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nachDRUCK # 6

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Kult-Inszenierung

Aus Gary´s Arsch

spritzt eimerweise Blut

SHOPPEN & FICKEN in der Regie von Thomas Ostermeier

Was unterscheidet Mensch und Tier? das Shoppen. Worin sind sie gleich? beim Ficken. Schlag auf Schlag. Also wer Geld hat auszugeben, kauft; wer keins hat, stiehlt sich, was er braucht. Davor/danach gehirnliche Beruhigung, "Abschalten". Und zwischen ihnen (Mensch & Tier) vermitteln scheinbar ungeschlechtliche Gestalten, wahre Zombies der Gesellschaft: die Verkäufer. Um die Weihnachtszeit - Adventssamstage! Kaufrausch!! Läden völlig überfüllt!!! - kann jeder miterleben, was (sehr frei nach Marx gesprochen) wohl gemeint sein könnte.

Im dem gleichnamigen Stück Mark Ravenhills (Shoppen & Ficken) geht es außerdem um ein in unsrer Zivilisation - es wird sogleich zu klären sein, was Autor resp. Brian, einer der fünf Spielfiguren, unter Zivilisation versteh'n - umhergeisternden Phänomen: dem Phänomen der Angst. Der Angst vor anderen. Der Angst vor allem aber vor sich selbst. Sie führt dazu, dass Menschen Ungeheuerliches tun.


Zum Beispiel Brian, dieser einzige Erwachsene im Stück. Sein Sohn spielt Cello; davon gibts ein Video, ja, und Brian schaut sich´s immer wieder an und schluchzt und weint vor Rührung... und er will auch, dass die andern Videoschauenden (Robbie und Lulu - Bruno Cathomas und Jule Böwe sind die kongenialen Darsteller des Kinderpaars) ein ähnliches Gefühl der Rührung mit ihm teilen; später meint er ihnen gegenüber: Zivilisation ist Geld, und Geld ist Zivilisation = wie sich die Kreise schließen.

Brian also ist ihr "Arbeitgeber" - Robbie, Lulu müssen für ihn Ecstasy verteil´n; verpfiffen sie ihn, würde sie der Schlagbohrer entstellen: Brian´s Drohung. Er besucht die Schützlinge am Schluss, um ihnen ihren Dealerlohn in einer Reisetasche da zu lassen. Er verzichtet auf das Geld, er gibt es weiter, er weiß schon um dieses Geld, auch dass es "Blutgeld" ist. Aber aus irgend einer Art Katharsis, die er stellvertretend für die anderen durchlebt, durchlitten haben könnte, lässt er sich zu diesem scheinhumanen Schluss verleiten - selbst wenn es ihm nur aus purem Selbstmitleid oder der ihm so typisch eigenen Rührseligkeit passierte.

Diese Schlussszene ist so oder so ungefähr bei Ravenhill im Text zu lesen. Thomas Ostermeier, der das Stück vor sieben Jahren am DT herausbrachte (seither läuft´s an der Schaubühne) kann solcher Art von off´nem Ende wenig oder überhaupt nichts abgewinnen. Das hat seinen guten Grund: Dem missionarisch-vollmundigen Brianmonolog (Bernd Stempel spielt und spricht ihn) geht ein szenisch absolut nicht mehr zu steigernder erschütterlicher Akt voraus, wie man ihn so, behaupte ich jetzt stur und steif, noch nie auf deutschen Bühnen sah.



Shoppen und Ficken in der Schaubühne am Lehniner Platz | Foto (C) Gerlind Klemens


Gary der Stricher (dem André Szymanski seinen Körper, seine Stimme leiht) hat keinen Bock mehr auf das Leben. Gary wurde Jahre lang von seinem Stiefvater missbraucht. Gary will seither nur noch eins: dass ihn ein neuer, ein sehr starker und ein sehr, sehr, sehr gewalttätiger Dad an Sohnes statt mit zu sich nimmt. Gary hat Mark getroffen - - aber Mark (den Thomas Bading spielt) will etwas völlig anderes. Mark hat auch selber ein Problem, weswegen er sich von den "alten" Freunden (Robbie, Lulu) erst mal trennte. Mark krankt am Beziehungszwang, er kann sein Herz von seinem Schwanz nicht unterscheiden, und er glaubte sich nach einer Therapie schon fast geheilt und lässt sich letztlich doch dann wieder vom Gefühl beirren; breit schlagen. - - - Gary & Mark. Der Eine reckt dem Andern seinen Arsch entgegen. Und das Messer singt...


Andre Sokolowski - 13. Dezember 2005
ID 2170
http://www.andre-sokolowski.de

SHOPPEN & FICKEN (Schaubühne am Lehniner Platz, 11.12.2005)
Regie: Thomas Ostermeier
Bühne: Rufus Didwiszus
Kostüme: Marion Münch
Musik: Jörg Gollasch
Dramaturgie: Jens Hillje
Licht: Gerd Franke
Besetzung:
Mark ... Thomas Bading
Lulu ... Jule Böwe
Robbie ... Bruno Cathomas
Gary ... André Szymanski
Brian ... Bernd Stempel
Premiere der DSE im Deutschen Theater Berlin (Baracke): 17. Januar 1998

Weitere Infos siehe auch: http://www.schaubuehne.de





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