Let it flow!
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He? She? Me! Free. an der Schaubühne Berlin | Foto (C) Gianmarco Bresadola
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Bewertung:
Eva Meckbach hat so ein merkwürdiges Unbehagen, das sie gerne loswerden würde. Mit Ruth Rosenfeld spielt sie auf der Gitarre, wobei beide sich ein paar Schlagwörter wie Gendertrouble oder Gendergrenzen zuwerfen. Raus aus der Norm und dem binären Rahmen, rein in die Freiheit. Dazu singen die beiden Everything Is Free von Gillian Welch, einen schönen Folk-Song zum Warm-up des neuen Theaterprojekts von Patrick Wengeroth und Ensemble im Studio der Schaubühne am Lehniner Platz. Sie nennen sich Eva, Adam oder Eva-Adam. He? She? Me! Free. Der Titel des Abends ist Programm. Mann und Frau geben sich hier genderfluid, was sich vor allem in den Kostümen widerspiegelt. So stöckelt etwa Patrick Wengenroth auf High Heels herein und trägt dazu Bärtchen und pinkfarbene Jogginghosen. Ansonsten befinden wir uns in einer vermutlich etwas queeren WG, die in einem Wohnzimmer mit Pappwänden haust und schon zum Frühstück ein wenig jammt.
Nach Feminismus in thisisitgirl (2015) und Polyamorie in LOVE HURTS IN TINDER TIMES (2017) geht es nun also darum, die Kategorien von Gender und fixen Zuschreibungen von Rollenbildern zu diskutieren und eben als fließend veränderbar zu sehen. Dazu haben Patrick Wengenroth und sein Ensemble, bestehend aus dem Musiker Matze Kloppe, den SchauspielerInnen Bernardo Arias Porras, Iris Becher, Eva Meckbach und der israelischen Sängerin Ruth Rosenfeld (u.a. bekannt aus einigen Produktionen der Berliner Volksbühne), theoretische Texte zum Thema von Laury Penny, Beatriz Preciado, Virginie Despentes und natürlich Judith Butlers gelesen und verwenden Auszüge aus Paul B. Preciados Buch Testo Junkie - Drogen und Biopolitik in der Ära der Pharmapornografie, in dem ein Frau-zu-Mann-Transsexueller über seine Erfahrungen bei der Testosteroneinnahme berichtet.
So diskutiert das Ensemble im Pollesch-Stil über heteronormative Strukturen und Privilegien, über die Vor- und Nachteil Adam oder Eva zu sein. In kleinen pseudopersönlich Berichten, wie man sie auch aus Produktionen etwa von Yael Ronen im Maxim Gorki Theaters kennt, erzählt z.B. Ruth Rosenfeld über ihre Jugend in einer ultraorthodoxen jüdischen Community in New York, wo sie zwangsverheiratet wurde und gegen ihren patriarchalen Ehemann opponieren musste. Sie gilt seitdem für ihre Familie als tot. Oder Eva Meckbach und Bernardo Arias Porras berichten aus ihrem Leben als Zwitter und Transsexuelle mit einschneidenden Geschlechtsanpassungen. Der eigene Körper wird dabei zum Feind. Kleine Sketsche lockern das Ganze etwa auf, wenn etwa Ruth Rosenfeld und Eva Meckbach als Mann-Frau-Puppen kostümiert ein kleines Genderkabarett aufführen, oder Bernardo Arias Porras über seinen „friedensnobelpreisgekrönten“ Schwanz monologisiert.
Unterbrochen wird das Spiel immer wieder von Musikeinlagen, die vom Ensemble passend zum Thema zusammengestellt wurden. „Music is a Spacemaker“, weiß Ruth Rosenfeld. Und so nimmt sie an diesem Abend auch entsprechenden Raum ein. Was Worte nicht vermögen, schaffen vielleicht ein paar gute Songs. Und so performt Bernardo Arias Porras Du lässt dich gehen von Charles Aznavour, Ruth Rosenfeld interpretiert Neneh Cherrys Song Woman, oder Iris Becher singt I Think I'm Paranoid von Garbage, bevor dieser recht lockere, die Differenz feiernde Abend mit der Queen-Hymne I want to break free zu Ende geht, nicht ohne dem Publikum noch eine weitere Zugabe zu gönnen.
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He? She? Me! Free. an der Schaubühne Berlin | Foto (C) Gianmarco Bresadola
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Stefan Bock - 17. Dezember 2018 ID 11105
HE? SHE? ME! FREE. (Studio, 13.12.2918)
Ein Projekt von Patrick Wengenroth und dem Ensemble
Realisation: Patrick Wengenroth
Bühne: Mascha Mazur
Kostüme: Ulrike Gutbrod
Musik: Matze Kloppe
Dramaturgie: Bettina Ehrlich
Licht: Erich Schneider
Mit: Bernardo Arias Porras, Iris Becher, Matze Kloppe, Eva Meckbach, Ruth Rosenfeld und Patrick Wengenroth
Premiere an der Schaubühne am Lehniner Platz: 13. Dezember 2018 Weitere Termine: 07., 08., 30., 31. 01.2019
Weitere Infos siehe auch: https://www.schaubuehne.de/
Post an Stefan Bock
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