Stream) Montagskonzerte in kleiner Besetzung übertragen. Viele andere Opernhäuser und Orchester stellen ebenfalls ein Online-Programm zur Verfügung, auch die Pasinger Fabrik, das kleinste Opernhaus der Welt.

Und es gibt Versuche, neue kreative Wege zu gehen. Über das Netz. Hier ein paar Beispiele.

Was machen Schauspieler, denen das Publikum, das Gegenüber abhanden gekommen ist? Menschen, deren Beruf(ung) es immer war, sich zu zeigen, auszustellen, in Kontakt zu treten. Die jetzt nicht einmal mehr vorsprechen können. Im Residenztheater lässt das Ensemble sich nicht einfach aussperren, sondern geht seit einer Woche jeden Tag ein, zwei Minuten online – live, improvisiert, witzig, nachdenklich: man führt das Tagebuch eines geschlossenen Theaters. Man heißt uns herzlich willkommen, auch wenn sich ein Schauspieler an der geschlossenen Tür eine blutige Nase holt. Man bittet uns, in dieser, unserer Vorstellung die Telefone ausnahmsweise laut zu stellen, zu fotografieren, zu twittern, uns also den Luxus der Erreichbarkeit zu gönnen. Klick auf ein Video: „Hallo, kann uns jemand hören? Ist da jemand?“ Nein. Und doch: Erst einmal Händewaschen - ordnungsgemäß zwei Happybirthdays lang. Noch ein Video: Wie bastle ich einen Mundschutz aus einer Unterhose? Video drei: sich schminken, raussteppen auf die Bühne? Nein, immer noch keiner da, also wieder zurück, Tischtennisspielen, Kartenhäuschen aufbauen, ein Liedchen von Abba trällern - oder Klassiker zitieren. Thomas Reisinger hat bei Paul Celan das Gedicht zum Thema gefunden. Es trägt tatsächlich den Titel Corona. Darin die Zeile: “Es ist Zeit, dass der Unrast ein Herz schlägt.“ Wie wahr, vor allem für die Zeit nach dem Virus!!!!

Ähnlich kreativ auch das Metropol-Theater, als private Einrichtung besonders hart getroffen. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag können sich SchauspielerInnen, Mitarbeiter und Freunde des Theaters zu Wort melden und ein kleines Video assoziativen Nachdenkens auf youtube einstellen. Jochen Schölch hat den Anfang gemacht und ermutigt zu Geschichten gegen die Krise. Nach Corona werde nichts mehr so sein, wie es war: „Wie es aber sein könnte, darüber sollten wir nachdenken.“ Der Schauspieler Gerd Lohmeyer ist der erste, der seiner Aufforderung folgt. Und er greift zurück. Auf den rätselhaften Hölderlin, der gerade seinen 250sten Geburtstag feiert. „Ein Zeichen sind wir, deutungslos…“ Wunderbar sensibel, wie er diesen Dichter zitiert, so möchte man ihn immer wieder hören: „Lang ist/ Die Zeit, es ereignet sich aber /Das Wahre.“

Das „Wahre“ und die Realität. Was wir alle so (oder so ähnlich) gerade erleben, formuliert ein Blog der Münchner Schriftstellerin Lena Gorelik, den sie zusammen mit dem Pathos-Theater online stellt: „Wenn die Welt eine andere wäre, also wenn die Welt so wäre, wie sie es vor kurzem noch war, wenn Corona ein Bier-Wort wäre, oder vielleicht gar kein Wort, dann würden wir alle, dann würde auch ich, dann“ … könnte sie sich ihrem gewohnten Alltag widmen. So aber beschreibt sie, was ihr jeden Tag widerfährt. Morgens um 6 Uhr die Tagesschau-App, der kalte Wind draußen, die Seniorenschreibgruppe, die um alles in der Welt nicht isoliert werden möchte, die ignorante Tante in Russland (sie meint alles Ernstes, das alles sei nur Panikmache, von Merkel erfunden). Quengelnde Kinder, infizierte Freunde, ein Wörterbuch der neuen Worte: Kontaktverbot, Ausgangssperre, Risikogruppe. Der Text soll später in eine Theaterproduktion für junge Zuschauer eingehen: Als die Welt rückwärts gehen lernte Die Premiere ist - optimistisch - für den 20. Mai geplant. Lena Gorelik freut sich übrigens über Rückmeldungen, Anregungen und Gedanken zu Ihrem persönlichen, neuen Alltag. Melden Sie sich bei ihr unter blog@pathosmuenchen.de

Hoffen wir, dass all diese Aktivitäten den Menschen zu Hause helfen. Und dass es gelingt, da und dort aus der Not eine Tugend zu machen. Vielleicht entstehen ja infolge dieses erzwungenen Stopps neue Ansätze, Formen, die einmal weiterentwickelt werden könnten. Dann, wenn wir alle hoffentlich gesund wieder zur Normalität zurückfinden dürfen.
Petra Herrmann - 27. März 2020
ID 12119

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petra-herrmann-kunst.de

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