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               | | Waldkommune 
 „Schäferglück“
 |   Wie es euch gefällt am Staatsschauspiel Dresden - Foto (C) David Baltzer
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 | Bewertung:   
 
 
 Ein Auftakt nach Maß: Vor einem einer Puppenstube gleichenden Guckkasten tänzeln die Darsteller in wunderhübsch farbenprächtigen Kostümen (Irène Favre de Lucascaz), beschnuppern sich paarweise, eine solche Poesie braucht keine Worte. Auch der Auftritt des den Bruder vom Thron verdrängt habenden Herzogs Frederick mit Gefolge ist beeindruckend in Szene gesetzt; jenes zittert sich rücklings zwei beidseits des Kastens angedeutete Wendeltreppen hinunter, bevor er in kalter Geschäftsmäßigkeit folgt und Furcht verbreitet.
 
 Fast zu schnell eilt man in der Folge durch die Anfangsszenen, in einer guten halben Stunde sind der Bruderzwist, der Ringkampf (originell als eine Art Hörspiel inszeniert), die Verbannung des siegreichen Orlando und wenig später auch der in Liebe entflammten Tochter des rechtmäßigen Herzogs Rosalinde, der in inniger Verbundenheit die Cousine Celia, Fredericks Tochter, folgt und den Narren Touchstone gleich mitnimmt, erledigt.
 
 Ab in den Wald der Ardennen, wo schon der Herzog hin verbannt wurde. Zur Fluchterleichterung wandelt sich Rosalinde in den Knaben Ganymed und zieht mit Celia als Geschwisterpaar von dannen.
 
 Der Guckkasten fährt ab, eine Landschaft erscheint, mit Hügel, Gebüsch und Baum (feine Bühne: Sabrina Rox).
 
 Landlust, zur Sonne, zur Freiheit, das scheint hier alles recht idyllisch zu sein. Der gewesene Herzog hat die Hippiekultur für sich entdeckt und vermisst nach seinem zwangsweisen Ausstieg (Outplacement sagt man wohl dazu) offensichtlich nichts. In seiner Waldkommune leben Menschen (schick in Leinen gewandet) und Tiere friedlich zusammen, auch wenn das große Fressen hier nur virtuell ist. Gäste sind willkommen, ob sie nun Orlando oder Ganymed heißen. Natürlich erkennt ersterer seine Geliebte in ihrer Verkleidung nicht, sondern schreibt ersatzweise schlechte Gedichte an die Bäume.
 
 Ehe man uns gerührt in die Pause entlässt, wird aber noch Gehlers Tierleben aufgeführt, eine ganz ganz wunderbare Szene, in der die Darsteller sich nicht zum Affen machen, zu anderem Getier aber schon. Wenn da nicht der Liebeskummer wäre, könnte es perfekt sein für die Beteiligten. Für die Zuschauer war es dies auf jeden Fall.
 
 Vielleicht war es aber auch zu perfekt.
 
 Denn nach der Pause sieht man anfangs noch ein feines Gruppenkuscheln, das war es dann aber auch mit Höhepunkten. Die Handlung, die ohnehin nicht mehr viel Überraschendes zu bieten hat (es kriegen sich alle, ob sie wollen oder nicht), schleppt sich dahin, der Schwung ist verbraucht, zu lachen gibt es auch nicht mehr viel, das Stück wird routiniert zu Ende gespielt.
 
 Außer einem ästhetisch gelungenen Schlussbild ist nicht mehr viel zu berichten, immerhin erscheint zuvor der reitende Bote des unrechtmäßigen Herzogs und verkündet, dass jener zwar in kriegerischer Absicht zum Walde kam, dann aber von einem Mönch umgedreht wurde und fortan hier Buße tun wolle. Ah-ja. Dann wird vierfach geheiratet, der Thron ist nun wieder des Herzogs, ob das für ihn und einige der Bräute so eine gute Idee ist, sei dahingestellt.
 
 Keine Ahnung, was der Inszenierung da in der Pause passiert ist: Aus einem mitreißendem Theatersturm wird ein laues Lüftchen, die Luft ist raus, das Feuer erloschen und dergleichen Metaphern mehr. Schade, wirklich schade.
 
 Es bleibt noch zu vermerken, dass André Kaczmarczyk seinem Touchstone durchgängig Eleganz, Witz und Charme verlieh, dass Thomas Eisen die beiden Herzöge beeindruckend als Gegensatz zeigte und dass Thomas Schumacher als Oliver und als Schäfer überzeugte. Yohanna Schwertfeger durfte anfangs dümmlich und später rotzig sein, was sehenswert war, aber sie wohl nicht voll forderte. Sonja Beißwenger stand die Rolle der echten Rosalinde deutlich besser als die Verkleidung als Ganymed, in Summe erreichte sie nicht das gewohnte Niveau.
 
 Ein geteiltes Stück, so unterschiedlich in seinen Hälften wie die Charaktere der beiden Herzöge. Aber bei jenen siegt am Ende der Gute, und so vergess ich schnell den Schluss und behalte lieber den großartigen ersten Teil in Erinnerung.
 
 
 
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 Sandro Zimmermann - 18. Januar 2015
 ID 8373
 WIE ES EUCH GEFÄLLT (Schauspielhaus, 17.01.2015)
 Regie: Jan Gehler
 Bühne: Sabrina Rox
 Kostüme: Irène Favre de Lucascaz
 Musik: Vredeber Albrecht
 Musiker: Vredeber Albrecht, Lars Precht
 Dramaturgie: Robert Koall
 Licht: Michael Gööck
 Besetzung:
 Frederick, Bruder des Herzogs und Usurpator seines Gebiets ... Thomas Eisen
 Charles, Fredericks Ringer ... Duran Özer
 Le Beau, ein Hofmann in Fredericks Diensten ...Christian Clauß
 Oliver und Orlando, Söhne des Freiherrn Rowland de Boys ... Thomas Schumacher, Benjamin Pauquet
 Adam, Bedienter Olivers ... Nina Gummich
 Der Herzog, in der Verbannung ... Thomas Eisen
 Amiens & Jaques, Edelleute, die den Herzog in der Verbannung begleiten ... Christian Clauß, Philipp Lux
 Touchstone, der Narr ... André Kaczmarczyk
 Corin und Silvius, Schäfer ... Thomas Schumacher, Duran Özer
 Rosalinde, Tochter des vertriebenen Herzogs ... Sonja Beißwenger
 Celia, Fredericks Tochter ... Yohanna Schwertfeger
 Phebe, eine Schäferin ... Nadine Quittner
 Audrey, ein Bauernmädchen ... Nina Gummich
 Premiere war am 17. Januar 2015
 Weitere Termine: 19.1. / 5., 18., 24. 2. / 1. 3. 2015
 
 Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsschauspiel-dresden.de
 
 
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