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Rosinenpicken (606)

Nijinsky von

John Neumeier



Alexandr Trusch als Nijinsky in John Neumeiers gleichnamigem Ballett | Foto (Detail): Kiran West

Bewertung:    



Seit einem Vierteljahrhundert befindet sich John Neumeiers Nijinsky im Repertoire des HAMBURGER BALLETTs, seit seiner Uraufführung ist er dort nicht wegzudenken und erfährt (mit wechselnden Besetzungen) eine Wiederaufnahme nach der anderen - so auch dieses Jahr anlässlich der jeweils zu Spielzeitende stattfindenden Hamburger Ballett-Tage; es sind die mittlerweile 50. (!), die erst- und letztmals unter Verantwortung des am vergangenen Mittwoch amtlich demissionierten Intendanten Demis Volpi stehen/ standen und unter anderem dessen Surrogate Cities (4 mal) sowie Neumeiers Romeo und Julia (1971), Tod in Venedig (2003) und halt Nijinsky (je 1 mal) im Programm haben/ hatten.

Ich entschied mich jetzt - auch terminlich bedingt - für den legendären Nijinsky:


"Das Phänomen Nijinsky hat John Neumeier seit seiner Jugend bewegt. Sein 2000 uraufgeführtes Ballett Nijinsky zeigt ein Leben in Extremen: Nijinsky im Glanz der Scheinwerfer als Star der Ballet Russes, jener weltberühmten Compagnie unter der Ägide von Serge Diaghilew, ebenso wie im Wahnsinn, im Schatten seiner Zweifel und Ängste. John Neumeier beschwört einige der größten Rollen dieses einzigartigen Künstlers herauf, wie etwa den Goldenen Sklaven, Petruschka oder den Faun. Im Kontrast dazu steht der zweite Teil, der sich mit Nijinskys inneren Kämpfen auseinandersetzt. [...] John Neumeier schafft eine fesselnde Hommage an Vaslav Nijinsky, dessen Genie untrennbar mit seinen Dämonen verbunden ist." (Quelle: Hamburger Ballett)


*

Der fast dreistündige Abend ist atemberaubend!

Er beginnt und endet im Ballsaal des Suvretta House in St. Moritz, wo Nijinsky am 19. Januar 1919 letztmals überhaupt vor Publikum tanzte - konkret vor einer gutbetuchten Gesellschaft, die es sich dem Vernehmen nach, wahrscheinlich für viel Geld, gönnen oder leisten wollte, den mittlerweile seiner Sinne nicht mehr ganz Mächtigen live zu erleben; die Vorstellung, die wahrscheinlich von seiner Frau Romola (Anna Laudere) gemanagt wurde, endet im Desaster...

Alexandr Trusch (!) ist Vaslaw Nijinsky. Er durchtanzt ihn derart kräftezehrend, aufopfernd als wäre der von ihm Durchtanzte Doppelteil von seinen eigenen durchtanzten Schuhen. Das sieht gleichsam unerwartbar leicht, geschmeidig aus und wird - begriff man das allein in Anbetracht dieser in sich scheinbar kompakt-geschlossenen und suggestivst sowohl in Gruppen- wie in Einzelaufstellung agierenden Star-Company - zum visuellen Höhepunkt.

Die unheilvolle Vita dieses mehr als komplizierten Mannes mit der polnischstämmigen und nachgerade russisch durchlebten wie durchlittenen Vergangenheit blättert der Neumeier Seite für Seite auf, wobei er ihm die für den jeweiligen Lebensabschnitt maßgeblichen und entscheidenden Bezugspersonen - an vorderster Stelle Nijinskys Liebhaber und Mäzen Serge Diaghilew (Edvin Revazov), dessen sowohl sexueller wie künstlerischer Einfluss geradezu toxische Ausmaße erreichen sollte - beiordnete; insbesondere fällt da die Reihe der teilweise ebenso wie Vaslaw an nervlichen Defekten oder unheilbaren Krankheiten laborierenden Familienangehörigen auf, zuvörderst erschüttert da das Schicksal des nach und nach total verblödenden Nijinsky-Bruders Stanislaw (grandios verkörpert von Aleix Martínez). Auch gibt es die eine oder andere "Kostprobe" von legendären Choreografien Nijinskys, die er selber tanzte: den Harlekin in Schumanns Carnaval, den Geist der Rose in Spectre de la rose, den Goldenen Sklaven in Rimskij-Korsakows Scheherazade usw. usf.

Und dass der fast einstündige zweite Teil nach der Pause - dem Neumeier ging es da v.a. um die düsteren Vorahnungen und Visionen des Ersten Weltkrieges - gänzlich mit Schostakowitschs 11. Sinfonie (unter Leitung der Dirigentin Maria Seletskaja, gespielt vom Philharmonischen Staatsorchester Hamburg) musikalische ausgefüllt wird - - darauf muss man erst mal kommen.

Alles in allem: Spektakulär, zutiefst berührend.

Der Saal tobte, und es flogen Blumensträuße.



Nijinsky mit dem Hamburger Ballett | Foto (C) Kiran West

Andre Sokolowski - 17. Juni 2025 (2)
ID 15311
NIJINSKY (Hamburgische Staatsoper, 13.06.2025)
Ballett von John Neumeier

Musik von Frédéric Chopin, Nikolaj Rimskij-Korsakow, Dmitri Schostakowitsch, Robert Schumann
Choreografie, Bühnenbild und Kostüme: John Neumeier
unter teilweiser Verwendung der Originalentwürfe von Léon Bakst und Alexandre Benois
Musikalische Leitung: Maria Seletskaja
Besetzung:
Vaslaw Nijinsky ... Alexandr Trusch
Romola Nijinsky ... Anna Laudere
Bronislava Nijinska ... Madoka Sugai
Stanislaw Nijinsky ... Aleix Martínez
Thomas Nijinsky ... Matias Oberlin
Serge Diaghilew ... Edvin Revazov
u.v.a.
Hamburger Ballett
Ondrej Rudcenko, Klavier
Naomi Seiler, Bratsche
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
UA am Hamburg Ballett: 2. Juli 2000
Weitere Termine: 19., 20.06./ 15.07./ 03.-05.10.2025// 16., 18., 21.05./ 24.06.2026


Weitere Infos siehe auch: https://www.hamburgballett.de


https://www.andre-sokolowski.de

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