Happening
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Coup Fatal im Hause der Berliner Festspiele | Foto (C) Chris Van Der Burght
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Bewertung:
"Schon zur Kolonialzeit bewunderten die Menschen in Brazzaville Studenten und Intellektuelle, die von einem Aufenthalt in Paris verwandelt heimkehrten. Mit Nadelstreifenanzug, Hut, Brille, Lederschuhen, Gehstock, bis hin zur künstlichen Glatze und einem vorgetäuschten Bauchansatz imitierten die Kongolesen den Stil der weißen Bourgeoisie.
Als bien sapé, schick gekleidet, wurden die Nachahmer wiederum selbst zum Vorbild junger Männer, die sich irgendwann, in den 1970er Jahren, den Namen 'Sapeurs' gaben und, eine Dekade später, in 'La Sape' zusammenfanden: der 'Société des Ambianceurs et des Personnes Elégantes'. Die Gesellschaft der Stimmungsmacher und eleganten Menschen, ein loser Bund von Dandys, zählt mittlerweile Tausende Anhänger bis in die kongolesischen Quartiere von Paris, London und Brüssel hinein."
(Quelle: Die Sapeurs von Brazzaville von Carmen Butta | VÖ auf geo.de)
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Der kongolesische Countertenor Serge Kakudji und der belgische Choreograf Alain Platel haben sich für ihr musikalisches Happening Coup Fatal [s. auch unsere Kritik zum Hamburg-Gastspiel] von den „Sapeurs“, den Dandys aus Kinshasa, inspirieren lassen. Die ziselierte, oft übernatürliche Attitude der Barockarien von Händel, Vivaldi, Bach, Monteverdi und Gluck ist der Ausgangspunkt einer musikalischen Tour de Force durch traditionelle und populäre kongolesische Musik, mal rockig, mal jazzig, aber immer laut und sehr farbenreich.
Die glasklare schlackenlose Stimme des Countertenors versetzt das Geschehen in die Ernsthaftigkeit der Barockzeit. Die 12 weiteren kongolesischen Musiker tasten sich musikalisch, mimisch und szenisch an dieses alte Genre heran. Kongenial, mit welcher Professionalität Gesang, Tanz und Mimik kombiniert werden. Alain Platel hat einen packenden Plot geschaffen, messerscharf sitzt jede Geste. Eine Choreografie à Grand Vitesse - an mehreren Stellen gleichzeitig laufen in dem vom kongolesischen Bildhauer Freddy Tsimba entworfenen Bühnenbild aus gebrauchten Patronenhülsen rasende Aktionen ab. Die kongolesische Musik wird ganz selbstverständlich Teil der phrasenhaften Barockmusik, aber auch umgekehrt tauchen im ehrwürdigen Barockgesang lebensfrohe Elemente vom afrikanischen Kontinent auf.
Zwanzig Minuten vor dem Ende des mehr als zwei Stunden dauernden Happenings wechseln die Musiker die an Zirkusdirektoren erinnernden Paradeanzüge gegen die Klamotten der Sapeurs. Stolz werden die Labels der extravaganten Hemden und Gehröcke präsentiert, lustvoll skandieren alle "Elégante, Elégante!" Einen Wermutstropfen hat der Abend: Das Stück ist viel zu lang, einige Zuschauer verlassen vorzeitig das Geschehen. Spätestens nach einer Stunde wiederholen sich die Ideen, und die Freude am Zuschauen verwandelt sich in anstrengende Langeweile.
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Coup Fatal im Hause der Berliner Festspiele | Foto (C) Chris Van Der Burght
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Steffen Kühn - 19. Oktober 2015 ID 8933
COUP FATAL (Haus der Berliner Festspiele, 18.10.2015)
Dirigent RODRIGUEZ VANGAMA
Künstlerische Leitung ALAIN PLATEL
Musikalische Leitung FABRIZIO CASSOL
Idee SERGE KAKUDJI UND PAUL KERSTENS
Assistenz Künstlerische Leitung ROMAIN GUION
Bühnenbild FREDDY TSIMBA
Licht CARLO BOURGUIGNON
Ton MAX STUURMAN
Kostüm DORINE DEMUYNCK
Lichttechnik LUC LAROY
Bühnenmeister LIEVEN SYMAEYS
Mit dem Countertenor SERGE KAKUDJI sowie RUSSELL TSHIEBUA (Backgroundchor), BULE MPANYA (Backgroundchor), RODRIGUEZ VANGAMA (E-Gitarre, Balaphon), COSTA PINTO (Gitarre), BOUTON KALANDA Likembe), ERICK NGOYA (Likembe), SILVA MAKENGO (Likembe), TISTER IKOMO (Xylophon), DEB’S BUKAKA (Balaphon), CÉDRICK BUYA (Schlagzeug), JEAN-MARIE MATOKO (Schlagzeug) und 36 SEKE (Schlagzeug)
Kompositionen RODRIGUEZ VANGAMA, FABRIZIO CASSOL und COUP FATAL - nach Händel, Vivaldi, Bach, Monteverdi, Gluck
Berliner Premiere war am 18. Oktober 2015
Weiterer Termin: 20. 10. 2015
Produktion: KVS & les ballets C de la B
Weitere Infos siehe auch: http://www.berlinerfestspiele.de
Post an Steffen Kühn
http://www.hofklang.de
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