Theaterdiscounter, Berlin
SOFA SO GUT
von Jörg Karrenbauer
vlnr.: Tjadke Biallowons, Elisabeth Sutterlüty, Susanne Schnapp (unten), Anna Scheer (oben), Georg Scharegg Foto Jörg Lipskoch/ I SHOT...
Dieser Abend wird angekündigt als "Die Tütensuppe unter den Dramen: billig,
schnell, gut." Schnell geschrieben, kaum geprobt und dann nur einmal szenisch
vor Publikum gelesen. Na gut, es gab dann doch eine Wiederholung, dafür aber in
fast komplett neuer Besetzung, die ebenfalls nur zwei Tage locker
durchprobierte. Diese Art Instant Theater steht wie der Snack für zwischendurch
zu einem ausgefeilten Vier-Gänge-Menü, wie man es z.B. auf einer Opernbühne
findet. Kein Geld, keine Zeit, kein Aufwand. Was kann dabei schon heraus kommen?
Autor und Regisseur Jörg Karrenbauer orientiert sich sehr frei an Jaqueline
Susanns Roman Tal der Puppen von 1964. Vier Frauen in New York wollen es am
Broadway und im Film zu etwas bringen. Dabei wechseln sie ihre Liebschaften und
ihre Drogen, ihre Lebenseinstellungen und ihre Kleider in Schwindel erregendem
Tempo. Theatermenschen sind bindungsunfähige, mit ihrem Job verheiratete und
durch Karriere korrumpierbare Drogensüchtige. Das ist eines der vielen
Klischees, die dem Zuschauer vorgeführt werden. Auch einige kluge Betrachtungen
über das ungeprobte Leben werden mitgeliefert, und die Frage, wer denn nun mein
Leben lebt oder leben soll. Ein paar hübsche Gedichte von Robert Gernhardt sind
auch noch in den Text montiert sowie eine feministische Filmanalyse, die nicht
ungeschickt nachweist, dass der Science Fiction Action Film der Ausdruck eines
Machismo ist, der die Weiblichkeit vernichten will. Das eckt und kantet sich ins
Stück, wie das STARSHIP TROOPER Video, das ganz hinten irgendwo auf einem
kleinen Monitor mitläuft.
Die fünf SchauspielerInnen Angelika Hofstetter, Stephanie Petrowitz,
Christine Rollar, Anna Scheer und Georg Scharegg lesen vom Blatt, wie es das
Stück verlangt. Sie sind schnell, überdreht, hysterisch, energetisch.
Dankenswerterweise sind alle fünf sehr gute (Vor)-Leser, in aller Aufgeregtheit
versteht der Zuschauer jedes Wort. Sie haben klare ironisierende Haltungen zu
den Texten und führen ihre Figuren offensichtlich mit großem Spaß und völlig
unverkrampft vor. Was solls auch, ist ja nur für den Kick, für den Augenblick.
Der Regisseur hat sich auch ein paar szenische Gags einfallen lassen, die
lustvoll ausgespielt werden. Charmant kommt dieser Abend daher, lässig und
amüsant, viel näher an einer Performance als an einem Theaterstück, doch
gleichzeitig aufzeigend, was die Basis des Theaters ist: Ein paar Menschen, die
Lust und Talent haben, sich zur Schau zu stellen, einen Raum, in dem das statt
findet und eine Idee, einen Text, ein Etwas, an dem man sich abarbeiten kann
(und Zuschauer selbstverständlich!) So kann man es in einer der drei Opern
Berlins als Festmahl vorgeführt finden oder im Theaterdiscounter als Häppchen.
Der "Nährwert" jedoch bemisst sich nicht immer am Aufwand, wie diese Vorstellung
beweist.
s.l. - red / 20. April 2004
www.theaterdiscounter.de
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