Der Axthieb hatte
Spuren hinterlassen,
nicht bloß
hinterm Ohr
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Vladimir Malakhov - Foto (C) Enrico Nawrath
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Vladimir Malakhov befreit sich aus der Folie. Sie ist die Metapher "seiner" Fruchtblase, also woher er kam. Die Mutter sieht man in dem schönen, obgleich nicht so furchtbar neuen, Bildergleichnis nicht. So denken wir sie uns: Null Mutter - null Geburtenvorgang.
Und auch so geben uns viele schöne Bilder dieser neuen und sehr kurzweiligen Vorstellung des Staatsballetts Berlin noch viel viel schöneres Gerätsel und Gewundre um sie auf. Ja und so lehnen wir uns, wiss- und bildbegierig, über eine Stunde lang zurück und zeigen uns ergriffen.
Hanna Schygullas Stimme klingt vom Band. Sie spricht in uns vertrautem Timbre, und wir fragen uns besorgt: Ja warum gibt es Hanna (die Schygulla) eigentlich dann nicht mehr richtig - also in so richtig guten Filmen, wenigstens in halb so guten wie denjenigen vom guten alten Fassbinder, der Hanna (die Schygulla) damals zu sich nahm und nicht mehr gehen ließ - im Kino oder im TV zu sehen? Hin und wieder, nicht nur durch die Wiederholungen der Fassbinder's, mitunter doch - aber so richtig, also so "wie früher"... geht ja nicht; die Zeit kannst du nicht rückwärts drehen. Und uns Hanna (die Schygulla) spricht so Texte vor, deren Bedeutung (und auch Herkunft) nebulösest, um nicht gar zu sagen unbedenklichst unser Hirn tangieren.
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Der Zeitreisende und die Mitzeitreisenden um ihn. Szene aus SYMPHONY OF SORROWFUL SONGS des Staatsballetts Berlin - Foto (C) Enrico Nawrath
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Ja, von einer Axt ist da die Rede, beispielsweise...
Leckeres Theaterblut ist hie und da zu sehen; Malakhov tropft es aus seinem rechten Ohr, darunter eine ziemlich deutliche Mensur (die Narbe eines Axthiebs halt). Auch hängen, wie man sieht, jeweils der kleine und der Ringfinger nur noch so provisorisch an den Händen Malakhovs - sowie der anderen Protagonisten (Michael Benzhaf, Martin Buczkó, Leonard Jakovina, Arshak Ghalumyan, Alexander Shpak, David Simic, Mehmet Yümak) um ihn her; sie kamen peu à peu dann als die Spiegelungen ihres großen/kleinen Bruders.
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Frauenbild aus SYMPHONY OF SORROWFUL SONGS des Staatsballetts Berlin - Foto (C) Enrico Nawrath
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7 Frauen (Nadja Saidakova, Elisa Carrillo Cabrera, Elena Pris, Sarah Mestrovic, Maria Boumpouli, Natalia Munoz, Xenia Wiest) - "gegen" 8 Vertreter jenes anderen Geschlechts - kommen in Outfits irgendwelcher Sekretärinnen; tragen Chanelkostümchen, gehn auf Pumps, haben sich schicke Hornbrillen auf ihre Stupsnäschen gesetzt und tragen ihre Haare audreyhepburnmäßig hochgesteckt... Später, so kurz vor Schluss der Vorstellung, sieht man sie ganz und gar mondän: Anna Karenina's könnten sie sein.
Aber auch Malakhov kehrt selbstverständlich ganz den Russen raus, gleich nach der Fruchtblasengeburt am Anfang dieses Stückes; denn da setzt er sich 'ne Schapka auf und steigt in ein Paar Rotarmistenstiefel.
Breiig und sehr deprimierend - aber wir sind völlig offen für die schöne dunkle Stimmung - klingt (vom Tonband) jene Sinfonie der Klagelieder Górecki's. Sie gab dem Abend übrigens auch jenen Titel: SYMPHONY OF SURROWFUL SONGS.
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Vladimir Malakhov wird in der SYMPHONY OF SORROWFUL SONGS zuletzt mit Tesafilm in eine Folie zugeklebt - Foto (C) Enrico Nawrath
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Letztlich steigt Vladimir Malakhov in seine Fruchtblase zurück, und es wird hell.
[Die Untertitelungen wiesen Tomaz Pandur als den Inszenator, Ronald Savkovic als seinen Choreografen sowie Darko Lukic und Livija Pandur als das Librettistenduo aus.]
Sehr sehenswert die Bühne von dem Team mit Namen NUMEN. Und hier roch's geradezu nach frisch geschlagnem Holz.
Es ging - natürlich hatten wir's verstanden - um die Zeitreise von einem Menschen; und natürlich trifft man so, also bei einer Zeitreise, auch meistens andre Menschen - - also hatten dann auch Andere, außer dem Malakhov, sehr viel mit ihm und uns zu tun.
Etwas fürs Auge, weniger für den Verstand.
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Andre Sokolowski - 6. Mai 2010 ID 4623
SYMPHONY OF SORROWFUL SONGS (05.05.2010, Staatsballett Berlin)
Inszenierung: Tomaz Pandur
Choreographie: Ronald Savkovic
Libretto: Darko Lukic
Dramaturgie: Livija Pandur
Bühnenbild: NUMEN
Kostüme: Angelina Atlagic
Licht: Juan Gómez-Cornejo Sánchez
Assistentin des Choreographen: Alessandra Pasquali
Erzählerin (vom Tonträger): Hanna Schygulla
Musik (vom Tonträger): Henryk Górecki
Solisten und Corps de ballet des Staatsballetts Berlin
Weitere Vorstellungen:
11. | 13. | 20. | 21. | 29. Mai 2010
Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsballett-berlin.de
http://www.andre-sokolowski.de
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