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Feuilleton


17. Mai 2012, Premiere der Oper Köln

TOSCA



Der Musical Dome Köln, auch Blaues Zelt genannt, freut sich über den Einzug ernst zu nehmender Musik bei sich - und wie man aus der anhaltenden Not dann eine neuerliche Tugend machte mittels Tosca durch die baufällige Großinstitution der Oper Köln / Foto (C) http://www.musical-dome.de


"Vissi d'arte" oder Sie lebte(n) für die Kunst

Der virulente Kölner Künstlerintendant Uwe Eric Laufenberg, von dem die letzten beiden Jahre schillernde Ideen und Impulse zur "behelfsmäßigen" Weiterführung und -bespielung seines in Dauersanierung befindlichen Opernhauses ausgegangen waren - und man wagt sich gar nicht vorzustellen, was für Kämpfe er da mit den Technokraten, die nicht nur für eine Weiterleitung und Verteilung hierfür notwendiger Steuergelder zuständig sind, auszufichten hatte - , hat dann also jetzt, und dem Vernehmen nach, die Schnauze voll und schmeißt den Laden hin! "Wir fordern die politisch Verantwortlichen eindringlich auf, die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die erreichte künstlerische Qualität der Oper erhalten, fortführen und Planungssicherheiten für die Bühnen der Stadt Köln gewährleisten zu können. / Wir, die Mitarbeiter der Oper Köln, übernehmen Verantwortung für unsere beruflichen Ziele und geben uns und allen, die Oper in Köln schätzen und lieben, eine Stimme und fordern von der Kölner Stadtpolitik verantwortungsvolles Handeln. / UNTERSTÜTZEN SIE UNS, INDEM SIE DIE ONLINE-PETITION UNTERZEICHNEN" - lässt er (noch in Amt und Würden) die Belegschaft seines Hauses "hilfeschreiend" durch ein Beipackzettelchen, das ins Programmheft Nr. 40 reingelegt gewesen war, verkünden. [Unten geben wir die URL, mit der man zu dem Aufruf kommt, als Link zum Besten; selbstverständlich werden dann auch wir als Online-Magazin KULTURA-EXTRA mit zu den Signierenden der Stunde zählen.]

* * *


"Vissi d'arte" (zu deutsch "Ich lebte für die Kunst" = Betreffzeile aus Toscas seltbstbemitleidender Arie aus dem zweiten Akt der gleichnamigen Oper von Puccini) war dann also irgendwie auch aktuelles Thema dieser insgesamt dann aufgewühlt habenden Blaues-Zelt-Premiere hinterm Kölner Hauptbahnhof. Zum ersten Mal gastierten Techniker sowie Ensemble von der Kölner Oper dort - die Spielstätte, die eigentlich für kommerzielle Musicals gebaut und eingerichtet wurde (und auch sie hätte von städtekämmerischer Seite aus ein paarmal schon für einen Abriss zur Disposition gestanden; jetzt darf sie bis 2015 erst mal weiter stehen, wo sie steht), machte und macht sich für immense Produktionen scheinbar gut; die Bühne taugt von ihrer Dimension für Großes, der Orchestergraben ist geräumig und sehr tief... Das ohrenscheinlichste Problem jedoch war, ist und wird der Klang: Zu obertonlastig, zu leise!! Keine Ahnung, wie man das vielleicht noch später hinbekommen könnte - sollte/müsste man den Ton mitunter gar verstärken??

Und so kriegte man zwar ein sehr transparent und delikat spielendes Gürzenich-Orchester (Dirigent war Markus Stenz) zu hören, doch die musikalisch ausbrechenden Leidenschaften während dieser Oper blieben "so gesehen" (s. o.) leider etwas überdeckelt und verschüttgegangen - was jedoch, und wie gesagt, nicht am Orchester, und auch nicht am Chor der Oper Köln (Choreinstudierung: Andrew Ollivant), ja und erst recht nicht an den singenden Protagonisten lag.

