Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 5

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Konzertkritik

Die Freilegung

des Erdkerns



Christian Thielemann bei den Berliner Philharmonikern - Foto (C) Monika Rittershaus| Bildquelle: http://www.berliner-philharmoniker.de

Bewertung:    



Früher war Ein deutsches Requiem von Brahms der absolute Mega-Hit am Totensonntag, und landauf, landab wurde es also (meistens) dann aus diesem Anlass aufgeführt - auch Buß- und Bettag oder der Volkstrauertag oder auch Allerheiligen und/oder Allerseelen und (ganz ausnahmsvoll) karfreitags kamen wohl in dem Bezug in Frage.

Nunmehr wird's das ganze Jahr über - mal hier, mal dort - zur Aufführung gebracht; und weil es halt ein ziemlich anspruchsvolles Werk (allein des Chores wegen) ist, und weil sich auch dann immer wieder jede Menge internationale Pultstars hiermit brüsten und beweisen wollen, wählt man - als Veranstalter - halt die Termine, wann die Chöre und die Pultstars grade mal zu haben sind; dagegen wollen wir natürlich überhaupt nichts sagen!

*

Brahms' Ein deutsches Requiem - wie wir auf der hausinternen Website der Berliner Philharmoniker erfahren - tat "ihm nach der Uraufführung der vollständigen Fassung 1869 einen triumphalen Erfolg" bescheren "und machte ihn quasi über Nacht zum führenden Komponisten seiner Zeit. Brahms' langjährige Erfahrung als Chorleiter und sein gründliches Studium der A-cappella-Sätze Alter Meister kamen ihm bei der Komposition zu Gute. Kongenial fügt er verschiedene Vokalgattungen wie Fuge, Motette, Choral und Lied zu einem schlüssigen Ganzen. Brahms, der Protestant, greift mit dem Requiem den katholischen Ritus der Totenmesse auf. Gleichwohl vertont er nicht die lateinischen Worte der Liturgie, sondern stellt deutsche Texte aus dem Alten und Neuen Testament zusammen. Nicht jenseitige Erlösung ist das Thema, sondern diesseitiger Trost für die Hinterbliebenen. Für ihre Trauer, ihren Schmerz findet er eine Klangsprache voll dramatischer Wucht und anrührender Innigkeit." (Quelle: berliner-philharmoniker.de)

Christian Thielemann konnte dann nicht nur mit den Philharmonikern, sondern auch mit dem Rundfunkchor Berlin (Choreinstudierung: Gijs Leenaars) fett punkten!! Hat man so'n vokales Bollwerk "zur Verfügung", kann ja wahrlich nix/nix mehr passieren. Kurz und gut: Es war ein Fest der Stimmen!!

Thielemann - wir haben ihn noch nie so gut hier dirigieren und gestalten (!) sehen - schaffte es mit bloßen Händen; er bezauberte, betörte und "behexte" die vor ihm stehenden Chor-Profis, und beide (Chor & Thielemann) schienen sich gegenseitig an den Lippen festzuhängen, keiner ließ den andern los; das hatte was Symbiotisches.

Beim zweiten Satz ("Denn alles Fleisch es ist wie Gras") trieb er die Steigerung - dosiert, bei alle dem - bishin zum unerträglich Lauten; an besagten Stellen, welche einer Freilegung des Erdkerns gleichkamen, meinte man ur-urplötzlich, dass das unbedingt jetzt zwangsentwickelt war - - doch Thielemann löste es sofort wieder auf, nahm alle Kraft (und Lautstärke) zurück. Metamorphosen zwischen Urlicht/Urgewalt.

Für Christian Gerhaher (dem weltweit besten Liedsänger der Gegenwart!) fuhr Thielemann den ganzen Apparat, Chor und Orchester, jeweils an den Stellen bis zum Pianissimo herunter, wo der Bariton bewusst und textverständlich 'rüberkommen wollte; das klang dann in seiner musikalischen wie intellektuellen Ausgewogenheit unübertrefflich.

Und erwähnt werden muss auch Siobhan Stagg, die ihrem Part ("Ihr habt nun Traurigkeit") herb-diesseitige "Engelhaftigkeit" verlieh; es klang zum Weinen schön.

* * *

Recht eigentlich gibt es, nach diesem Abend gestern, keine Zweifel mehr darüber, wer der "wahre" Nachfolger von Simon Rattle werden müsste; freilich wäre diese Folge-Ära (so sie denn mit ihm zustande käme) eine fürs Orchester ungewöhnlich-unbequeme. Doch um (s)einen unverwechselbaren Klang, der in den letzten Jahren und Jahrzehnten etwas unterbuttert wirkte, bräuchte man sich dann auf lange Zeit hin keine Sorgen mehr zu machen.

Bestes Thielemann-Konzert, das es je in Berlin gegeben hat.
Andre Sokolowski - 23. Januar 2015
ID 8382
BERLINER PHILHARMONIKER (Philharmonie Berlin, 22.01.2015)
Brahms: Ein deutsches Requiem op. 45
Siobhan Stagg, Sopran
Christian Gerhaher, Bariton
Rundfunkchor Berlin
Choreinstudierung: Gijs Leenaars
Berliner Philharmoniker
Dirigent: Christian Thielemann


Weitere Infos siehe auch: http://www.berliner-philharmoniker.de


Post an Andre Sokolowski

http://www.andre-sokolowski.de

Sebastian im Traum von Henze u.a.
Berliner Philharmoniker | Christian Thielemann



  Anzeigen:







MUSIK Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BAYREUTHER FESTSPIELE

CASTORFOPERN

CD / DVD

INTERVIEWS

KONZERTKRITIKEN

LEUTE MIT MUSIK

LIVE-STREAMS |
ONLINE

NEUE MUSIK

PREMIERENKRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)