Filme, Kino & TV
Kunst, Fotografie & Neue Medien
Literatur
Musik
Theater
 
Redaktion, Impressum, Kontakt
Spenden, Spendenaufruf
Mediadaten, Werbung
 
Kulturtermine
 

Bitte spenden Sie!

Unsere Anthologie:
nachDRUCK # 5

KULTURA-EXTRA durchsuchen...

Premierenkritik

23. Februar 2014 - Deutsche Oper Berlin

FAUSTS VERDAMMNIS

LA DAMNATION DE FAUST von Hector Berlioz


Fausts Verdammnis an der Deutschen Oper Berlin - das (links vorn) ist Méphistophélès-Sänger Samuel Youn | Foto (C) Bettina Stöß


Heulsuse's Höllenfahrt

Ist es Zufall, oder haben wir ein Faust-Jahr? Ständig werde ich in letzter Zeit mit abwechselnden Faust-Vertonungen von Hinz und Kunz an diesem und an jenem Hause konfrontiert - zuletzt die beiden Faust-Konzerte der Berliner Philharmoniker; das eine war mit Wagner/Liszt, das andere mit Schumann. Nun also (mal wieder) Hector Berlioz' La Damnation de Faust; von mir aus - wenigstens nicht diese furchtbare Gounod-Oper...




Fausts Verdammnis an der Deutschen Oper Berlin - das (in der Bildmitte) ist Faust-Sänger Klaus Florian Vogt | Foto (C) Bettina Stöß



Die eigentlich mehr als Konzert gedacht gewesene "Dramatische Legende in vier Teilen" würde ich als eigenwillig-individuelles und vom (ursprünglichen) Faust-Stoff ziemlich weit entferntes Oratorium nachklassifizieren. Der stark-sendungswillige Franzose wollte sich gerade mal auf drei Figuren und den Brandner (aus Auerbachs Keller) konzentrieren und beschränken:

Faust wird uns so in der Berlioz'schen Handlung als (woran dann eigentlich?) gescheiterter und an sich selbst krankender Mensch und Jammerlappen vorgeführt; sobald er singt, ist einem a priori seine lyrisch überstrapazierte und im Ganzen wehleidige Art und Weise des Gesungenen suspekt und nervt total. Bei Startenor Klaus Florian Vogt ist dieses Transusige bestens aufgehoben; sein fast durchgehend "geradliniger" Singsang (der mir allerdings, wenn er den Lohengrin oder den Parsifal darbietet, ungleich gut gefällt) macht das Schlafzimmerblickhafte dieser verlogen-hochsentimentalen Weisen zwingend und perfekt.

Zum Teufelspakt kommt es, lt. Berlioz, erst kurz vorm Stückende. Méphistophélès (ordentlich gesungen und ambitioniert gespielt von Samuel Youn) führt seinem "Opfer" Marguerite (sensationelle Clémentine Margaine!) aufs Unvermittlerischste zu, um sie am Schluss in kriminelle Schwierigkeiten geraten zu lassen, dass der Faust sie aus denselbigen erretten soll - deshalb muss er den Teufelspakt sofort dann unterschreiben, dass er also mit des Teufels Hilfe usw. usf. - - aber der Teufel macht mit Faust umgehend und sofort die anschließende Höllenfahrt; von wegen helfen oder so...

Im abschließenden Oratorien-Teil, unmittelbar nach dem besagten Höllenritt (mit Videokunst-Einlagen, die daherhetzende und durchröntge Pferdeleiber zeigen - Reinhard Traub und Ulrich Niepel hatten diese Fantasie und sie designermäßig umgesetzt), erklingen großartige Chöre, und es wird mit einem Male über- oder antichristlich. Der in absoluter Hochform singende Chor der Deutschen Oper Berlin (Einstudierung: William Spaulding) hat sich hier - wie sowieso an allen vorherigen Stellen seines kollektiven Großeinsatzes - einmal mehr als hoheitliches DOB-Faustpfand des Hauses ausgewiesen! Nicht zu überbieten!!




