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nachDRUCK # 6

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Freie Szene

Soziales,

Asoziales



Bildquelle: das-erlebnis-theater.de

Bewertung:    



Unsere letzten Ratten von/nach Gerhart Hauptmann, die wir im Theater sahen, liegen sechs Jahre zurück - am Düsseldorfer Schauspielhaus erlebten wir eine sehr willkürliche Fassung Volker Löschs, mit vielen Sprechchorszenen also vielerlei Geschrei und der verständlich-nachvollziehbaren Betonung auf das "Frauen-Leid" an sich und insbesondere zu Zeiten einer extrem auseinanderklaffenden Sozialschere, was wiederum im superreichen Deutschland heutzutage (heutzutage!) eine neuerliche Renaissance erfährt; Die Ratten werden/würden also nimmer altmodisch. Besagte Aufführung hatte uns jedenfalls sehr gut gefallen, und wir taten ihr daher zu ihrer Zeit fünf K-Punkte verpassen.

Der Berliner Mietendeckel, so sozial und konsequent (und konsequent vor allem auch aus Sicht der hauptstädtischen Linken, Grünen und Sozialdemokratie, die ihn für ihre bis dahin "normale" oder weniger als wenig verdienende Wohnungsmieter-Wählerschaft beschlossen) er sich auch empfindet, kann am Ende nichts gegen die asoziale Eigendynamik des auf Immobilien fixierten Spekulantentums, das grenzenlos und unaufhaltsam wütet, ausrichten. Und falls diese besorgniserregende Entwicklung, dass die Immobilien- also auch die Mietpreise anhaltend durch die Decke gehen, nicht durch Grundsätzlicheres definitiv, vor allem aber deutschlandweit, gestoppt würde, hätten wir in der Tat dann wieder so Berliner Mietskasernenzustände wie anno 1911, als Hauptmanns Ratten ihre Uraufführung hatten - und zwar deutschlandweit!!

*

Die Regisseurin und Theaterpädagogin Beatrice Ellinger zieht ihren Kader für Projekte, die sie vorher auf der Website Das-Erlebnis-Theater ankündigt, aus einer Gruppe mehr oder weniger zufällig zusammengewürfelter Laien, mit denen sie dann ungefähr ein Jahr lang das von ihr beabsichtigte Stück erarbeitet und einstudiert; und im Kultur- und Kunstzentrum der Berlin-Weißenseer Brotfabrik hatte und hat sie für ihr Wirken höchstwahrscheinlich nicht nur einen materiell-technischen Partner finden können.

Gestern Abend war also Premiere zu der mehr als hundert Buchseiten umfassenden Ratten-Tragikomödie, und die 20 Rollen (einschließlich der beiden Säuglinge) verteilte Ellinger auf die ihr zur Verfügung gestanden habenden neun Schauspielerinnen und Schauspieler, die, außer dass sie schauspielerten, auch noch für den jeweiligen Bühnenumbau zwischen den fünf Akten sorgen mussten - das ging aber ziemlich flink und reibungslos, weil halt "nur" immer 20 graue Pappquader hin- /hergeräumt zu werden brauchten und der Kleiderständer mit den vielen schönen bunten Theater-Fundus-Klamotten Räder hatte und sodurch gut transportabel also fahrbar war; auch gab es Schmalzstullen mit Spreewaldgurken, Bohnenkaffee oder "Feuerwasser" zwischendurch zu essen und zu trinken...

Ellinger strich aus dem anstrengenden Textbrei das für sie nicht Brauchbare heraus und raffte das fortan zu Sprechende zu einer einiger Maßen erträglichen Spieldauer von ca zwei Stunden zusammen; auch dichtete sie ihren Hauptfiguren à la "und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute" fortgeführte Kurzviten, die sich dann wiederum nicht unplausibel anhörten, hinzu.

Brigitte Roth von Szepesbela und Lars Kuschinke begeisterten als Jette & Paul John, dem Haupt-Paar der berlinernden Sozialgeschichte, doch auch alle andern "Unverdrossenen" standen den beiden, was die allgemeine Spielfreude und -lust betraf, in überhaupt nichts nach - besonders großen Spaß machte es, Marec Raschdorf (der den Erich Spitta genial-unbeholfen gab) und Laura Groß (die unter anderem als Hausmeister "entwaffnete") bei ihrer Arbeit zuzuhören, zuzusehen!!

Schönes und vergnügliches Erlebnis - auch zum Nachdenken über Soziales/Asoziales taugend.

Hintergründig lief die Schellackplatte "Das war sein Miljö" mit Claire Waldoff.

Andre Sokolowski - 6. Februar 2020
ID 11981
DIE RATTEN (Brotfabrik Berlin, 05.02.2020)
Ein Stück Zeitgeschichte - in einer Mietskaserne - Berlin im Jahr 1895

Regie: Beatrice Ellinger
Besetzung:
Jette John ... Brigitte Roth von Szepesbela
Paul John ... Lars Kuschinke
Brunhilde Mechele / Frau Kielbacke ... Alleen Merkel
Erich Spitta ... Marec Raschdorf
Harro Hassenreuter ... Christian Rehmer
Walburga Hassenreuter ... Victoria Österle
Paulina Piperkarka / Hofschauspieler Jettel / Hannelore Hassenreuter ... Muriel Zenk
Sidonie Knobbe / Emil Quaquaro ... Laura Groß
Selma Knobbe / Alice Rütterbusch ... Ricarda Schmiede
Amateurtheatergruppe "Die Unverdrossenen"
Premiere war am 5. Februar 2020.
Weitere Termine: 07., 08., 10., 11.02.2020
Eine Produktion von Das-Erlebnis-Theater


Weitere Infos siehe auch: https://www.das-erlebnis-theater.de/


http://www.andre-sokolowski.de

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