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Weder Tod noch Teufel - Der fliegende Holländer (Oper Köln)





Man sitzt in der Pfingstsonne auf dem Offenbachplatz, die 4711-Glöckchen legen gerade los, da tritt eine Dame auf den ersten Balkon des maroden Opernhauses und blättert um. Aha! Noch ganze vier Vorstellungen, dann soll hier vorerst Feierabend sein. Mit den Meistersingern steigt am 7. Juni die große Auszugsparty, bis dahin gibt’s Ballett - und abermals Richard Wagner. Mit dem Fliegenden Holländer, der letzten Neuproduktion im Riphahn-Bau, ist der Oper Köln ein grandioser Kehraus gelungen! Ein Matrose stimmt zunächst mit seiner Ukulele auf den Abend ein. Er trällert im Foyer ein unterhaltsames Liedchen über politisches Seemannsgarn - und die Kölner schmunzeln, manche nicken. Später wird ihnen das Gürzenich-Orchester unter Andreas Schüller das Fürchten lehren. Da bricht ein Sturm dynamischer Schattierungen über dem Zuhörer herein, tönt der Vernichtungsschlag, schillert Wagner in expressionistischen Farben. Der Klang ist präsent, aber nie lärmend. Trotz straffer Tempi bleibt genügend Raum für herrlichste Details. Es ist kaum zu glauben, dass Schüller, der hier einen so geschärften Sinn für die Spätromantik offenbart, ab 2013/14 die musikalischen Geschicke der Dresdner Staatsoperette lenken soll.

Auch der homogen schmetternde Chor und die zusammengetrommelte Schar der Sänger lassen keine Wünsche offen. Ob Diane Pilcher als sauertöpfische Trinkerin Mary, Lars Woldt als spielwitziger, so überaus gescheit phrasierender Daland, Jeongki Cho als hitzköpfiger Steuermann oder Thomas Piffka als energisch zupackender Erik: Sie allesamt sind auf den Punkt besetzt, legen Porträts von hoher Kunstfertigkeit vor. Samuel Youn ist ein kraftvoller, für diese Partie sehr jugendlich klingender Holländer, dem im Mittelteil mal kurz die Puste ausgeht - egal, Schwamm drüber. Auch Erika Sunnegårdh möge mir verzeihen, dass sie nur mit einem einzigen Satz erwähnt wird: Sie ist die beste Senta, die ich bis dato live gehört habe - Bravo!

Der Einzige, der etwas schwächelt, ist Dietrich W. Hilsdorf. Nichts gegen die Idee, die Verbindung zu einer anderen romantischen Oper, Webers Freischütz, aufzuzeigen. Doch taugen ein schlussendlich herabfallendes Bild, ein Jagdgewehr und die Mini-Auftritte der barbusigen Frau Samiel für ein abendfüllendes Inszenierungskonzept? Schön auch der Einfall, dass Mary die Ballade nicht singen mag, weil der Holländer einstens bei ihr landen wollte. Doch beides bleibt im Ansatz stecken, schreckt die Regie davor zurück, ihre Ideen auch mit der nötigen Konsequenz durchzuziehen. Hilsdorf hängt also das „Bitte nicht stören“-Schild auf und zieht sich überwiegend mit Wilhelminismus und Hollywood, blondem Mädchen und Klabautermann, Illusion und Konfektion - also einem Theater von der Stange - aus der Affäre. Aber Richard Wagner hätte an dieser Mischung aus Weißes Band und Fluch der Karibik sicherlich seine helle Freude gehabt.

Heiko Schon - 27. Mai 2012
ID 5986
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER (Oper Köln, 26.5.2012)
Musikalische Leitung: Andreas Schüller
Inszenierung: Dietrich W. Hilsdorf
Bühne: Dieter Richter
Kostüme: Renate Schmitzer
Licht: Nicol Hungsberg
Dramaturgie: Georg Kehren
Besetzung:
Daland … Lars Woldt
Senta … Erika Sunnegårdh
Erik … Thomas Piffka
Mary … Diane Pilcher
Der Steuermann Dalands … Jeongki Cho
Der Holländer … Samuel Youn
Samiel … Gabi Dauenhauer
Gürzenich-Orchester Köln
Chor der Oper Köln
Herren des Extrachores der Oper Köln
Choreinstudierung: Andrew Ollivant
Premiere war am 4. Mai 2012
Letzte Vorstellung (im "alten Haus"): 28. 5. 2012



Siehe auch:
http://www.operkoeln.com


Post an unseren Rezensenten Heiko Schon



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