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Nathan der Weise am Schauspiel Köln | Foto © Tommy Hetzel

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Wie aktuell kann Gotthold Ephraim Lessings kanonisches Aufklärungsdrama von 1779 heute noch sein? Im Zentrum des Geschehens stehen Fragen nach der Bedeutung von Glauben als sinn- und identitätsstiftende Instanz. Gerade in Zeiten der Einführung des Islamunterrichts an öffentlichen Schulen erscheint der Stellenwert des (Nicht-)Glaubens für die Sozialisierung relevant. Volker Lösch fokussierte so in seiner gelungenen Adaption des Humanitätsdramas 2016 aktuelle Lebensrealitäten, Konflikte und Diskriminierungserfahrungen muslimisch-deutscher Jugendliche. Leider kontextualisiert Stefan Bachmann Lessings Vorlage in Köln weniger; nur subtil geht es auf intellektueller Ebene auch um heutige Zugehörigkeitskonflikte. Der amtierende Kölner Intendant strich Lessings Text nämlich auch zusammen und montierte neuere Texte hinein, etwa eine Kritik linksliberaler Identitätspolitik. Trotzdem wirkt die Fassung im Kölner Depot 1 sichtlich angestaubt und abgestanden.

Nathan der Weise spielt im 12. Jahrhundert in Jerusalem. Die Lage zwischen den politischen Vertretern verschiedener Glaubensrichtungen ist höchst angespannt. Das Haus des jüdischen Kaufmanns Nathan (sanftmütig und ergeben: Bruno Cathomas), der von einer Reise zurückkehrt, brannte in Schutt und Asche. Wie durch ein Wunder rettete ein Tempelritter (Alexander Angeletta) Nathans Tochter Recha (hysterisch wetternd: Lola Klamroth). Dieser Tempelritter wurde vom Sultan Saladin (Kais Settin) einst selbst vor dem Tod verschont. Der Sultan begnadigte ihn während eines blutigen Kreuzzugs, weil er seinem verstorbenen Bruder ähnlich sieht. Nathan setzt sich im Verlauf des Stückes beim Sultan für mehr Gleichberechtigung zwischen den Weltreligionen, Toleranz und Menschlichkeit ein.

Recha wird an der Kölner Spielstätte Depot 1, eingewickelt wie eine Mumie, in einem Krankenbett auf die Bühne geschoben. Der christliche Tempelherr, selbst traumatisiert und Opfer von Anfeindungen, schwingt rassistische Reden. Er kann den dankbaren Nathan damit nicht aus der Ruhe bringen. Während der Dialoge kommt wenig Spannung auf. Einige Figuren wirken seltsam deplaziert, etwa ein Engel mit zerfledderten Flügeln (Margot Gödrös), der verschmitzt lächelnd Gebote vorträgt. Immerhin schafft das dystopische Bühnenbild von Jana Fidelke und Joki Tewes eine Prise Spannung, wenn Flammen hinter verkohlten Palmen emporlodern und sich die Darsteller auf verkohlten Flächen wälzen. Völlig albern, absurd und kitschig wird es schließlich, wenn das Ensemble Udo Lindenbergs „Wir ziehen in den Frieden“ als Schlusslied anstimmt. So heißt es hier pathetisch: „Stell dir vor es ist Frieden, und jeder geht hin.“



Nathan der Weise am Schauspiel Köln | Foto © Tommy Hetzel

Ansgar Skoda - 10. Oktober 2021 (2)
ID 13201
NATHAN DER WEISE (Depot 1, 08.10.2021)
Regie: Stefan Bachmann
Bühne und Kostüme: Jana Findeklee, Joki Tewes
Musik und Komposition: Matti Gajek
Licht: Michael Gööck
Dramaturgie: Lea Goebel
Choreografie/ Körperarbeit: Sabina Perry
Mit: Alexander Angeletta, Bruno Cathomas, Margot Gödrös, Lena Kalisch, Lola Klamroth, Melanie Kretschmann, Martin Reinke und Kais Setti
Premiere am Schauspiel Köln: 10. September 2021
Weitere Termine: 13., 19.10. / 25.-27.11.2021


Weitere Infos siehe auch: https://www.schauspiel.koeln/


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