4. November 2006, Staatsballett Berlin
Jerome-Robbins-Ballettabend
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Vladimir Malakhov und Polina Semionova vertanzen kurz mal Debussy - Foto (C) Enrico Nawrath
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Malakhov guckt groß ins Leere
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Wegen Ihm sind sie ja eigentlich gekommen! Die Premierengänger des am letzten Samstag stattgefundnen JEROME-ROBBINS-BALLETTABENDS werden (nicht nur über Jerome Robbins eigenwillig-schlichte Choreografensicht auf Debussy's so völlig anders schon und legendär-skandalumwittert dargestellten "Nachmittage eines Fauns" - siehe Nijinski) menschlich sehr enttäuscht gewesen sein. Vor allem dass Er nur so derart kurz und fast schon unverbindlich aufgetreten war. Das Stückchen dauert knapp 'ne Viertelstunde. In die Mitte jenes Triptychons mit O-Choreografien des zurechterinnerten US-Amerikaners (gest. 1998) hat der Intendant und Cheftänzer des Staatsballetts Berlin sein prononciertes Pas de Deux mit Lieblingspartnerin Polina Semionova gelegt. Und was an dieser seltsam kurzen Vorstellung, rein optisch, hängen blieb, ist die so überkünstlicht wirkungsvoll an ihm verübte und von ihm dann selbst, ganz unabhängig der Bemühungen von seinem Maskenbildner, aufgezeitigte Albinohaftigkeit eines als Faun gewisslich gar nicht mal so sehr heraus zu definierenden Zartjünglingswesens. Malakhov sieht überirdisch schön aus, wie er da so großäugig ins Leere guckt und mehr mit sich als mit dem Zauberelfenfrau'chen Polina gemeinsam tanzt. Das Alles spielt sich in dem stilisierten Inneren eines Ballettsaals ab. Es hat so überhaupt-nicht-gar-nicht-keine Sinnlichkeit, geschweige denn Erotik, was da von den beiden auszugehen sinnt. Ein Rätsel, immerhin. Eine Geheimniskrämerei um die Beziehungsläufte dieses Paares. Dieser Vorwurf kann natürlich nicht den beiden gelten; es sind, wie bereits erwähnt, Originalchoreografien Robbins', die - wie eben jener AFTERNOON OF A FAUN - das Staatsballett Berlin sich retromäßig anzueignen in die mehr als merkwürdige Pflicht genommen sah und sieht.
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Vladimir Malakhov verkörpert werkgetreu die Sicht Jerome Robbins\' aus dem NACHMITTAG VON EINEM FAUN - Foto (C) Enrico Nawrath
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In THE CONCERT, welches auf die Musik Chopins geschieht (phänomenal die nicht nur pianistisch glänzende, sondern auch putziglich im Schauspielfach sich einbringende Marita Mirsalimova!), könnte noch am ehesten der Spielwitz und die librettistische Finesse einer neuartigen Tanzform Broadway'scher Couleurs der 70er und 60er im Nachhinein erkannt oder begriffen werden. Eine wirkliche Erleuchtung oder gar ein konzeptioneller Aufwärtsruck des Staatsballetts Berlin wird durch den liebenswerten Huldigungs- oder Gedenkakt auf den unsterblichen Jerome gewiss nicht zu erwarten sein.
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Zumindestens: Die Staatskapelle, wie nicht anders zu erwarten, spielte unter Paul Connelly herzerfrischender denn je - ihr liegt sogar der aufmüpfige Jugendschmiss Leonard Bernsteins, dessen WEST SIDE STORY nicht zuletzt durch Robbins' legendäre Film-Choreografie zu allergrößtem Weltruhm kam.
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Elevenjohlen nach der amüsanten Sause.
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Andre Sokolowski - red / 6. November 2006 ID 2780
THE CONCERT
Choreografie: Jerome Robbins
Einstudierung: Bart Cook
Bühnenbild: Saul Steinberg
Kostüme: Honny Hynes nach Irene Sharaff
Licht: Jennifer Tipton (Wiederherstellung: Les Dickert)
Es tanzen Saidakova, Natcheva/Buczko, Banzhaf, Verdeil, Szymanski, Seidelmann, Ghalumyan, Pujol/Pris und Mitglieder des Corps de Ballett.
AFTERNOON OF A FAUN
Choreografie: Jerome Robbins
Einstudierung: Bart Cook
Bühnenbild: Jean Rosenthal
Kostüme: Irene Sharaff
Licht: Jean Rosenthal (Wiederherstellung: Les Dickert)
Es tanzen Semionova, Malakhov.
FANCY FREE
Choreografie: Jerome Robbins
Einstudierung: Ricardo Bustamante
Bühnenbild: Oliver Smith
Kostüme: Kermit Love
Licht: Ronald Bates (Wiederherstellung: Les Dickert)
Es tanzen Tamazlacaru, Krenstetter, Önal, Joly, Natcheva, Buckley, Neumann.
Staatsballett Berlin
Staatskapelle Berlin
Dirigent: Paul Connelly
Premiere an der Deutschen Staatsoper Berlin am 4. November 2006
Nächste Vorstellungen: 9., 11., 16., 18., 26. 11. sowie 5. 12. 2006
Weitere Infos siehe auch: http://www.staatsballett-berlin.de
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