Fausts Verdammnis an der Deutschen Oper Berlin - das ist Marguerite-Sängerin Clémentine Margaine | Foto (C) Bettina Stöß



In der jüngsten Zeit oder womöglich schon viel länger tut man hochqualifizierte Tanzmenschen (Performer, Choreografen, Ex-Tänzer) für Operninszenierungen "nicht nur" als Sachverständige zu Rate ziehen, sondern ihnen selbige als Regisseure anvertrauen. Es gibt Beispiele, wo solche Unterfangen künstlerisch geglückt waren - Joachim Schloemers Deutung von Zemlinskys Traumgörge (2007, DOB) fällt mir da sofort ein. Aber nicht selten ging und geht ein derart ehrgeiziges "Fremdeln" der Betroffenen mitunter schief - im letzten Herbst bei der durch Rosamund Gilmore vertanzt gewesenen Walküre (Oper Leipzig) abgeschreckt und also live erlebt...

Bedauerlicher Weise muss ich Christian Spucks Regie-Tat an der aktuellen Fausts Verdammnis nachgerade in die Schublade mit den missglückten und missratenen Fall-Beispielen choreografil gemachter Opern ablegen: Der Züricher Ballettdirektor hat uns gleich - noch weit bevor der erste Takt Musik erklingt - mit einem sehr schön anzusehenden Pas de deux zu verstehen geben wollen, dass es ihm im Folgenden um eine Doppelung von Gut & Böse, Hell & Dunkel, Faust & Teufel gehen würde. Und die zehn superb agierenden und (von ihm) exklusiv für diese Inszenierung engagierten Tänzerinnen und Tänzer [Namen s.u.] ließen dann auch keine weiteren Gelegenheiten aus, sich tanzergänzend in die läppisch-grauenhafte Handlung einzubringen. Aufgeschlossen oder gar in Frage gestellt hatten sie sie - weder künstlerisch noch intellektuell - mitnichten.

Einen schräg gestellten, einheitsgrauen Riesenteller (auf der Drehbühne) dachte sich Ausstatterin Emma Ryott als Gesamt-Plattform des insgesamt Gezeigten aus. Ihre Kostüme für die "Massenszenen" sind v.a. für zig Marguerite-Multiplikationen maßgeschneidert; und das Gelb für die Perrücken scheint hierbei als einzig froh leuchtender Farbkleckser vorkalkuliert gewesen.

Donald Runnicles leitete ein bis auf die Seitenbühnen hoch hinauf verstärktes Groß-Orchester der Deutschen Oper Berlin; das Englischhorn-Solo zur himmlischen Marguerite-Arie spielte Chloé Payot.



Bewertung:    


Andre Sokolowski - 24. Februar 2014
ID 7631
FAUSTS VERDAMMNIS (Deutsche Oper Berlin, 23.02.2014)
Musikalische Leitung: Donald Runnicles
Inszenierung und Choreographie: Christian Spuck
Bühne und Kostüme: Emma Ryott
Lichtdesign: Reinhard Traub und Ulrich Niepel
Videokunst: Jan Joost Verhoef
Chöre: William Spaulding
Dramaturgie: Dorothea Hartmann
Besetzung:
Marguerite ... Clémentine Margaine
Faust ... Klaus Florian Vogt
Méphistophélès ... Samuel Youn
Brander ... Tobias Kehrer
Solo-Sopran ... Heidi Stober
TänzerInnen: Corey Scott, Johan Silverhult, Eldon Pulack, Michael Ihnow, Andrew Pan, Oren Lazoski, Jeanna Serikbaeyeva, Catherine Jodoin, Sarah Grether und Claudia Voigt
Chloé Payot (Englischhorn)
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin
Premiere war am 23. Februar 2014
Weitere Termine: 27. 2. / 5., 8. 3. / 23., 26., 29. 5. / 1. 6. 2014


Weitere Infos siehe auch: http://www.deutscheoperberlin.de


http://www.andre-sokolowski.de



  Anzeigen:







MUSIK Inhalt:

Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN

Rothschilds Kolumnen

BAYREUTHER FESTSPIELE

CASTORFOPERN

CD / DVD

INTERVIEWS

KONZERTKRITIKEN

LEUTE MIT MUSIK

LIVE-STREAMS |
ONLINE

NEUE MUSIK

PREMIERENKRITIKEN

ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski



Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal




Home     Datenschutz     Impressum     FILM     KUNST     LITERATUR     MUSIK     THEATER     Archiv     Termine

Rechtshinweis
Für alle von dieser Homepage auf andere Internetseiten gesetzten Links gilt, dass wir keinerlei Einfluss auf deren Gestaltung und Inhalte haben!!

© 1999-2024 KULTURA-EXTRA (Alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar!)