|
Theaterdiscounter, Berlin
EAST MEETS WEST
Road Movie von Mickey McCooper

Matthias Rott / (C) DITA CERNOHLAVKOVA 2004
Wir schreiben das Jahr 1991. Sven Kruse, der Ossi und Charly Monroe, der Wessi,
lernen sich auf der Arbeit in einem Flughafenrestaurant kennen. Was die beiden
verbindet, ist ihr lebhaftes Interesse an der bunten Welt der Drogen. Und so
ziehen sie sich um die Wette hinein, was der Markt hergibt. Sie werden gefeuert
und nur kurze Zeit später begeben sie sich auf einen Trip in den wulden Osten,
nach Erfurt, um Svens Mutter zu besuchen. Es folgt ein abgespacetes und
psychedelisches Roadmovie mit der Botschaft "Say Yes To Another Excess". Im
finalen Showdown werden die beiden Anti-Helden von Polen, Skins und Albanern
verfolgt, können aber entkommen und kurz vor der (ehemaligen) Grenze nach
Westdeutschland heißt es "Running On Empty", der Sprit geht zur Neige.
vlnr: Otto Beckmann, Matthias Rott, Miklos Horvath, A. Bermamn
/ (C) DITA CERNOHLAVKOVA 2004
Das Stück ist die Theaterfassung eines Drehbuchs, eines fantasievollen und
durchgeknallten Roadmovies. Die Textfassung für die Bühne erzählt die Geschichte
allerdings in Prosa, eingeworfen sind ein paar dialogische Sequenzen und
Betrachtungen über den neuen Kapitalismus und die Unterschiede über die Ost-West
Entwicklung gleich nach der Wende. Begleitet wird der von den Schauspielern
wechselseitig gehaltene Vortrag von illustrierenden Bildern auf einer
Projektionsfläche und schwarz-weißen Dokubildern aus der Geschichte Deutschlands
auf einem kleinen Fernseher. Außerdem steht noch ein Musiker auf der Bühne, im
damals hippen Bauarbeiterlook mit passenden Toneinspielungen.
vorn: Matthias Rott, Otto Beckmann, hinten Miklos Horvath / (C) DITA CERNOHLAVKOVA 2004
Die Schauspieler gehen das Stück mit hohem Tempo und einem harten,
hysterischen Pulsschlag an und halten dies bis zum Ende der Veranstaltung durch.
So wird diese hauptsächlich durch äußere Handlung getragene Geschichte lebendig
und über die Figuren nacherlebbar. Matthias Rott ist der panisch Drogen
konsumierende Ostler Sven Kruse und gibt dieser Figur die zwingende
Körperlichkeit eines Junkies, der immer in der Angst lebt, etwas zu verpassen.
Otto Beckmann als Wessi Charly Monroe ist bei aller Hysterie etwas abgeklärter
und gibt mit einem Hauch von österreichischem Slang in der Sprache einen
überzeugenden gelangweilten und dadurch auf den nächsten Kick geeichten
Jungspund ab. Als dritter im Bunde ein großartiger Miklos Horvath, der zwischen
schweizerischem, russischen, sächsischen und hamburgischen Akzenten wechselt und
kleine Glanzlichter in Sachen Figurenzeichnung setzt.
vlnr: Otto Beckmann, Miklos Horvath, Matthias Rott, A. Berman / (C) DITA CERNOHLAVKOVA 2004
Regisseur Niels Kurvin lässt die Schauspieler den Erzähltext immer wieder
szenisch kommentieren, wechselt auch mal abrupt die Bezugsebene und vermeidet so
ein Erlahmen des Erzählflusses. Zwar zeigt sich der Fernseher mit den Bildern
aus deutscher Geschichte bald als überflüssig, überhaupt setzt sich der Eindruck
durch, dass diese Geschichte auch zu anderen Zeiten in anderen Ländern spielen
könnte, denn das Lokalkolorit Erfurt etc. bleibt zu vage, die Verzahnung der
individuellen mit der spezifisch deutschen Geschichte nicht zwingend. Zwei
Junkies auf einem Horrortrip, das geht immer und überall. Aber auch wenn die
Figuren in ihren Biographien blass bleiben und die merkwürdigen Wendungen der
Handlung im Vordergrund stehen, so machen doch die Schauspieler eine sehr
lebendige Veranstaltung aus diesem Stück.
Ein für Darsteller wie Zuschauer fordernder Abend, der zu recht mit fettem
Applaus zu Ende ging.
s.l. - red / 11. März 2004
mit: Otto Beckmann, Miklos Horvath, Matthias Rott; Regie: Niels Kuvrin;
Bühne: Mickey Cooper; Kostüme: Anne Schartmann; Musik: A. Berman, M. Horvath
www.theaterdiscounter.de
www.netzwerk-nrk.de
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
BALLETT | PERFORMANCE | TANZTHEATER
CASTORFOPERN
DEBATTEN & PERSONEN
FREIE SZENE
INTERVIEWS
PREMIEREN- KRITIKEN
ROSINENPICKEN
Glossen von Andre Sokolowski
RUHRTRIENNALE
URAUFFÜHRUNGEN
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|