Klima-
aktivisitisch
CASSANDRA an der Staatsoper Unter den Linden
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Katarina Bradić (als Cassandra) und Jessica Niles (als Sandra) | Foto (C) Stephan Rabold
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Bewertung:
Vor zwei Jahren fand in LA MONNAIE in Brüssel die Uraufführung der Oper Cassandra von Bernard Foccroulle (71) - Libretto von Matthew Jocelyn (67) - statt; wahrscheinlich hatte sie auch die Berliner Staatsopernintendantin Elisabeth Sobotka (oder womöglich noch ihr Vorgänger Matthias Schulz) gesehen und gehört, und höchstwahrscheinlich hatte ihr (oder ihm) das alles derart gut gefallen, dass dann diese Produktion (inszeniert von Marie-Eve Signeyrole, die letzten Herbst mit ihrem Macbeth an der DOB bruchlandete) nunmehr auch untern Linden seh- und hörbar werden sollte; vor paar Tagen war Premiere in der deutschen Hauptstadt:
"In Form von Stand-up-Comedy verbreitet Sandra ihre Forschungen zu schmelzendem Polareis und hofft, auf diese Weise Menschen für die alarmierende Situation unseres Planeten sensibilisieren zu können. Sie erntet Beifall, muss sich aber auch skeptischen Fragen stellen. Ihre Warnungen bleiben selbst in ihrer eigenen Familie ungehört, wie es auch der mythischen Figur Cassandra ergeht, nachdem sie die flammende Zerstörung Trojas vorausgesagt hat. Der Gott Apollo verlieh ihr zwar seherische Kraft, doch weil sie sich ihm nicht hingibt, entzieht er ihren Worten die Wirkung." (Quelle: staatsoper-berlin.de)
Jessica Niles ist als Sandra und Katarina Bradić als Cassandra zu sehen und zu hören. Beide singen und spielen gut, die Erstgenannte freilich noch ein Deut'chen besser als die Zweitgenannte, was dem deklamatorischen Schwergewichtsanteil ihrer Rolle entspricht.
Ich höre überwiegend Sprechgesang, also alles das, was sich dialogisch zwischen zwei oder mehreren Personen abspielt.
Melodiös wird es sehr, sehr, sehr selten - beispielsweise bei dem emotionalen Wiegenlied-Auftritt von Sandras hochschwangerer Schwester Naomi (Sarah Defrise), die ihr Baby allerdings noch vor dem großen Stück-Gau (als die Nachricht von dem Untergang des Klimaaktivistendampfers mit dem neuen Freund von ihrer Schwester mittenrein in deren aktuelle "Stand-up-Comedy" platzt oder patzt) verliert. Aber auch das vom Staatsopernchor am Ende anzitierte "Ach wie flüchtig, ach wie nichtig" aus der gleichnamigen Bach-Kantate stimmt versöhnlich, was ja wohl nicht anders zu erwarten gewesen sein konnte.
Ansonsten bleibt nicht viel von Foccroulles Musik in günstiger Erinnerung - obgleich ich spüre, dass das von der Dirigentin Anja Bihlmaier vorzüglich Einstudierte insbesondere im hauseignen Orchestergraben bei der souveränst spielenden Staatskapelle Berlin aufs Professionellste aufgehoben ist.
Gidon Saks und Susan Bikley überzeugen in/ mit ihrer Eltern-Rolle, aber auch als altgriechisches Priamos-Hekuba-Paar.
Der Sänger von Sandras neuem Freund Blake (Valdemar Villadsen) war kaum zu hören; schuld daran soll eine vorher informierte Allergie bei ihm gewesen sein. Und den Apollo sang dann von der Seitenlinie aus (als Einspringer für Joshua Hopkins, der erkältet war und seinen Part daher nur mimte) Kamil Ben Hsain Lachiri.
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Viel junge Leute (Schulklassen?) im Publikum; ihr Interesse an dem Stoff an sich - Parole: Klimawandel - scheint ehrlich und echt zu sein, ja und vergleiche ich das so mit mir, der ich dann insgesamt für diese Welt und das auf ihr herumwuchernde Menschenungetüm schwarz für die Zukunft seh', gerate ich vorübergehend in ein positives Grübeln.
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Jessica Niles (als Sandra) in Cassandra an der Staatsoper Unter den Linden Foto (C) Stephan Rabold
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Andre Sokolowski - 26. Juni 2025 ID 15327
CASSANDRA (Staatsoper Unter den Linden, 25.06.2025)
von Bernard Foccroulle (Musik) und Matthew Jocelyn (Text)
Musikalische Leitung: Anja Bihlmaier
Inszenierung und Video: Marie-Eve Signeyrole
Spielleitung: Sandra Pocceschi
Bühne: Fabien Teigné
Kostüme: Yashi
Licht: Philippe Berthomé
Mitarbeit Video: Artis Dzērve
Einstudierung Chor: Dani Juris
Dramaturgie: Louis Geisler und Elisabeth Kühne
Besetzung:
Cassandra ... Katarina Bradić
Sandra ... Jessica Niles
Hecuba, Victoria ... Susan Bickley
Naomi ... Sarah Defrise
Blake ... Valdemar Villadsen
Apollo, Angry Audience Member ... Kamil Ben Hsain Lachiri (Gesang) und Joshua Hopkins (Spiel)
Priam, Alexander ... Gidon Saks
Stage Manager, Marjorie ... Sandrine Mairesse
Conference Presenter ... Lisa Willems
Staatsopernchor
Staatskapelle Berlin
Premiere war am 19. Juni 2025.
Weitere Termine: 03., 11.07.2025
Eine Produktion des Théâtre Royal de la Monnaie, Brüssel
Weitere Infos siehe auch: https://www.staatsoper-berlin.de
https://www.andre-sokolowski.de
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