Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 6

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Tanztheater

On

Fire



On Fire von Constanza Macras | Foto (C) John Hogg AugustinPR

Bewertung:    



Nachdem sich die argentinische Choreografin Constanza Macras 2014 in der Schaubühne mit der Erinnerung (The Past) und beim TANZ IM AUGUST 2015 mit der Geschichte chinesischer Akrobaten (Ghosts) beschäftigt hat, steht in ihrer neuen Produktion die Neubewertung von Erbe und Tradition im Kontext des afrikanischen Postkolonialismus und im Speziellen der Post-Apartheid in Südafrika im Mittelpunkt. Das Stück On Fire ist in Koproduktion mit südafrikanischen Künstler- und TänzerInnen entstanden und im Februar diesen Jahres in Johannesburg uraufgeführt worden. Am Maxim Gorki Theater fand nunmehr die europäische Premiere statt. Das Stück wird noch einmal im Januar dort zu sehen sein und dann weiter touren an das Thalia Theater Hamburg und das Teatro Comunale di Ferrara in Italien.

*

Der Abend zerfällt auffallend in zwei sehr unterschiedliche Teile. Er beginnt zunächst mit starken, intensiven - wie immer bei Macras -auch sehr körperbetonten Tanzszenen. So stehen sich z.B. ein schwarzer und ein weißer Tänzer gegenüber und versuchen aneinander vorbei zu kommen. Sie imitieren die Bewegungen, stoßen sich an und ab, beginnen sich dabei fast zu verknoten. Man könnte auch sagen Schwarz und Weiß, der afrikanische und westeuropäische Stil überblenden sich. Das wird sich noch einige Male wiederholen. Es gibt Sreet- und Breakdance-Einlagen. Ein Mann geht auf Krücken über die Bühne und ist im Video gedoppelt in einer Landschaft zu sehen.

Plötzlich wird der zunächst weiße Bühnenboden weggerissen und die schwarzen TänzerInnen beginnen sich zu traditionellen Trommel-Rhythmen zu bewegen. Der Untertitel „Erfundene Traditionen“ weist die Richtung. Es geht um traditionelles Erbe und Neuorientierung, um Klischees über den schwarze Körper in einer weißen und in der Selbstwahrnehmung der Afrikaner.

Macras arbeitet dabei natürlich auch wieder interdisziplinär. Die Musik kommt teils vom Band mit christlichen Chorälen, oder bis zur Unkenntlichkeit verlangsamten italienischen Opernarien, zu denen sich die TänzerInnen wie in Zeitlupe bewegen und ironisch klassische Ballettnummern persiflieren. Am eindrucksvollsten wird es aber, wenn zum Beat der Percussion-Sektion aus Schlagzeug und afrikanischen Trommeln gruppendynamisch getanzt wird. Hier kommen dann auch erste Wortbeiträge, die wie mythologische Erzählungen von Feuer, Erde und Göttern berichten.

Im zweiten Teil zerfällt der Abend etwas zu Gunsten vieler Einzelperformances. Es wird weiter erzählt, gestritten und ein Casting einer weißen Regisseurin für eine Shaka-Zulu-Show nachgespielt. Immer wieder gefrieren die TänzerInnen zu Tableaus, die den Fotografien der südafrikanischen Künstlerin Ayana V. Jackson nachempfunden sind, die in mehreren Fotoserien den ethnografisch- kolonialen Portraitstil dekonstruiert und mit modernen Symbolen verfremdet hat. So tragen die TänzerInnen Golf- und Tennisschläger zu westlichen oder auch traditionell afrikanischen Kostümen.

Der Diskurs dreht sich zunehmend um Identität, Gender, Metrosexualität, Travestie und afrikanische Tanztruppen, die ihre traditionelle Kultur für Chinesen darbieten. Es geht dabei vor allem um die Präsentation des schwarzen Künstlers in Tradition, Mythen und modernen Medien. Eine Schöpfungsgeschichte mit gewaltvollem Ende wird erzählt, oder der viel gecoverte afrikanische Hit Malaika gesungen. Das ist oft witzig, aber Macras beackert da auch etwas zu viele Baustellen. Sicher soll damit der erste Tanztheaterteil des Abends wieder etwas dekonstruieren werden, was aber leider auch sehr konfus, uneinheitlich und thematisch überladen wirkt. Soviel scheint klar: Aus Tradition soll eine Art Subversion erwachsen. Die Befreiung vom Klischee, das Finden einer eigenen, modernen afrikanischen Identität und Kultur.



On Fire von Constanza Macras | Foto (C) John Hogg AugustinPR

Stefan Bock - 1. Oktober 2015
ID 8903
ON FIRE (Maxim Gorki Theater, 29.09.2015)
Regie, Choreographie und Kostüme: Constanza Macras
Dramaturgie: Carmen Mehnert
Visual Artists: Ayana V. Jackson
Video Design: Dean Hutton
Sound Design: Jelena Kuljic /  Abigail Thatcher
Licht Design: Catalina Fernandez
Besetzungsliste:
Louis Becker / Emil Bordás / Lucky Kele / Jelena Kuljić / Fernanda Farah / Diile Lebeko / Mandla Mathonsi / Thulani Mgidi / Melusi Mkhwanjana / Felix Saalmann / Fana Tshabalala / John Sithole
Europa-Premiere am Maxim Gorki Theater war am 29. September 2015
Weitere Termine: 22. /23. 1. 2016


Weitere Infos siehe auch: http://www.gorki.de/


Post an Stefan Bock

blog.theater-nachtgedanken.de



Hat Ihnen der Beitrag gefallen?

Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA! Jeder Euro zählt.



Vielen Dank.



  Anzeigen:



THEATER Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BALLETT |
PERFORMANCE |
TANZTHEATER

CASTORFOPERN

DEBATTEN
& PERSONEN

FREIE SZENE

INTERVIEWS

PREMIEREN-
KRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski

THEATERTREFFEN

URAUFFÜHRUNGEN


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal


Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)