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Remember me!

OBDUKTION EINER KUNSTFIGUR - KLAUS NOMI

Bewertung:    



Die Faszination an dem Phänomen Klaus Nomi ist ungebrochen. 1998 stellte die Komponistin Olga Neuwirth bei den Salzburger Festspielen erstmals einen Liederzyklus aus vier Nomi Songs vor. Danach die Uraufführung von Neuwirths Oper Hommage à Klaus Nomi bei MaerzMusik 2008. Die Auseinandersetzung mit der einmaligen Künstlerpersönlichkeit Nomi hat auch das Thalia Theater Hamburg erreicht, welches sein Stück OBDUKTION EINER KUNSTFIGUR - KLAUS NOMI an zwei Abenden im Theaterdiscounter in Berlin vorstellte.

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Klaus Nomi wurde 1944 in Bayern unter dem Namen Klaus Sperber geboren. Als Zwölfjähriger begeisterte er sich für Rock´n Roll, nahm später klassischen Gesangsunterricht und fing an, in Opernhäusern als Platzanweiser und Komparse zu arbeiten, bis er schließlich in Bern das erste Mal eine Opernrolle sang. Neben der Fokussierung auf die Klassik interessierten ihn aber auch immer die neuesten und schrägsten Entwicklungen im Bereich der U-Musik, eine seltene Kombination. Noch seltener seine kräftige Falsett-Stimme. In Europa fühlte er sich bald nicht mehr wohl, ging 1972 nach New York und schuf 1978 die Kunstfigur Klaus Nomi. Der Name, ein Anagramm des Science-Fiction-Magazins OMNI, war gleichsam Programm seines extravaganten Auftretens. Man kann sich einen Marsbesucher beim sonntäglichen Kirchgang vorstellen: weit ausladene, die Schulter betonende frackähnliche Kostüme wurden mit viel Plastik kombiniert – ein hyperstilisiertes Image, dabei ständig changierend zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit. Die unterkühlt in Szene gesetzten Bühnenshows der Nomi-Band versetzen die Zuschauer in New York in Begeisterungsstürme. Schnell war Nomi eine Nummer der erwachenden New Wave Bewegung, 1979 trat er gemeinsam mit seinem Bandmitglied Joey Arias als Background-Sänger bei David Bowie auf. Faszinierend an Nomi war seine schillernde Oberflächlichkeit und eine mit gruseligem Ernst erzeugte Künstlichkeit. 1983 starb Klaus Nomi als eines der ersten prominenten AIDS-Opfer in New York.

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Die medialen Hinterlassenschaften des Künstlers sind der Ausgangspunkt von Jens Bluhms schräger musikalischer Bühnenshow. Aus einer Tänzerin, einer Schauspielerin, einer Sängerin und einem Schlagzeuger in grell klirrenden Kostümen besteht das Ensemble. Es beginnt mit Projektionen. "Klaus Nomi" und “Cold Song” wird in ein YouTube-Fenster eingegeben. Das Video eines Konzertmitschnitts aus dem Jahr 1982, in dem Klaus Nomi eine Arie aus Henry Purcells King Arthur interpretiert, erscheint daraufhin. Meredith Nicoll interpretiert die Arie live begleitet von Felix Stachelhaus. Ergänzt wird sein Schlagzeug mit Klangmaschinen und Loop-Effekten. Ein überdrehter, man könnte fast sagen durchgedrehter Gesang, der teilweise in Geschrei mündet. Meredith Nicoll entwickelt eine berührende Intensität, ihre Stimme eine Kraft und Dynamik, welche das Original auferstehen lässt.

Der Tod als Thema der Arie ist dem Körper des Sängers scheinbar eingeschrieben. So jedenfalls meint es der Regisseur. Meredith Nicoll aber unterbricht das Stück. In einer wunderbaren Power-Point-Parodie deutet sie den Auftritt um. Nomi sei nur nervös gewesen angesichts eines Auftrittes in seinem Heimatland und angesichts des riesigen Orchesters, was ihn begleitete. Stakkatoartige Monologe erzählen vom Leben Nomis: der kleine Klaus aus Essen, der Konditorlehrling, welcher sich nach New York aufgemacht hat.

Nach einigen Passagen über das Thema Aids mit Texten von Susan Sonntag endet das Stück in einem intensiven Remember me! Warum ist so ein Ausnahmekünstler einfach von der Bildfläche verschwunden? Keine Aufnahmen von Annie Leibovitz wie von so vielen Künstlern dieser Zeit. Traurig der Abschluss: „I`ll call you back sometime“ ist die Stimme Nomis von seinem Anrufbeantworter zu hören. Ein intensiver Abend voll mit visuellen, klanglichen und textlichen Überraschungen.



Obduktion einer Kunstfigur - Klaus Nomi im THEATERDISCOUNTER Berlin | Foto: Steffen Kühn

Steffen Kühn - 2. März 2020
ID 12049
OBDUKTION EINER KUNSTFIGUR - KLAUS NOMI (Theaterdiscounter, 01.03.2020)
Tanz/Performance ... Mona Vojacek Koper
Gesang/Performance ... Meredith Nicoll
Konzept/Regie ... Jens Bluh
Komposition/Live-Musik ... Felix Stachelhaus
Konzept/Dramaturgie ... Lena Carle
Bühne/Kostüme ... Gianna-Sophia Weise
Video ... Philipp Joy Reinhardt
Kooperation zwischen dem Thalia Theater Hamburg und der Hochschule für Musik und Theater, Hamburg


Weitere Infos siehe auch: https://theaterdiscounter.de/


Post an Steffen Kühn

https://www.hofklang.de

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