TRIBÜNE, Berlin, 9. März 2006
Birdy
Tragödie von Naomi Wallace, nach dem Roman von William Wharton
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Stefan Sieweke und Dirk Weidner (als Birdy 2 und Al Columbato 2) | Foto: Thomas Grünholz
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"Tribüne" heißt das süße kleine Privattheater, liegt im Berliner Westen, es ist technisch allergütigst ausgestattet, und es hat so alles was man zum Theaterspielen (also zum professionellen Theaterspielen) braucht. Auch steht es in der aufhorchenden Tradition, ein legendäres Uraufführungs-Theater zu sein, insbesondere seit seiner frühen Gründung 1919 - Ernst Tollers Die Wandlung wurde hier zum ersten Mal gespielt, und es schauspielerte kein Geringerer als der damals noch sehr junge Fritz Kortner - , und solch klangvolle Namen wie Hasenclever, Lasker-Schüler, Heartfield, Herzfelde, Mehring usw. zeugen wohl nicht schlecht und übel von dem wahrlich exzellenten Ruf des Hauses. Mit den Jahren freilich wurde man dann schon gefälliger, d. h. es gab sehr viele bunte Abende, sehr viele Unterhaltungsstücke, aber alles das ist ja wohl auch kein Makel, immerhin will/muss ein solches Kleinod mit Besuchern angefüllt werden, damit sich der Erfolg zum Schluss auch rechnet. Ingrid Keller / Rainer Behrend sind das Direktions- und künstlerische Leitungsteam im Duo, und sie leisten schenbar sehr sehr gute Arbeit ... liest man in der Stückeliste aus der jüngsten Zeit, bekommt man schnell eine entsprechende Bestätigung: Mit Piaf, Non(n)sens, Ladies Night, Harold & Maude, aber auch Großgewichtigerem wie zum Beispiel Wie es euch gefällt oder Tartuffe erpflegt man sich den Stamm des Publikums und kann getrost auf dessen Treue bauen.
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Manolo Palma (Al Columbato 1), Andreas Schwankl (Birdy 1) und Dirk Weidner (Al Columbato 2) | Foto: Thomas Grünholz
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Mit der Rainer-Behrend-Inszenierung BIRDY ziel'n die Macher jüngstens auf ein jugendliches Publikum, und es darf zuversichtlich prophezeit werden, dass diese Rechnung aufgeht. Grund: die vier so über alle Maßen herzerfrischend auftrumpfenden Schauspieler (Manolo Palma, Andreas Schwankl, Dirk Weidner und Stefan Sieweke), die als das simultan agierende und liebevoll vespielte Freundespaar Al Columbato / Birdy faszinieren. Apropos: In BIRDY geht es halt um Birdy, einen Jungen der die Vögel mehr als die ihn allbekannten Menschen liebt; und eigentlich ist es ja immer so ... die überzeugendste Gestaltung oder Darstellung von Außenseitern gipfelt meistens oder immer irgendwie im Fliegen, Fortfliegen, Abheben, Wegbewegen, kurz und gut: in der Distanzsetzung zu allem so vermeintlich "Nahen". Und in BIRDY nun hat alles das zum Schluss hin eine böserwacherische Wendung - wenn die beiden Jugendfreunde, die fast zeitgleich von der US Army in den Vietnamkrieg gezogen werden, schwer verwundet, Birdy mit 'nem Trauma und Al Columbato mit 'ner Brandverletzung, sozusagen pazifistisch enden / enden müssen.
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Dieses rührselige Antikriegsstück hat die seichte Feder der Naomi Wallace aufs Papier getintelt. Fast schon Kitsch, möchte man meinen, wenn man alle diese lyrischen und überhöhten Sätze hört - und dennoch: Schöner Kitsch! mit wohlgemeinter Antikriegskatharsis!!
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Andre Sokolowski ID 2285
www.andre-sokolowski.de
BIRDY
Tragödie von Naomi Wallace
nach dem Roman von William Wharton
Deutsche Fassung von Falk Richter
Regie: Rainer Behrend
Ausstattung: Olga Lunow
Musik: Jeff Tarlton
Darsteller:
Al Columbato (17) ... Manolo Palma
Birdy (16) ... Andreas Schwankl
Al Columbato (22) ... Dirk Weidner
Birdy (21) ... Stefan Sieweke
Dr. Weiß ... Steffen Steglich
Renaldi ... Wolfgang Hütter
Premiere am 9. März 2006 im Theater TRIBÜNE
Weitere Infos siehe auch: http://www.tribuene-berlin.de
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