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Jacob Z. Eckstein als Anton (links) und Christoph Gummert als Gottlieb Biedermann in Biedermann und die Brandstifter am Theater Bonn | Foto © Matthias Jung

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Dieses kühle Eigenheim ist ein Vorbild für klinische Sauberkeit: Den Bühnenraum nimmt ein schwarzweiß im Schachbrett gemusterter Teppich ein. Wände und Türen sind in grellen Pinktönen gehalten. Die Möbel scheinen zweckmäßig, die bodentiefen Fenster raumgreifend. Hier leben Menschen, die scheinbar nichts zu verbergen haben (Bühne: Anne Ehrlich).

Christoph Gummert überzeichnet den gutgläubigen Titelheld von der ersten Minute an köstlich. Gleich zu Beginn zappelt Gottlieb aufgedreht, lächelt süffisant und wirkt dabei ein bisschen neckisch und überspannt. Er setzt sich mit flinken Bewegungen zu einem kurzen, musikalischen Einspieler in Szene. Versucht er mit wilden Gesten eigene Unsicherheiten zu überspielen? Gottlieb scheint bald auf jede List nur allzu gewillt reinzufallen.

Die Biedermanns sind auch für das heimische Wohnzimmer mehr als korrekt gekleidet. Gottlieb trägt ein kariertes Jackett und streng gescheitelte und zurückgegelte Haare. Unter seinem blauen Pullover stechen Hemd und Krawatte hervor. Lena Geyer steht als Babette ihrem Mann mit gelben Trägerkleid und dazu passenden hochhackigen Schuhen im adretten Chic in Nichts nach (Kostüme: Anna Sünkel).

Hausdiener Anton (Jacob Z. Eckstein) wirkt sichtlich unwillig, als er seinen Dienstherrn darauf hinweist, dass direkt vor der Fensterfront jemand, offensichtlich ein Obdachloser, herumlungert. Als Josef Schmitz (Timo Kählert) dann auch noch eindringt, prallen Welten aufeinander. Gnadenlos fordernd, provokant und selbstgefällig appelliert Josef an das gute Gewissen des Hausherrn, der sich erst widerwillig, dann aber doch mehr oder weniger gerne als Wohltäter geriert. Josef freut sich sichtlich über die von ihm eingeforderte, dann vorgeblich selbstlos gewährte Kost und Logis. Auf seinem T-Shirt prangt unheilvoll ein brennendes Streichholz.

Als der unwillkommene Gast, dann auch noch seinen Freund Wilhelm Eisenring (Wilhelm Eilers) zur Hilfe holt, um Benzintonnen in sein vorübergehend gewährtes Schlafgemach zu tragen, scheinen die Biedermanns und ihr Hausdiener mit der Situation gänzlich überfordert. In einer Art Dopplung der Hauptfigur erinnert Jacob Z. Eckstein als Chorführer engagiert und energisch noch einmal daran, dass in der unmittelbaren Umgebung Brandstifter am Werke sind.

Nuran David Calis inszeniert Max Frischs Komödienklassiker von 1958 über menschliche Schwächen, Irrtümer und mögliche Brandherde kurzweilig und unterhaltsam. Einige Details wirken etwas zu verspielt und einigermaßen überflüssig. So tragen zwei beidseitig oben platzierte Großbildschirme anfangs den Schriftzug „Lehrstück ohne Lehre“, um später in szenischen Pausen einzelne Akteure wiederholt als Faxen machende Polizisten zu prägnanten Musikeinblendungen von Vivan Bhatti zu porträtieren.



Biedermann und die Brandstifter am Theater Bonn | Foto © Matthias Jung


Heutzutage bildet die rechtspopulistische Grundstimmung in Teilen Deutschlands im übertragenen Sinne einen Brandherd. Hier versuchen die demokratischen Parteien eine sogenannte Brandmauer zu einer rechtsextremen und demokratiegefährdenden, aber erstarkenden Partei zu bilden. Doch wann lassen sich verfassungsfeindliche Bestrebungen nicht mehr verharmlosen? Das Bonner Theater macht gerade mit neuen, politisch ambitionierten Inszenierungen wie Die Waffen nieder! und Das beispielhafte Leben des Samuel W. auf gesellschaftliche Umbrüche, rechtspopulistische Kräfte und Schwächen der Demokratie aufmerksam.

Biedermann und die Brandstifter gehört zu den dramaturgisch abgerundeteren dieser Aufführungen, erscheint schlussendlich aber auch vorhersehbarer und komisch überspitzter.

Ansgar Skoda - 15. November 2025
ID 15560
BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER (Schauspielhaus Bad Godesberg, 09.11.2025)
Regie: Nuran David Calis
Musikalische Leitung: Vivan Bhatti
Bühne: Anne Ehrlich
Kostüme: Anna Sünkel
Licht: Thomas Tarnogorski
Dramaturgie: Nadja Groß
Besetzung:
Gottlieb Biedermann ... Christoph Gummert
Babette Biedermann ... Lena Geyer
Josef Schmitz ... Timo Kählert
Wilhelm Eisenring ... Wilhelm Eilers
Anton / Chorführer / Polizist ... Jacob Z. Eckstein
Premiere am Theater Bonn: 24. Oktober 2025
Weitere Termine: 15., 19., 29.11./ 03., 11., 19., 31.12.2025// 17.01./ 04., 05.02./ 21.04.2026


Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-bonn.de


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