Tanzen und
reden
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© Flying Elephant
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Bewertung:
Survival Kit heißt die Performance des weit über die Grenzen seines Geburtslandes hinaus bekannten griechischen Tänzers und Choreografen Evangelos Poulinas (er ist übrigens der Mitgründer des hiesigen b12-Festivals), und ich habe sie gestern Abend im DOCK 11 (in der Berliner Kastanienallee) gesehen und gehört - ihren Subtext hatte ich allerdings erst im Nachhinein zur Kenntnis genommen:
"Das Duett thematisiert die Rolle der eigenen Identität in Beziehungen. Wie begegnen die gleichen Menschen in unterschiedlichen Momenten einander; wer passt sich wie weit an? Gesellschaftspolitischer Fokus liegt auf der intrinsischen Motivation, die das Handeln leitet. Der Zwischenraum von Image- und Werte-Ethik beschreibt die unterschiedlichen Anlässe etwas zu tun und ist Inspiration für die Performance. Es gibt keine allgemeingültige Definition für gute oder schlechte Beziehungen; auch der Grad des zu viel oder zu wenig lässt sich nicht verbindlich festlegen. Was feststeht ist, dass der Mensch auf soziale Interaktion angelegt ist und Einzelpersonen stets etwas im Austausch mit einem Gegenüber suchen." (Quelle: DOCK 11)
Scheint intellektualistisch kontaminiert zu sein - für diesbezüglich herumrätselnde Laien (so wie mich z.B,) daher noch kurz das hier:
Intrinsische Motivation bezeichnet das Handeln aus inneren Antrieben heraus. Dazu gehören persönliche Interessen, oder kreative und künstlerische Neigungen und Herausforderungen. Intrinsisch motivierte Personen beziehen ihre Motivation aus der Tätigkeit oder Aufgabe heraus. Bei der extrinsischen Motivation erbringen Menschen bestimmte Leistungen, weil sie sich davon einen Vorteil (Belohnung) versprechen oder Nachteile (Bestrafung) vermeiden wollen." (Quelle: Wikipedia)
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Lara Pilloni und Florian Entenfellner vertanzen den obig skizzierten theoretischen Überbau. Und das machen sie beide grandios, und es sieht alles gut und schön aus, was und wie sie's tun.
Am besten gleich der Anfang, wo sie ihn, der wie eine "leblose" Gummipuppe agiert, für sich zurechtlegt, zurechtstellt, zurechtumklammert, zurechtbewegt, also alles das, was man/frau sich im Innersten so vorstellt, wie man sein gefügiges Gegenüber "für sich" und seine (meist sexuellen) Bedürfnisse so haben will - das hat eine überaus humoristische Komponente, und jede/jeder kann sich da in sie hineinversetzen also nachvollziehen, was und wie sie ihr verfügbares Stück Männerfleisch für sich so haben will ... Doch freilich ist und bleibt es trostlos ohne jede Frage, denn wer wünscht sich sowas wirklich. (Erst dachte ich, dass sie sich an einem Leichnam vergreifen wollen würde, aber durch dieses Hinzukommen von Leichtigkeit und eben auch Humor rückte ich schnell von dieser törichten Annahme wieder ab.)
Musik & Sound von Marco Girardin gelangen trackartig über das Tanzpaar, und so folgt dann - nach dem allzu starken Auftakt - Szene auf Szene, mal sie solo, mal er solo, dann wieder beide gemeinsam usw.
Begegnen, trennen, wiederbegegnen, wiedertrennen usf.
Und mittendrin - als absoluter Schrecken aller Tanzperformances (auf jeden Fall, was meine langjährigen Rezeptionserfahrungen betrifft) - TANZEN & REDEN, d.h. im konkreten Fall: Sie und er greifen zum Mikrofon und texten den/die jeweils andere/n, der/die inzwischen solo weiterperformt, auf Italienisch (sie) bzw. auf Englisch (er) minutenlang zu; keine Ahnung, worum es da ging; deutsche Simultanübersetzungen waren nirgends einsehbar...
Herzlichste Beifallsbekundungen für beide Sympathieträger nach Ende der Performance.
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Andre Sokolowski - 24. Juli 2025 ID 15376
Survival Kit (DOCK 11, 23.07.2025)
von Evangelos Poulinas & Flying Elephant
Choreografie: Evangelos Poulinas
Tanz: Lara Pilloni und Florian Entenfellner
Musik: Marco Girardin
Licht: Lukas Eismayr
Premiere war am 22. Juli 2025.
Eine Produktion von Evangelos Poulinas & Flying Elephant
https://b12.space/summer/welcome
https://www.andre-sokolowski.de
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