Premiere an der Berliner Schaubühne am 20. Februar 2007
GESPENSTER von Henrik Ibsen
Aus dem Norwegischen von Angelika Gundlach
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Wenn die Mutter mit dem Sohne... Gleich wird Bibiana Beglau (als Helene)
Bruno Cathomas (als Osvald) einen Todesschuss aus der Kanüle darbringen.
Dieses und noch viel mehr zu sehen in der neuen Inszenierung von
GESPENSTER am Lehniner Platz - Foto (C) Arno Declair
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Ist das Ibsenjahr nun bald vorbei?! Oder gibts außer Shakespeare, Tschechow und dem alten Zausel sonst vielleicht noch ein paar "adäquate" Schreiber, die das "ähnlich" konnten so wie die und der??!! Dass von dem Norweger recht zeitgemäße Sichten auf den Menschen in- und fernwärts von den großen Städten seinem vorliegenden Stückwerk absaugbarer Weise zu entnehmen sind, ist stets bewiesen worden. Und es hat sich selbstverständlich bis in die entfernteste Theaterklitsche rumgesprochen, was der Großbürger großbürgerlich zu nennen pflegte, wollte er sich auf den Brettern "die die Welt bedeuten" theatralisch abgehandelt wissen. Nein, den echten Zahn der Zeit treffen die Dinger heute nicht/nicht mehr. Da wirken solche Ausgrabungen hilflos, und sie scheinen grad mal absicherenden Beweggründen - das Haus muss voll sein - zu gehorchen. Sieht man auch am Publikum: gepflegtes Bürgertum und ihre scheinbar nicht so sehr gepflegten Bürgerkinder; alles Tarnung... Ja, die Schaubühne Berlin hat sich ihre Verdienste um die Ibsenpflege in den letzten Spielzeiten sehr üppig preisen lassen. Kann sie freilich nix dafür. So was geschieht von selbst; und immer wieder sinds die Schauspieler, die ihren Häusern derartigen Ruhm bescheren; also . . .
Machen wir es kurz: Die Schlussszene der Nübling-Inszenierung von GESPENSTER ist der absolute Hammer!! Beglau/Cathomas sind ganz in Nebelschwaden eingehüllt. Die hat zuvor der Cathomas erzeugt; er stopft sich unmäßige Mengen Weizenmehl ins Maul, um es dann - Raucherdunst zu imitieren - kräftig auszuprusten; welches Wunder, dass er sich hierbei dann nicht verschluckte. Beglau, sich ihm unvorsichtig nähernd, kriegt den ganzen Weißdunst unbarmherzigst mitten ins Gesicht geblasen. Diese Szene soll verdeutlichen, wie ausgebrannt der sterbenskranke Sohn der Mutter ist. Bei Ibsen hat er ja Syphilis. Deshalb kehrte er ins mütterliche Haus zurück. Doch will er nicht von ihr gepflegt, gewindelt und gesiechelt werden, er wills kürzer haben, und sie soll ihm halt mit Morphium einfach tot spritzen. Das tut die Beglau auch. Zuvor jedoch entschleimt sie Cathomas mit ihren bloßen Fingern dessen mehlvermanschtes Innenmaul - - kein schöner Anblick, nichts für Zartbesaitete. Pietà mal völlig anders.
Doch auch Beyer, Hartmann, Draeger sehr sehr sehr sehr preisverdächtig.
Gerstner s Konferenztisch: ein Geniestreich.
Wer den Ibsen so mal will und mag, soll hingehen!!!
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Andre Sokolowski - red / 22. Februar 2007 ID 3002
www.andre-sokolowski.de
GESPENSTER von Henrik Ibsen
Aus dem Norwegischen von Angelika Gundlach
Regie: Sebastian Nübling
Ausstattung: Muriel Gerstner
Besetzung: Bibiana Beglau (Helene), Bruno Cathomas (Osvald), Robert Beyer (Manders), Jörg Hartmann (Jakob Engstrand), Lea Draeger (Regine) u. a.
Premiere an der Berliner Schaubühne am 20. Februar 2007
Nächste Vorstellungen: 23.-25.02. / 14.03., 23.-25.03.2007
Weitere Infos siehe auch: http://www.schaubuehne.de
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