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Tanztheater

Die Stille

vor dem

Flammenmeer



Agni mit dem Navdara India Dance Theatre | Foto © Eyal Hirsch

Bewertung:    



Zuerst ist da Stille. Die Bühne ist nur sparsam beleuchtet. Wir sehen schemenhafte Bewegungen verschiedener Frauen im Schatten. Viele Körperbilder werden teils ganz ohne Musik vorgeführt. Vereinzelte Nieser und Huster aus dem Publikum formen nunmehr eine Geräuschkulisse zu den Bewegungen auf der Bühne. Schnell werden Gesten und Schritte dynamischer. Im Laufe der über einstündigen Performance entfalten sich explosive Bewegungsabläufe. Körper winden sich auf dem Boden. Ein oberkörperfreier Mann tritt zum Frauenquintett, es kommt zum fiebrigen Duett mit einer Tänzerin. Das Ensemble rennt im halsbrecherischem Tempo im Kreis.

Agni (Sanskrit für Feuer) steht für die vedische Gottheit des Feuers. Das Navdara India Dance Theatre aus Mumbai interpretiert im Tanzgastspiel an zwei Abenden in der Oper Bonn die Dualität dieses Elementes tänzerisch. Auf der Bühne wechseln Licht und Schatten, tänzerisch werden ein Aufflackern und Abebben, ein Anführen und Nachfolgen ausgedrückt. Unberechenbar wie eine Naturgewalt lösen Gesten sich auf. Eine zierliche Tänzerin wird von dem Ensemble scheinbar als Opfer auserkoren, auf ein über zwei Meter hohes Säulenpodest gehoben. In dem Wissen, dass sie hier auf verlorenen Posten steht, breitet sie langsam die Arme aus und lässt sich nach hinten fallen. Sie wird von drei Männern anmutig aufgefangen.

Eine Exotik des fernen Kontinents Indien deutet sich für uns Westeuropäer an, wenn die Geschlechter meist getrennt voneinander Bewegungsfolgen ausführen. Selten gibt es zwischen dem Männerquartett und Frauenquintett dynamische Verbindungslinien, etwa wenn leise ein Feuer der Leidenschaft entfacht scheint. Frei fließende Gesten deuten Prozesse des Loslassens und Drehungen Momente der Widerstandsfähigkeit an. Sprünge symbolisieren mitunter eine Kraft der Zerstörung und oft zugleich der Erneuerung.

In Ashley Lobos Choreographie erkunden die Tänzer ihre jeweiligen Körper. Eine Tänzerin und drei Tänzer ziehen sich im Verlauf der Performance ihre Oberteile aus. Die Männer agieren fortan mit freiem Oberkörper. Die Tänzer entdecken scheinbar Fähigkeiten, wenn sie ihre Beine immer höher gen Bühnenhimmel strecken. Während der Performance führen einzelne Figuren mit einem meterlangen Stab andere Kompagnons zu prägnanten Bewegungen an. Mitunter winden sie sich auch selbst voller Körperbeherrschung um den Stab. Bei verschiedenen Solos wird eindrücklich, dass sich Rhythmus und Energie der Tanzenden unterscheiden. Einige Figuren verkörpern kurze Momente der Zärtlichkeit oder Selbstgenügsamkeit eindrücklich, andere vermitteln ein Gefühl leidenschaftlicher Vorahnung.

Neben den Ruhepausen und kurzen Gesängen der Tänzer wechseln sphärische Musikeinspieler (Kompositionen von Sandesh Shandilya, Suchet Malhorta, Azam Ali, Naren Lalwani) mit Klickgeräuschen. Zu letzteren bewegen sich die Körper der Tanzenden in Drehmomenten wie automatisiert. Auch hier agieren sie gestalterisch und mit wenig mimischen Ausdruck. Den Tänzern (Arjun Menon, Naren Lalwani, Chetan Rupchand Solanki, Sonakshi Amitabh, Simonelle Roshni Devitre, Vasundhara Negi, Veronica Pallathil Jose, Nargis Rashmi Garg und Eden Dolreich Pereira) merkt man ihre Ausbildung in Ballett und zeitgenössischem Tanz an.

Ashley Lobo, Gründer und künstlerischer Leiter der Kompanie, etablierte auch mit seiner Prana Paint Tanztechnik das Ensemble zu einer der international bekannten, zeitgenössischen Tanzkompanien. Bei dieser Technik werden Bewegungsbilder einfühlend durch eine Verbindung mit Yoga auf Basis des Atmens und durch Berührung erkundet. Eine ausdrucksstarke, manchmal abstrakte, mitunter tiefgründige Performance voller intuitiver, prägnanter und energiegeladener Bewegungsfolgen.



Agni mit dem Navdara India Dance Theatre | Foto © Eyal Hirsch

Ansgar Skoda - 1. Juli 2025 (3)
ID 15342
Weitere Infos siehe auch: https://www.youtube.com/user/NavdharaIndia


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