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Mann ohne

Eigenschaften



Der Wassermann von Philip Hauser - im Theater Verlängertes Wohnzimmer | Foto (C) Nils Leon Brauer

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Die kleine Off-Bühne im THEATER VERLÄNGERTES WOHNZIMMER (da war ich bisher noch nie, hatte es erst diese Woche, und das mehr durch Zufall, aufgespürt) befindet sich im Berliner Friedrichshain, konkret in der Frankfurter Allee 91 in unmittelbarer Nähe des gleichnamigen S- und U-Bahnhofs:


"In seiner heutigen Form existiert es seit 2010, allerdings ist das Haus bereits seit 1967 als Theaterbühne bespielt, erst durch die Studiobühne Friedrichshain, anschließend als Varieté- und Kabarett Bühne. Von 1911 bis 1965 befand sich in den Räumlichkeiten ein Kino, das wegen des schlauchförmigen Grundrisses im Volksmund liebevoll 'Schmales Handtuch' genannt wurde. Die charakteristische längliche Form ist im Zuschauerraum mit seinen 60 Sitzplätzen erhalten geblieben und verlängert sich nahtlos in das gemütliche Foyer mit Kiez-Kneipen-Flair.

Das THEATER VERLÄNGERTES WOHNZIMMER versteht sich als Labor und Freiraum für darstellende Künste, freies Theater und Kleinkunst. Der Spielplan präsentiert postdramatische und naturalistische Werke; Musicals und Volksstücke sind ebenso vertreten wie szenische Collagen, Tanz, Kabarett und Performance. Neben den Aufführungen am Wochenende sind die Dienstag Abende ein Highlight im Kiez: Poetry-Slam, Impro-Comedy und das Offene Wohnzimmer oder die offene Bühne.

Seit seiner Gründung ist das THEATER VERLÄNGERTES WOHNZIMMER als Verein organisiert. Zu den Mitgliedern zählen professionelle Theaterschaffende, ausgebildete Schauspieler*innen, erfahrene Amateur*innen mit unterschiedlichsten Hintergründen sowie Theaterneulinge, die sich ehrenamtlich im Verein engagieren."


(Quelle: berlin-buehnen.de)



Gestern Abend war die Premiere eines Stücks von Philip Hauser.

Der Wassermann heißt es, und der Autor untertitelte es mit "Erziehungsdrama":


"Es geht um Erziehung und das, was sie mit uns macht. Darum, dass wir sie nicht loswerden, egal was wir tun und wohin wir gehen. Dass unsere Eltern in uns fortleben, ob wir das wollen oder nicht, so, wie deren Eltern in ihnen überlebt haben. Es geht um erlernte toxische Männlichkeit. Es geht um dysfunktionale Beziehungen. Es geht um Status. Es geht um die Angst vor dem Scheitern und dem Nichtmehrversuchen. Es geht ums Verstecken. Es geht um den Wunsch, sich zu zeigen. Es geht ums Spielen.

Aber eigentlich ist es nur ein Stück über einen Typen in der Badewanne…"



Roland Eisner (als Titelheld) liegt also zirka anderthalb Stunden in der Badewanne. Steffi Schmidt (als seine Schwester) kommt immer mal vorbei, gießt heißes Wasser nach, damit ihr Bruder in der Badewanne nicht erfriert, und lässt mich Zuhörenden, trotz dass sie & er notdürftig einen irgendwie gearteten geschwisterlichen Dialog versuchen, mehr im Unklaren (als umgekehrt), kurzum: Ich weiß nicht, wie oder warum es überhaupt zu dieser kafkaesken Situation - Mann sitzt in Badewanne und will dort nicht mehr raus - gekommen war.

Dann treten der Reihe nach auf:

Malte Haas (als Geist der kommenden Weihnacht); ich hätte freilich lieber gehabt, er hätte sich als mordsmäßiger Exorzist im Bathroom eingeschlichen; ein gewisses Gewaltpotenzial war ihm immerhin anzumerken, aber als Exorzist hätte er freilich einen Auftrag haben müssen, um dann irgendwas (was eigentlich?) bei unserm Titelhelden auszutreiben. Und so faselte er lustig drauf los, dass unser Titelheld angeblich seinen "Pflichten" nachgeh'n müsste oder so; das liebe lange Leben bestünde halt aus "Pflichten", nichts als "Pflichten" usw. usf.

Alicia Kiljan & Christoph Rüßler (als Teilnehmende einer DatingApp) erscheinen plötzlich zu Besuch, sie zuerst, dann er; der Wassermann hatte (als ebensolcher Teilnehmender einer DatingApp) die beiden Dates zu eng gegriffen, d.h. sie kamen fast gleichzeitig, weil er's durcheinanderbrachte oder weil er einfach kein guter Koordinator in puncto Termine ist. Ja und auch sie behelligen ihn, also thematisch, mit dem leidigen "Pflichten"-Thema; doch das hatten wir in jener Exorzisten-Szene schon davor.

Abschließend legt Kathrin Reindl (als Souffleuse) das Textbuch beiseite und tritt als Autor resp. Autorin des von ihr beaufsichtigten Textbuchs auf. Ihr Dialog (mit dem Wassermann) geht folglich so, dass sie sich beide wundern, dass dann er die vom Autor bestimmte Figur darzustellen hätte und sie ihm im Umkehrschluss dann ihre Worte in seinen Mund zu legen willens war, und ob das alles eigentlich dann so in Ordnung wäre oder was weiß ich.

Zum endgültigen Finale steigt der Wassermann letztendlich aus der Badewanne, und alle verbeugen sich...

* *

Prima gespielt, nur leider hab' ich nichts Bedeutungsvolles über den Wassermann erfahren dürfen. Hat er einen Schock erlitten? Wurde er von seinem Vater oder seiner Mutter vergewaltigt? Gab es weitere Geschwister, die er (mit seiner Schwester) tötete? War er mal in irgendwen unsterblich oder einseitig verliebt, und gab es daher Liebesopfer zu beklagen? Hat er eine unheilbare Krankheit?

Alles sowas hätte ich doch gern gewusst, um zu verstehen, weshalb er in dieser für ihn ausweglosen Badewannen-Situation geraten war und ist.

Doch nichts dergleichen.

Ergo war/ ist er für mich: ein Mann ohne Eigenschaften.



Der Wassermann von Philip Hauser - im Theater Verlängertes Wohnzimmer | Foto (C) Nils Leon Brauer

Andre Sokolowski - 16. März 2024
ID 14663
DER WASSERMANN (Theater Verlängertes Wohnzimmer, 15.03.2024)
Ein Erziehungsdrama von Philip Hauser

Text und Inszenierung: Philip Hauser
Dramaturgische Assistenz: Tjede Hümmling
Bühnenbildner/-in: Marcus Übermuth
Licht und Ton: Julius Schinschke
Musik: Klemens Eisner
Plakatdesign: Iuliia Volokhina
Mit: Roland Eisner, Malte Haas, Alicia Kiljan, Kathrin Reindl, Christoph Rüßler und Steffi Schmidt
Premiere war am 15. März 2024.
Weitere Termine: 16., 22., 23.03./ 12., 13.04.2024


Weitere Infos siehe auch: https://theater-verlaengertes-wohnzimmer.de


https://www.andre-sokolowski.de

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