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nachDRUCK # 5

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CD-Kritik

Katalanisches

Barock



Bewertung:    



Gordon Safari und das von ihm vor zehn Jahren gegründete und geleitete Salzburger Ensemble BachWerkVokal - ich hatte bereits das Vergnügen mir drei ihrer voigen CDs (Jesu meine Freude, Genug sowie Jauchzet & Lobet) anzuhören und zu rezensieren - setzten sich nunmehr mit dem Oevre des hierzulande nahezu unbekannten katalanischen Barockkomponisten Francesc Valls (1671-1747) auseinander und veröffentlichten heute (Erstverkaufstag!] ihre 26 Tracks mit 28 Stücken zählende Scheibe, die sie mit con afecto über- bzw. untertitelten. In der Musik- und Fachwelt dürfte das als eine der sensationellsten Entdeckung dieses zu Ende gehenden Jahres aufhorchen lassen.

Weder über die Kindheit und Jugend des Komponisten noch seine musikalische Ausbildung weiß man irgendwas Genaueres. "Aktenkundig" wird er erstmals 1688, als er in einem Bewerberverfahren die Stelle des Maestro de capilla an der Kirche Santa María in Mantaró gewann und er sich parallel um diegleiche Position an der Kathedrale von Girona bewarb; ob er beide oder einen der beiden Posten je antrat, konnte historisch nicht nachgewiesen werden - hingegen scheint seine 1709er Ernennung zum Koadjutor der Kathedrale von Barcelona (in direkter Nachfolge Juan Barters) verbrieft zu sein; in dieser Position verblieb er bis 1726, war aber darüber hinaus auch weiterhin verpflichtet für die Kathedrale zu komponieren...



"Valls‘ Schaffen zeigt einen gebildeten und virtuosen, in der spanischen Tradition verwurzelten Komponisten, der zugleich mit dem italienischen, französischen und süddeutsch-österreichischen Stil seiner Zeit vertraut war. [...] Einer der prominenten Fürsprecher Valls‘ war Alessandro Scarlatti, der sich für eine freiere Dissonanzbehandlung aussprach.

Die intensive Arbeit am
Mapa armónico práctico – aus dem diese Einspielung erstmals Repertoire in großem Umfang präsentiert – nimmt Valls Ende der 1720er Jahre auf und vollendet das Traktat um 1735. Das ausführliche Vorwort und die Qualität der Ausarbeitung deuten darauf hin, dass Valls das Werk für den Druck vorgesehen hatte, wozu es allerdings nie kommen sollte."

(Quelle: Gordon Safari im CD-Booklet)



21 (der 28) eingespielten Stücke stammen aus dem o.g. Traktat, darunter auch die drei von mir favorisierten: Salid del Averno (dt.: "Ausgang aus dem Abgrund"), ¿Qué es lo que me niega Amor? (dt.: "Was ist es, das mir die Liebe verweigert?") und Composicion Enharmonica para Instrumentos de Arco (dt.: "Enharmonische Komposition für Streichinstrumente").

Im Coro Salid del Averno ist eine Windmaschine zu hören; selbige versorgt den "Horror" dieser theatralischen Hades-Szene mit frischer Luft und zügigen Gedanken.

Die sentimentalen Echos in ¿Qué es lo que me niega Amor? vervielfachen den ganzen Liebesschmerz der ihn Besingenden, wo es arg resignierend unter anderem dann heißt: "...mein Argwohn/ ist bereits mein größter Feind,/ denn Liebe versagt mir/ Gunst, Mitleid und Hoffnung."

Geradezu surrealistisch hört sich Valls' rein instrumentale Composicion Enharmonica para Instrumentos de Arco an; man glaubt seinen Ohren nicht zu trauen, mit welch schrägen und schier absterbenden (Viertel-)Tönen die Streicher ihre Glissandi artifizieren - wie ein Vorgriff auf die zeitgenössische Musik des 20. und 21. Jahrhunderts.

Das kürzeste Stück auf der CD mit einer Einspieldauer von nur 49 Sekunden heißt Dies magna (dt.: "Tag, so groß so bitter"; es fußt auf dem sog. Totenoffizium), hat nur neun Takte, und der hierin manifestierte Zustand der Verbitterung wird durch chromatisch angereicherte Rückungen in den Oberstimmen über einem Orgelpunkt eindrucksvoll in Töne gesetzt.

Mit 7' 32'' entspricht Lauda Sion (dt.: "Lobet Zion", einer Sequenz des Fronleichnamsfestes von Thomas von Aquin) dem längsten Stück auf der CD. Es ist eines der wenigen Kompositionen, die nicht aus Valls' obig bereits erwähnter "Mappe" stammen. Das für die Barockmusik so typisch Schwung- und Prunkvolle wird (nicht nur) hier besonders hör- und wiedererkennbar.



"Meine langjährige Beschäftigung mit dem Mapa armónico práctico und die daraus erwachte Faszination für den Komponisten Francesc Valls und seine Musik war es, die mich veranlasste, dem katalanischen Bachzeitgenossen mit dem Ensemble BachWerkVokal eine Einspielung zu widmen, die die vielseitige Tonsprache dieses Meisters präsentiert.

Valls‘ kompositorisches OEuvre ist bis heute nicht vollumfänglich gesichtet, geschweige denn ediert. Doch dieser einzigartige Komponist hat es verdient, dass seine Kunst wieder mehr zu Gehör kommt. Ich habe mir oft vorgestellt, wie angeregt und von gegenseitiger Wertschätzung geprägt ein Gespräch zwischen Francesc Valls und Johann Sebastian Bach wohl verlaufen wäre. Ich bin mir sicher: Sie hätten sich viel zu erzählen gehabt."
(Quelle: dto.)


O ja, das kann man wohl sagen.

Eine singuläre Komponisten- und Werkentdeckung sondergleichen!




Das Salzburger Ensemble BachWerkVokal | Foto (C) Michael Brauer

Andre Sokolowski - 7. November 2025
ID 15548
Francesc Valls: con afecto
1 In te Domine speravi
2 O vos omnes
3 Domine vim patior
4 Crucem tuam
5 Dies magna
6 Ecce enim
7 Tibi soli peccavi
8 Salid del Averno
9 Entre golfos de dulzuras
10 ¿Qué es lo que me niega Amor
11 Mas, ay de mí
12 Composicion Enharmonica para Instrumentos de Arco
13 Yo que el aplauso
14 Ay de la pena
15 Fulcite me floribus
16 Lauda Sion
17 Elevacion o Ascencion Gradación y Descenso
18 Peccantem me quotidie
19 Dulce lignum
20 Erravi sicut
21 Laudate Dominum
22 Plorans ploravit
23 Et unam sanctam catholicam
24 Benedictus
25 Composicion chromática
26 Victimae paschali laudes
Ensemble BachWerkVokal
Dirigent: Gordon Safari
Aufgenommen am 24., 25. und 26. Juni 2024 in der Stiftskirche Laufen
SACD-Veröffentlichung: 07. November 2025
MDG 923 2368-6


Weitere Infos siehe auch: https://www.bachwerkvokal.com/


https://www.andre-sokolowski.de

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