Takesha Meshé Kizart gab die Titelrolle. Ihre schauspielernde Ausstrahlung war ganz und gar der Diva in dem tollen Stück um Macht und Leidenschaft verpflichtet. Ihre Stimme fühlte sich erkennbar wohl in dem Bereich, obgleich ihr tremolorig-flatterhafter Ansatz stellenweise etwas auf die Nerven ging. Aber in Allem, oder fast in Allem, überzeugte und begeisterte sie schon.

Calin Bratescu war Cavaradossi. Sein baritonal gefärbtes Timbre passt sehr gut zum Mario und räumt dankbar mit dem Pavarotti'schen Klischee auf. Dass er prinzipiell an seine (Höhen-)Grenzen stieß, machte ihn überhaupt nicht unsympathisch. Spielen konnte er dann sowieso.

Und spielen musste/muss ein Interpret der Fieslingsrolle dieser Oper, wenn er glaubwürdig dann rüberkommen will - Oliver Zwarg als Scarpia war perfekt hierfür gewählt! Auch singen tat er fulminant.

Regisseur Thilo Reinhardt übertrug den Thriller in die Mussolini-Zeit; auch schlugen hörbar ab und an ein paar Granaten ein, sodass das Mauerwerk des Einheitsbühnenbilds aus Kirche/Kerker (Ausstattung: Paul Zoller / Ulli Kremer) bröckelte und staubte. Alle - außer all den Guten in der Handlung - trugen schwarze Uniformen und waren zudem in ihrer nationalfaschistischen Gebärdung zu beobachten; so wurde nach und nach die Kirche ausgeplündert und entweiht... Als eines der schwer auszuhaltenden Cavaradossi-Folter-Bilder blieb die Nagelung desselbigen aufs Kreuz in der schockierenden Erinnerung. Und sowieso ließ es der Regisseur an einer vielfältigen Aufzeigung von menschlicher Gemeinheit und sadistischer Brutalität nicht mangeln.

Adäquat gemacht.

Gut vorstellbar, dass sich - durch diese Produktion der Oper Köln im Blauen Zelt - auch viele eingefleischte Musical-Verbraucher zu der letzten Endes doch viel schöneren "ernsten" Musik herüberziehen lassen könnten. [Eine Reihe hinter uns die Stimme eines Fragenden zu seiner Nachbarin: "Geht dieses Stück gut oder schlecht aus?" - Ja und nicht mal die Befragte konnte es ihm richtig sagen, weil auch sie's bisher nicht kannte.]


Andre Sokolowski - 18. Mai 2012
ID 00000005956
TOSCA (Oper am Dom, 17.05.2012)
Musikalische Leitung: Markus Stenz
Inszenierung: Thilo Reinhardt
Bühne: Paul Zoller
Kostüme: Ulli Kremer
Licht: Andreas Grüter
Dramaturgie: Birgit Meyer
Chorleitung: Andrew Ollivant
Besetzung:
Floria Tosca ... Takesha Meshé Kizart
Mario Cavaradossi ... Calin Bratescu
Baron Scarpia ... Oliver Zwarg
Cesare Angelotti ... Dennis Wilgenhof
Der Mesner ... Tiziano Bracci
Spoletta ... Martin Koch
Sciarrone ... Sévag Tachdjian
Ein Schließer ... Boris Djuric
Ein Hirt / Attavanti ... Rachel Bate
Chor der Oper Köln
Kölner Domchor
Gürzenich-Orchester Köln
Premiere im Musical Dome Köln war am 17. Mai 2012
Weitere Termine: 19., 25., 27., 31. 5. / 2., 6., 9., 13., 15., 17. 6. 2012


Weitere Infos siehe auch: http://www.openpetition.de/petition/online/wir-fuer-unsere-oper-koeln


Post an Andre Sokolowski



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