1. November 2012, Neueröffnung des HAU
DISABLED THEATER
Jérôme Bel / Theater HORA
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Annemie Vanackere aus Belgien ist die neue HAU-Chefin. Sie löste ihren Vorgänger Matthias Lilienthal aus Berlin-Kreuzberg ab. Der hatte HAU (= Hebbel am Ufer) vor neun Jahren künstlerisch bzw. künstlerisch-sozial kreiert. Seither gelangte es (3 Spielstätten) zu nationalem als auch internationalem Ruhm; es galt vor allem auch als eine der bedeutendsten und größten Plattformen der sogenannten Freien Szene, nicht nur in der Hauptstadt... Ja, da muss die Neue erst mal kräftig durchatmen und nach und nach dann sehen, ob sie Dieses halten und bewahren kann oder wie sie sich von dieser Ikone irgendwie wohl abnabelte, wie sie sie womöglich neu erfindet. Fakt ist jetzt schon: Derart prollig und berührungsunängstlich, wie's vormals in dem HAU so zugegangen war, wird es wohl (leider, leider, leider) nie, nie, nie je wieder werden; aber - - warten wir es erst mal ab. Vanackere verdient und kriegt, wie alle Neuen, eine echte Chance... Toi, toi, to von uns aus!!!
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"Das Theater HORA ist mit seiner vielfältigen Ausrichtung als Theaterproduzent, Festivalveranstalter, Ausbildungsstätte, Konzert- und Workshopanbieter einzigartig in der professionellen Schweizer Kulturszene.
Das Theater HORA unterstützt und fördert die künstlerische und kreative Entwicklung von Menschen mit einer 'geistigen Behinderung' und ermöglicht ihnen auf einem professionellen Niveau ihr aussergewöhnliches Können einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen..." (Quelle: Theater HORA)
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Das Theater HORA also war als allererstes im HAU 1 zu Gast:
Es brachte elf von seinen Schauspielerinnen und Schauspielern mit. Die meisten von ihnen sind Mongolide. Andere laborieren an Lernschwäche und anderweitigen Geschichten. Alles das erzählen sie uns höchstpersönlich; es ist einer der von Jérôme Bel (dem künstlerischen Leiter des Theaters) konzipierten Auftrittsabschnitte, wo er seine Akteure darum bat und bittet, dass sie - jede(r) einzeln - kurz etwas zu ihren Behinderungen sagen; als ihr Moderator funktioniert Chris Weinheimer, der seitlich rechts von den 11 aufgestellten Stühlen sitzt, und ab und an ein Mischpult, das Musik aussendet, initialisiert, doch seine Hauptaufgabe ist, das von den Mitwirkenden meist im Switzerdeutsch Artikulierte in das Englische zu übersetzen...
Die Performance (oder auch: das Stück) kommt allzu langsam und bedächtig in die Gänge. Bel schlägt vor, dass sich die Elf eine Minute lang vors Publikum postieren. Danach sollen sie je ihren Namen und ihr Alter und ihren Beruf (sie sagen alle: Schauspieler) bekanntgeben. Es folgen Einzel-Soli nach den von den Elf bevorzugten und ausgesuchten Musiken; sie tanzen meistenfalls nach allgemein bekannten Titeln irgendwelcher Charts aus Pop und Rock und Schlager, nur Matthias Grandjean tanzt nach einer schönen Dixielandmusik, ja und Miranda Hossle lässt sich live von drei ihrer KollegInnen auf Trommeln oder Tamburins begleiten...
Es ist eine Freude, ja ein Fest, den Elfen zuzusehen, zuzuhören; und es treibt Einem dann schon mitunter Tränen in die Augen (auch vor umtriebiger und spontaner Heiterkeit).
"Mit Disabled Theater wirft Jérôme Bel ein Schlaglicht auf die Dynamik der Ausgrenzung, durch die diejenigen an den Rand gedrängt werden, die als unproduktiv gelten. Er zeigt auf, wie sie ganz im Gegenteil auch die Mechanismen dieser Repräsentation hinterfragen und auf die Existenz als eine ungeteilte Form der Präsenz hindeuten können." (Programmzettel-Zitat von Chiara Vecchiarelli)
Alles gut und schön und richtig - über eine rundum künstlerisch sowie sozial betreute "Ausstellung" betroffener Behinderter kam dieser ambitionierte und sehr menschliche Versuch einer gesellschaftlichen Integrale nicht hinaus.
Chance vertan.
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Disabled Theater von Jérôme Bel / Theater HORA - Foto (C) Michael Bause
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a. so. - 2. November 2012 ID 00000006306
DISABLED THEATER (HAU 1, 01.11.2012)
Konzept: Jérôme Bel
Dramaturgie: Marcel Bugiel
Von und mit: Remo Beuggert, Gianni Blumer, Damian Bright, Matthias Brücker, Matthias Grandjean, Julia Häusermann, Sara Hess, Miranda Hossle, Peter Keller, Lorraine Meier und Tiziana Pagliaro
Theater HORA
http://www.hora.ch
Berliner Premiere war am 1. November 2012
Weitere Termine: 2. + 3. 11. 2012
Weitere Infos siehe auch: http://www.hebbel-am-ufer.de
http://www.andre-sokolowski.de
Zur Besprechung von
Vision out of nothing und Schwalbe spleet vals
durch Wunderbaum und Schwalbe
am 2. November 2012 (HAU 2 / HAU 3)
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